tramps like us, baby we were born to run...[Bruuuuce1975]

Anmerkung: Wir stellen das Blog jetzt wieder online, um noch ausstehende Korrekturarbeiten abzuschließen.
Ausserdem sollen später Inhalte dieses Blogs in das neue Projekt übernommen werden.

[Arbeitstitel] ukrainisch/russiche Notizen 2016 unter blogger


Montag, 12. Mai 2014

Wieso haben billige Motels immer schlechtes wifi?

Muttertag, 11.05.2015 Wolesley, Saskatchewan
Es ist wieder Sonntag, so schnell verrinnt die Zeit, letztes Wochenende von Richer nach Winnipeg, das Raddrama bei Natural cycle, was ist eigentlich diese Woche alles passiert. Alles vergeht wie im Flug. Ich habe Mühe den Tagen die einzelnen Ereignisse der letzten Woche zu zuordnen.

Das Radio auf dem Campground dudelt noch immer, ansonsten ist der Platz verwaist. Um 07:40h sitze ich bereits im Sattel, wie immer ist es kühl, ein langer Tag steht an, ich will auf jeden Fall bis nach Regina, der Hauptstadt der Provinz Saskatchewans. Um die 110km sind das in jedem Fall. Weite Strecken gegen den Wind. Der erste Teil der Tagesetappe endet in Indian Head an der örtlichen Shell. Einen 20oz. Becher für $1,75. Ich bin so frei und genehmige mir einen Refill, ohne vorher zu fragen. Guter Preis.
Die nächste Tankstelle ist erst in Balgony, nach Auskunft der Geschäftsführerin mindestens 25 Minuten. Es werden lange 50km gegen den stetig vorherschenden Wind. Aber es gibt keine Alternative. In den Prärieprovinzen weht immer Wind.
In Balgony spüre ich die jetzt Auswirkungen des Muttertags. Die am Highway1 liegende Tankstelle ist heute geschlossen. Bestimmt gibt es irgendwo einen geöffneten Mitbewerber, aber für Ortunkundige deutsche Radtouristen ist er so schnell nicht auszumachen.

Die Zeit ist wieder fortgeschritten, in Deutschland ist es längst 22:15h, hier beginnt gerade erst der frühe sonnige Nachmittag. Ich melde mich ab bei Ellinor, heute wird das bis 23:00h nichts mehr.
So kann ich mich besser auf die Motelsuche in Regina konzentrieren.

Vorerst muß aber das letzte Teilstück dieser Tagesetappe, eine schnurgerade 23km lange Strecke gegen den Wind absolviert werden. Der Ortsumgehungsverkehr ist an diesem Sonntag enorm. Trucks, Mototrräder, 7,5to, alles rast an mir vorbei, der Verkehrslärm quält. Eine dreispurige Richtungsfahrbahn stadteinwärts, dazu Auf-und Abfahrten. Und es scheint einfach nicht weniger zu werden. Von weitem kann ich die Silhouette Regina's sehen, allein, so sehr ich auch gegen den Wind ankämpfe, ich scheine auf der Stelle zu stehen.


Dann nach gefühlt unendlich langer Zeit die Zone d`Activitè. Mit Walmart beginnt sie, ein 4km langer Komplex, alle Großen sind hier, rechts tauchen die an der Peripherie gewohnten Motelketten auf. Die angeschlagenen Preise verderben einem die Lust zu fragen, mehrheitlich um die $100, natürlich + Tax. Willkommen in der Provinzhaupstadt Saskatchewan's.

Natürlich sind Hauptstädte teuerer als staubige Provinznester, aber es muß doch auch lowbudget geben.

Gibt's aber nicht. Hier nicht. Die Frau im Traveller's Inn Motel meint keck, das hier wäre schon the cheapest price, $96,50+Tax, never ever, 15h für $100. Also geht die Suche zähneknirschend weiter, ich entferne mich zu meinem Leidwesen immer mehr aus der Einkaufswelt. Bald schon sind 4km erreicht, die muß ich unter Umständen zurück, aber das Motel ist jetzt wichtiger.
Sunrise Motel direkt am Autobahnring heißt die Alternative, mäßig abgewohnt, aber eine heiße Dusche, man verspricht eine Kaffeemaschine zu finden, allein die Suche bleibt bis zum Morgen erfolglos.
Viel dramatischer neben dem verschließenem Interior und dem fehlendem Kaffee ist wieder einmal das unterirdische wifi. Herrjeh, da bucht man extra ein Motel und dann braucht der Seitenaufbau eine Ewigkeit. Was für eine Pleite. Ein Motell der Holzklassenserie, meine Güte, zwar drohen etliche Schilder den Gästen bei Zerstörung des Mobliars, aber viel ist hier nun wirklich nicht mehr zu zertrümmern.Das die sich trauen, mit so etwas am Markt bestehen zu wollen, aber ein Blick nach draussen zeigt, es findet sich für alles Kundschaft. Das Motel ist gut besucht.

