erster Anstieg, ernsthafte Krise |
Die another day, again
Eigentlich wollte ich den Text mit wir segeln im Morgengrauen beginnen, passend zum sehr frühen aufstehen, aber aus aktuellen Gründen gibt's eine neue Überschrift.
Um 4:45h ist es noch kühl, der Tag beginnt gerade. Ich will schnell los. Zelt zusammenwerfen und das Fahrrad den steilen Schotterweg hochschieben. Nachdem ich gestern an meinem Lagerplatz trotz Vollbremsung vorbeigegeschlittert bin, habe ich die Notwendigkeit eingesehen, die Bremsen neu zu justieren. Alles total runter gefahren. Adjust your Brakes.
Cariboo Connector source:th.gov.b.ca |
Um 5:55h bin ich auf dem Cariboo. Southbound. Die ersten 10km verlaufen flach am See, die vielen Bautrucks beim Kaffeeausschank begegnen mir jetzt wieder. BC verbreitert den 97er von zwei auf 4 Spuren.
Traumwagen:72er Chevi nur 11000$ |
Dann kommt die Szene, die mich die nächsten Stunden beschäftigen wird. Und später werde ich sagen, wieder mal Glück gehabt. die another day. Zunächst rase ich wohl unbemerkt durch eine Glasscherbe und erinnere mich dann, als das Rad schwimmt, das die Standspur einige Kilometer zuvor voller Glas übersäht war.
F....!
Wenn man schon so früh aufsteht und nach 10km wieder repariert, ist das eine Demütigung. Nur weil irgendsoein Pickup Depp sich von seiner Windschutzscheibe befreien mußte. 15min später rollt das Rad wieder und es kommt der erste Anstieg über 7km.
Die Standspur verringert sich dann meist zu Gunsten der neuen Spur und die letzten Zentimeter ganz außen werden zu Gravel. In dem wichtigen Abschnitt heute befindet sich ungünstiger Weise eine durch schwere Trucks und Hitze hervorgerufene Längswelle am Rand, so das ein Ausbrechen nach rechts nicht möglich ist. Es muß so gegen 2km gewesen sein, wie ich ein immer lauter werdendes, infernalisches Geräusch hinter mir habe, doch ich mache mir keine Gedanken, denn die Strasse ist ja zweispurig. Und dann spüre ich wenig später den Windhauch und ein Holzwand rast an mir vorbei.
erstes Haus am Platze in Lac la Hache |
Ich würde sagen, heute war es sehr eng. Und so eine Holzwand kann richtig lang sein, lang und laut.
Und dann steht man Sekunden später mit dem Rad auf der Kriechspur und schaut dem Holztruck hinterher, sieht diesen besch... Pickup, auf der zweiten Spur, der sich mit dem Truck weiterhin ein Elefantenrennen liefert und ihm den Platz nahm, den er gebraucht hätte, um mich zu umkurven. Ich spüre, wie das Adrenalin durch die Adern saust und beobachte, ob die Fingern zittern. Was soll's, ich schreie ihn hinterher, aber sie drehen sich nicht um. Die Szene stirbt, es dauert etwas bis die nächsten Fahrzeuge angesaust kommen.
Wieder alles gutgegangen. In der Rangfolge nun Nr.4. Immer noch kein schlechter Schnitt 4 ernsthafte Probleme auf fast 10000km. Aber es ist die Szene, vor der ich Angst habe. Die Trucker fahren meist einen so großen Bogen, das ich mich sicher fühle. Wenn sie Platz haben. Aber in Momenten der zweiten Spur, werden die Trucks eben nicht von jedem zügig überholt, kaum ein Pickup rast an den Trucks vorbei. Man läßt es seelenruhig auf eine Elefantenrennen ankommen, bloß nicht die Geschwindigkeit überhöhen, Platz ist ja da, jedenfalls für zwei.
ländlicher Cariboo |
Es ist das zweite Mal, das ich an diesem Tag Zeit verliere, wenn ich so weitermache wird das nichts mit dem Kampf gegen die Sonne. Dann war das frühe wachwerden unnötig. Aber kaum komme ich in 150Mile House den Berg hinauf, entdecke ich auf der rechten Seite einen Flohmarkt. Und natürlich ist dafür plötzlich Zeit. Ich kann an so was nicht vorbei. Ich habe mir in all den Jahren meine kindliche Neugierde nicht abgewöhnen können und es zieht mich an wie die Motten das Licht. Zwar ist Platz schon seit längerem nicht vorhanden, aber ein wenig wühlen, kann ja nicht schaden.
Wie ein Ohrwurm entsteht Toni Christie...Sha la,la,la,la |
Es ist einer der wichtigen Gründe, warum ich mich wohl eben überhaupt nicht als Weltumradler eigne. Es tut mir weh, Dinge liegen zu lassen. Meine Kollegen, leben allesamt in spartanischen Verhältnissen, sparen an allen Ecken und Kanten und sägen die Zahnbürstengriffe ab, niemand würde auf die Idee kommen, sich auf Flohmärkten einzudecken. Ich argumentiere immer dann vor mir, noch bringe ich jeden Tag die 100km und außerdem, wäre es nicht so verdammt steil, würde ich ja lässig auch mehr fahren können. Natürlich, alles Verlegenheitserklärungen.