Mi.,26.11.14
Save a turkey
Einer der großen Nachteile
des bewussten Lebens in einfachen Verhältnissen auf der Strasse ist wie schon erwähnt die Suche
und der Besitz von Elektrizität. Das Oregon 600 hat ein AAA Batteriefach,
beim
Netbook und allen anderen Dingen ist die Sache
schon schwieriger.
Gordon hat es erwähnt, ein
wahrer Segen sind da die öffentlichen Büchereien, hier in den großen Orten gibt
es meist eine Haupt und verschiedene Zweigniederlassungen, Branch Libraries
genannt. Gestern habe ich auf dem Pico Boulevard eine solche entdeckt. Da sie
erst gegen 12:00h öffnet, bleibt noch genug Zeit für eine Stadtbesichtigung
Santa Monicas.
Auf meinen morgendlichen
Kaffee bei Starbucks verzichte ich zunächst, um eine ausgiebige Dusche am
Strand zu nehmen. Und zwar vor den homeless people. Die Kolonie der
Nichtsesshaften verbringt die Nacht am Strand oder in den angrenzenden Bergen
und wer seine bürgerliche Existenz noch nicht ganz abgelegt oder verloren hat,
benutzt die stadteigenen Duschen. OpenAir ohne irgendwelchen albernen Sichtschutz, aber mit
reichlich lauwarmen Wasser, vor allem aber kostenlos.
Lästig sind dabei höchstens
die vielen frühmorgendlichen Jogger, die die Promenade bevölkern. Da es keinen
schneidigen Ostwind wie bei uns im November hier am Strand gibt, kann man sich
also durchaus Zeit dabei lassen. Zweimal guckt sogar die Santa Monica Police vorbei, also
Duschen unter polizeilicher Aufsicht.
Dann am Strand entlang in
den Ort. Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten, Santa Monica’s
Innenstadt als hübsch zu beschreiben wäre dann doch des Guten zuviel. Schön ist
anders, z.B. Healdsburg. Der Ort bietet jeden Art des typischen Strandkonsums,
jede Menge Modeläden und Nobelboutiken,sogar eine fast autofreie Fußgängerzone inclusive Edelkaufhäuser einen Haufen Restaurants
und auf ca. 2,5Km Mainstreet auch ein wenig Multikulti. [Erst später werde ich erfahren,warum meine Suche nach den geliebten Pfandhäusern erfolglos war-Die Wohlhabenden haben sich die Pawnies vom Hals geschafft, es passte in Ihren Augen nicht zum Stadtbild.]
Die Stadt ist wie nicht anders
erwartet autofreundlich, gibt sich aber betont fahrradfreundlich und weist eine
ganze Reihe Strassen mit giftiggrünen Fahrradflächen aus.
Und dann ist da noch der
Pier, ursprünglich in den ersten zwei Dekaden, des 20.Jh errichtet, früher
einmal für die Fischer und ihre Industrie gedacht, ist er heute wie auch in
Santa Cruz, eine Art Vergnügungsmeile mit Riesenrad, Fressbuden und
Schiffsschaukel. Man kann bequem ohne auszusteigen mit dem Auto auf den
Holzsteg fahren und Autobedürftigen wird sogar ein Parkplatz direkt auf dem
hölzernen Belag geboten. So bleibt der Fußweg für die meisten ohne Anstrengung.
Die Hauptattraktion allerdings ist der breite bis zum Horizont reichende Sandstrand. Manchmal muß man sich kneifen und feutlich feststellen, es ist auch hier Ende November, wenn morgens um 7:30h die Sonne schon hoch am Himmel steht.
Kurz um, man kann es
aushalten, es herrscht ein bisschen viel Verkehr, aber zu Recht, wirklich
schlimmer als in anderen Küstenorten ist es in Downtown auch nicht.
So richtig reizt mich
allerdings nichts, zwei Cafes sind voll und ich komme auf die Idee stattdessen die
Hauptbücherei zu besuchen. Unglücklicherweise ist der Bau modern trutzig
gestaltet, mehr Federal Bank als geistiges intellektuelles Zentrum, und auf die
Frage, ob sie Fahrradplätze haben, vielleicht im Hof, weil ich nun mal bepackt
bin, stoße ich leider auf Unverständnis, nein, da kann man nicht helfen, I’am
so sorry.
Als ich den Trutzbau
verlasse, stoße ich auf Jörg, der gestern aus Deutschland angekommen ist und einige
Zeit bleiben will. Beruf jetzt Songschreiber, früherer Beruf
Wirtschaftsingenieur, dann Nervenzusammenbruch und jetzt mit 52 schon seit
5Jahren pensioniert. Zitat: ich habe die letzten 4 Jahre die wichtigen Länder
Italien, Spanien und Portugal bereist und lange damit verbracht den Euro zu
begreifen. Jetzt will ich ein bisschen ausspannen.
Ich breche das Geschwafel
ab, es nervt mich, nicht noch ein Werteversteher, schon berentet mit unter 50 Jahren,
manchmal habe ich das Gefühl die Welt ist grausam ungerecht.