Meine Nachbarin nebenan hat den ganzen Abend jede Stunde neue Besucher, bzw. warten verschiedene wechselnde Autos auf dem Parkplatz, die sie wahrscheinlich zum einkaufen abholen.
Es wird endlich Zeit, das die Campingplätze aufmachen. Nach einer Stunde bin ich gereizt. Wie soll ich schreiben, wenn ich für 8 Bilder 30min zum hochladen brauchen. Nun sitze ich hier, preiswerter ging nicht, warm und trocken, aber mit unzureichendem Internet. Und morgen wollen wir skypen. Na denn, zur Not muß ich flüchten und zu Tim fahren.
Ich werde Regina am Montag keinen Besuch abstatten, einen Steinwurf von hier in Sichtweite werde ich morgen auf den Autobahnring übersetzen und weiter nach Moose Jaw radeln. Die Innenstadt bietet nur die Gefahr sich zu verfahren und nicht schnell wieder auf den TCH zurück zu finden. Und letzten Sonntag erst war ich in Winnipeg, mein Bedürfnis nach Großstädten ist zur Zeit noch befriedigt.

Boyd's CrossCanada Walk


Samstag, 10.05.14
Urlaub auf dem Lande, es ist bewölkt, kühl, geweckt werde ich wieder einmal nicht durch Federvieh, sondern durch den 07:05h Canadian Pacific eastbound, der in diesem Bereich viele Bahnübergänge hat und eifrig von seinem Horn gebraucht macht.
Dadurch, das sie die Uhrzeit hier derer in Alberta angepasst haben ist es heute Morgen schon um 5:30h richtig hell. Leider nur viel zu kühl. Trotzdem, heute habe ich die erste Nacht in einem trockenen Zelt gehabt. Kein Eis, alles trocken, super, ich kann das Zelt so zusammenlegen.
Für den Morgenkaffee muß zunächst der Weg nach Broadview, gute 23km, geschafft werden; da die nächsten Teilstrecken genauso lang sind, reicht es, später einzukaufen. Der Wind hat gedreht und weht heute stetig auf die rechte Brust, mehr als 14km/h sind zunächst nicht drin, ich habe die Strecke deshalb gekürzt, um nicht am Abend nach einigen Stunden Wind unbedingt das Ziel erreichen zu müssen. Bei dem starken Gegenwind sind 100km auf Dauer zuviel.
Also schnell heraus aus dem dem Zeckenhain, irgendwann setzt einfach ein Automatismus ein, findest Du eine, dann kribbelt und juckt es plötzlich überall und man macht sich verrückt in dem Gedanken, doch eine übersehen zu haben. 
Grain Elevators zu Beginn des 20.Jh.
Die meisten CrossCanadafahrer wählen für gewöhnlich die West-Ostpassage, um genau für diese Etappen den Pustewind im Rücken zu haben. Auch Katie aus Elmdale hatte sich so entschieden, 2000km gegen den Wind mit garantierter Ansage, das ist für viele nicht wünschenswert.
In meinem Fall hätte ich allerdings im Herbst bei Ankunft in den Maritimes alternativlos dagestanden, auch an der amerikanischen Ostküste in den Neuenglandstaaten ist es dann kalt.
Boyd walks crosscanada
Halte ich durch, erlebe ich vielleicht einen wunderschönen Herbst in Staate Washington und Oregon. 

Schon wieder eine Stunde gewonnen

Freitag.9.5.
Der wärmste Tag der Reise



Der heutige Tag ist der bisher wärmste Tag in Kanada, auch wenn die Saskatchewan Visitor Info sich später nicht ganz sicher ist, ob es in ihrer Provinz im April schon wärmere Tage gegeben hat.

Trotzdem ist das Zelt erstmal vereist, es hatte in der sternenklaren vergangenen Nacht Bodenfrost gegeben, Leslie’s fein gemähter Rasen zeigt einen weissen Rauhreifbelag.

Vom Bauern noch keine Spur, dabei dachte ich immer, Landvolk steht früh.

Ich bin fertig mit packen, als Leslie mit Donna erscheint, die Verabschiedung ist kurz aber sehr herzlich, da die beiden Nicht-Kaffeeetrinker sind und keiner im Haus zu finden ist, muß für den ermunternden schwarzen Schluck eine Warmmacherstrecke von 19km hingelegt werden. Zwar hatte Leslie angeboten, von Timmi mit seinem 24h Drive Thru Service Kaffee zu besorgen, aber das hatte ich gestern energisch abgelehnt. Um 08:15h geht’s los, vom wärmsten Tag des Jahres ist bis 11:00h nichts zu spüren. Der Highway ist leer, nur gelegentlich fahren einige wenige Autos.

