Anstieg zum Sinclair Pass |
Mi.,28.5.
Auf der Suche nach dem Bär
Vorweg, für alle, die jetzt eine spannende Bärengeschichte erwarten, hab ich leider nur eine Enttäuschung. Es gab trotz aller Aufregung keinen Bären zu sehen.
Die Frau an der
Nationalparkschranke lächelt mich gütig an. 9,80$ pro Nase kostet der Eintritt
in den Nationalpark. Ein moderater Preis in den Reisetag, ich zahle in bar für
die Erlaubnis mich die nächsten 11-13km quälen zu dürfen. Regen inklusive.
Die meisten Radfahrer würden
die 138km lange Strecke nach Banff an einem Tag machen, meint die Rangerin. Ich
erwidere nichts, denke nur, die meisten Radfahrer haben auch nicht mehr als
50kg unter dem Sattel. Ich will sehen
wie weit ich komme.
Ellinor hat geraten noch
einen Tag in Radium zu warten, allerdings gibt es auch keine Garantie, dass der
erwartende Regen nur heute erscheint. Geoff hat um 08:00h sich gewundert, das
es immer noch nicht regnet, eigentlich sollte schon Dauerregen herrschen. Aber
bisher sind nur tiefhängende, dunkle Regenwolken von der Küste erschienen.
Das ist das Startsignal; schnell
aufbrechen, solange fahren und die Zeit genießen, bis es richtig los geht.
Den Weg bis zum Schwimmbad
kenne ich nun schon, es bleiben mit 11% auch die steilsten 2,5km der
Gesamtstrecke, der Rest verteilt sich zwischen 6-8%.
Aber auch 6% mit 11km Länge gehen in die Beine, mehr als
90min brauche ich für den Anstieg, immer mal wieder Pause machend und den Puls
beruhigen. Dann bin ich oben, Yeah!, Beckerfaust, aber es folgt Ernüchterung.
Auf dem Scheitelpunkt ist nichts zu sehen, kein Kreuz, kein Gedenkstein, nur die Ermahnung an die Trucker, ihre
Bremsen noch einmal zu kontrollieren.
Es hängen Fandungsfotos von
dem Grizzlyweibchen aus. Der Rastplatz ist abgesperrt. Am 20. Mai wurde sie
hier gesehen, seit dem erscheint sie regelmäßig mit ihren zwei Jungen am Rand
der Strasse. Nur eben heute nicht.
Nach 15min Pause geht es
rasant zu Tal, der nächste Rastplatz ist ebenfalls abgesperrt, vor mir eine
Autoschlange auf dem Seitenstreifen. Noch einmal Hoffnung. Ein Ranger Pickup
rauscht heran. Vielleicht doch noch ein Foto. Viele Leute stehen im Wind und
schauen angestrengt in die Berge. Ja, sie sei hier sagt der Ranger, people love bears, nur zur Zeit ist sie
nicht da. Hoffnung regiert die Runde der Wartenden. Mir wird nach 15min kalt,
nichts passiert und ich rausche talwärts nach Olive Grove, einem markanten Aussichtspunkt.
Der Blick ist überwältigend. Das gesamte Columbia Tal ist vor dem Besucher
ausgebreitet. Jeder Ankommende Fahrer wird nach der Bärin befragt.
Dann geht die Abfahrt zum
Flussufer hinunter. 58km/h, mehrere Km lang, ein absoluter Adrenalinschub.
Geschwindigkeitsrausch. Noch ist das Wetter vor mir prima, doch von hinten kommt
jedoch das Regengebiet immer näher. Es herrscht Rückenwind und ich hoffe dem
Schlechtwetter davon zu fahren, bei km 65 werde ich müde, die Beine, können das
hohe Tempo nicht mehr halten und das Regengebiet kommt immer näher.