Ackerross

Elkhorn mit seiner Esso Tankstelle ist der erste Stop, unfreundliche Bedienung, aber für den Genuß gibt’s einen Sonnenbank mit Blick auf den Highway. Viel interessanter ist das Automobil Museum Elkhorn’s und da gerade geschlossen, gibt’s einige Fotos auf lau. Kanadische Automobilgeschichte open Air.

Kornspeicher in Elkhorn
Nach insgesamt 37km ist die Provinzgrenze erreicht und die freundliche Begrüßung endet in der Gratulation für den als ersten hier durchkommenden Fahrradfahrer 2014. Inzwischen habe ich ein ganze Reihe erste Plätze eingeheimst, nun also auch die eins in Saskatchewan. Seit Tagen habe ich keine Fahrradfahrer mehr gesehen.



Es gibt eine Gratiskarte und einige Emphehlungen bezüglich der Geschäftsöffnungszeiten in der Provinzhauptstadt Regina[Riedscheina] am kommenden Muttertag. Und die Campingsplätze sollen jetzt geöffnet werden. Das wichtigste jedoch, das Saskatchewan eine inoffizielle Zeitumstellung hat und sich der Alberta Zeit klammheimlich im Sommer angepasst hat. Wieder mal reicht mein englisch nicht ganz aus, aber ich verstehe den Satz you gain one hour here in Sask.

Damit wird es jetzt morgens noch früher hell.
Jeder größere Ort hier in Saskatchewan hat seinen Getreidespeicher, den grain elevator, ursprünglich aus Holz, jetzt meist aus Stein oder in moderner Bauweise. Sie sind die charakteristischen Merkmale dieser Landschaft, aufgrund ihrer Größe schon von weitem sichtbar.

in Moosemin


Der erste größere Ort in Sask. ist Moosemin und ganz nebenbei der letzten Tim Horton bis Regina, ca. 250km entfernt. Alle Berichte müssen also warten. Im Eingangsbereich treffe ich Trucker Tobi und im Gespräch erwähnt er wieder die canadsische Olympionikin Clara Hughes, www.theglobeandmail.com clara-hughes-to-ride-across-canada-for-mental-healthdie sehr populär in ihrem Land, ebenfalls auf CrossCanada 2014 macht und immer mal wieder im TV auftaucht. Ihre Reise allerdings ist eine große Kampagne gegen die Volkskrankheit Depression.

Trucker Tobi


Ellinor hat Spätdienst, so lange kann ich hier nicht warten.

Für Ellinor
Der letzte Kraftakt des Tages besteht in einer einsamen Fahrt nach Whitewood. Von weitem sieht man die roten Blechdächer des Kornspeichers. 53km schlängelt sich das Asphaltband durch endlose abgemähte Felder, oft stehen große Seen auf den Feldern, gelegentlich tauchen Kornsilos auf. Whitewood ist ein staubiges Nest am Highway, 2 Motels, 2 Tankstellen mit gestampftem staubigen Lehmboden, ein wenig Agrarhandel. Greyhound Canada kommt hier durch auf dem Weg nach Calgary, genauso wie die Canadian Pacific.

Im Convinience Shop wieder mal eine teure Flasche Saft, den horrenden Preis für Mineralwasser spare ich mir, ich hoffe auf trinkbares Wasser auf einer Farm.



Elchschild in Saskatchewan
Bei Walmart ist 1,5l Mineralwasser für $0,98 zu haben, an der Tankstelle meist nicht unter dem dreifachen Preis. Der Versuch das Leitungswasser zu trinken, ist eine Gewöhnungsfrage, oftmals hat das Water from the sink einen sehr unangenehmen Chlor Beigeschmack. In White River/ON unternahm ich den Versuch eine halbe Flasche Sprite, 2l, mit 500ml Leitungswasser zu mixen, nach diesem fraglichen „Genuß“ bekam ich wirklich Angstgefühle und dachte über Symptome einer Chlorvergiftung nach.

Alles Trinkwasser hier, ich hab’s seitdem nicht wieder gemacht.



Whitewood, hier muß man nicht absteigen, es sei denn, die Zeit ist fortgeschritten. An diesem Tag besuche ich einige Farmen, alles sieht aus wie gerade eben erst verlassen, aber immer ist niemand anzutreffen. Schade. Nach einigen Versuchen, reicht mir das und ich steuere einfach das nächste haus 5km westlich des Ortes an.

Nein, ich störe nicht, und schon geht’s los. Romantischer Platz mit Blick auf den See und den Highway.

Was er allerdings verschweigt, ist die Zeckenverseuchung der Gegend. Die aufgehängte nasse Radkleidung in den Bäumen wird von den ungeliebten Haustieren gerne angenommen, bis ich es  bemerke, fliegt die später getrocknete Wäsche ins Innenzelt auf den Schlafsack.

in Whitewood

Das hat gerade noch gefehlt. Mühsam muss nun jede Ecke und Tasche abgesucht werden; etliche dieser krabbelnden Biester überleben den Abend nicht und noch ein Frühlingsbote ist aufgetaucht, ebenso widerwillig begrüßt. In meinem Zelt tummeln sich die ersten Mücken. 

Die Flasche Off kostet Outdoorladen meines Vertrauens mit dem großen W $8,95.










Urlaub auf dem Bauernhof


Donnerstag, 8.5.
Wiedergutmachungswetter
Um 5:25h erhebt sich ein gleissend heller Feuerball aus den Niederungen und strebt gegenüber meinem Fenster bei PetroCanada in die Höhe.
Was für ein Tagesbeginn. Das Zelt ist in der Nacht getrocknet, um 7:15h trotte ich zum Continental Breakfast. Es gibt sogar Eier, allerdings kalt und hart und Rosinenbrot. Drei Styrobecher Kaffee und raus auf die Strasse. Heute lieber erst einkaufen, bevor es wirklich losgeht. Abends ist Wildnis angesagt, also hinein in den Walmart SuperCentre.

Einmal hin, alles drin. Was für eine Größe, einfach schier unglaublich, hier scheint außer Autos alles zu haben zu sein. Walmart arbeitet in Canada mit zwei Ladeneditionen, Läden, die sie im Anhang mit foodshelf bezeichnen, also das gerade Ernährungsnötigste bieten, dafür aber kein Obst und Gemüse, jedoch das Gesamtangebot Old Dutch und Softdrinks und eben den Supercenters; darf es neben der Kiloflasche Heinz Ketchup noch 'ne neue Jeans und gleich dazu vielleicht 'ne neue Ledercouch sein?
In Polen versucht sich der französische Riese Carrefour in der Peripherie der großen Städte ebenso mit solchen Allessellern unter der Bezeichnung Hipermarchet, aber diese Größe hier erreichen sie nicht.
Es gibt witziger Weise ein Schnellkassensystem, hinter deren Startlinie sind bis zu 15 Kassen ohne Laufband integriert. Die Leute warten geduldig und mittels großem Bildschirm wird Ihnen visuellakustisch die entsprechende Kassennummer angesagt, wo der Cassier sie als erstes mit den Worten, sind sie zufrieden mit ihrem Einkauf bei Walmart, begrüßt.
Ich bin sehr zufrieden, finde das im Moment großartig und komme mit 18 Donuts für $3 wieder aus dem Laden. Mit dem Fahrrad kommt übrigens anscheinend keiner, es gibt tatsächlich Stellplätze, doch sind verwaist und ein wenig versteckt.
Dann an diesem Tag leider die falsche Idee anstatt direkt auf den Highway 1 zurück, noch eine Stadtbesichtigung per Rad Brandon zu fahren, die Victoria ave. entlang, die nach längerer Strecke ebenfalls an den Hwy anschließt.
In der Stadt ist der Verkehr immer ein wenig bedrängender, hier gibt’s keinen 12 foot paved shoulder, sondern nicht abgeräumte Hinterlassenschaften des letzten Winters, die Strassen sind bös’ ausgeschlagen, immer wieder durch Teerguss geflickt und nach Frosteinbruch erneut ausgerissen; Slalomfahrten mit dem Trecker auf einer vierspurigen Hauptstrasse.

Immer wieder versuchen Pickups den in ihren Augen, dem Fahradfahrer zustehenden Platz zuzuweisen, Scheibe runter und gestikulierend, neben einem vorbei fahrend. Nach dem dritten Erlebnis dieser Art darf auch der Tourist mal pöbeln und schon ist Ruhe. Später auf dem rangniederem Highway gibt es kein Seitenstreifen mehr, nur noch eine weiche Bankette.
Ich bin froh, endlich wieder den TCH zu erreichen. Von da an herrschen Traumkonditionen, beste Strassenqualität, leicht wellige Strecke, Sicht soweit das Auge reicht. Tempomaten-Wetter für Kraftfahrer, mit  90-100kmh gepflegt über einen fast leeren, großzügig bemessenen Highway gleiten, Deutschlands Autofahrer Traum und eben Langstreckenbikertraum.