Gegen 13:30h hat der Regen
mich eingeholt. Die Flucht ist zu Ende. Der Regen ist da. Vor mir liegt der
Visitorcentre Vermillion Crossing. Mit Kaffeeverkauf, er ist genau 3km zu weit
entfernt.
Wie schon erwähnt ist der
Kaffee in diesem touristischen Topgebiet erheblich teurer, als bisher gekannt.
Das ganze ist nicht anders als Wucher zu nennen. Hier gibt es den 8Unzen Becher
zu unverschämten Preisen.
Schade, das Geldgier so
Besitz von den Wirten ergriffen hat. Es verdirbt einen den Appetit. Wahrscheinlich
muss hier auch jeder nehmen was er kriegt. Die Saison ist kurz. Es bleibt
allerdings auch die einzige Möglichkeit überhaupt Kaffee zu bekommen. Nach dem
Regen geht’s weiter nach Marple Canyon. Längst ist klar, das die entfernte
Möglichkeit doch noch durch Nationalpark an einem Tag zu kommen nicht realistisch
ist. Es ist kalt, regnerisch und auf 1500km
liegt auch noch reichlich Schnee. Die Strasse führt nun vorbei an kmlang
an Waldbrandschäden der letzten Jahre vorbei. Die kahlen Hänge der Berge sind
von verkohlten Stämmen übersäht. Unten im Tal beginnt neuer grüner Wuchs.
Die Bären mach sich rar.
Einige Hasen sind zu sehen, mehr nicht. Es ist eben doch nicht so, dass an der
Strasse alle 5km die Bären auf die Besucher warten, nein, es sind eher
Zufallsbekanntschaften, glückliche oder eben unglückliche. Heute gibt es gar
keine. So sehr ich mich auch anstrenge, ich entdecke keine Bären.
Ein Spaziergänger mit
Fernglas rät, es morgen früh über den zweiten Pass zu versuchen. Vielleicht
sind am Morgen mehr Bären zu sehen. Geoff hat den zweiten Pass beschrieben, er
beginne kurz hinter Marple Canyon und endet ziemlich genau an der Provinzgrenze
zu Alberta. Der zweite Pass sei auch harmonischer, nicht so steil, obwohl er
gleichwohl höher ist als der Sinclair Pass am frühen Morgen sei..
Unterwegs treffe ich Micha
und Daniella, die aus Victoria mit Rennrädern auf dem Weg nach Neufundland
unterwegs sind. Auch sie wollen erst morgen nach Banff, und wir verabreden uns auf
dem geschlossenen Campingplatz von Marpel Canyon.
Wie beschrieben herrscht
immer noch keine Saison in BC. Der Campingplatz der Nationalparkverwaltung ist verwaist und abgesperrt, aber ich habe ja
so eine Art quasi Erlaubnis. Aber im Gegensatz zu den Restplaces am Highway, wirken
die Campingplätze ungemütlich. Ein geschotterter Stellplatz mit Sitzbank und
Feuerstelle. Feuerholz wird für $9 angeboten.
Die Plätze unterscheiden
sich total von skandinavischen Plätzen, es sind rustikale Waldplätze, um nicht
zu sagen, sie sind äußerst spartanisch. Auch dieser arbeitet wieder auf Vertrauensbasis,
es gibt keine großen Gebäude mit Kochgelegenheiten oder Aufenthaltsräume mit TV. Ein großes Schutzhaus, das an drei
Seiten geschlossen ist und Holztische mit Kaminen bietet, ist der einzige Luxus
auf diesem Platz.
Der Bärenschrank |
An diesem Abend ist es sehr
kalt geworden, auf dem Campingplatz liegt noch reichlich Schnee. Wir befinden
uns auf knapp 1500m. Der Himmel ist
regnerisch- neblig, die Spitzen der Berge sind nicht mehr zu sehen. Die Temperatur
wird in der Nacht auf 3,3° fallen. Ich wache nachts auf und sehe meinen Atem.
Tiere sind nicht zu hören. Der Sommer hat heute Pause.