Quelle:Laup F (http://creativecommons.org/licenses/by/3.0)],wikipedia |
Boxing Day 2013.
Die Überraschung ist vollständig auf ihrer Seite.
Wir fahren im Ende Januar in die Stadt meiner Kindheit. Nach Wilhelmshaven.
Mit 3 Jahren übersiedelten die Eltern von Eutin in Schleswig-Holstein in die Marinestadt am Jadebusen. Hier verbrachte ich meine Schulzeit, meine Ausbildung, meine Jugend. Irgenwann wurde die Stadt zu klein und ich mußte raus. Wie für viele andere auch. Die Jugend zog schon damals weg.1984. Es gab damals schon einfach zu wenig Perspektiven. Und noch weniger Träume. Die lagen 250km weiter ostwärts, in Hamburg. So zog ich mit 18 Jahren nach Hamburg.
Während meines ersten Lebens bin ich mit meinen Kindern und deren Mutter öfter zurückgekehrt. Nach der Trennung und dem Tod meiner Großeltern bin ich nur zweimal da gewesen.
Letzlich stelle ich heute fest, in den Wirren um 1995 ist viel mehr zu Grabe getragen worden, als nur mein Lebensentwurf von Familie mit Kindern in Ahrensbök. Es hat einen nie wieder zu reparierenden, zunächst unsichtbaren, Schaden gegeben, der mich mit der bis dahin bestehenden familiären Vergangenheit entzweit hat.
Die Jugend im streng autoritären Elternhaus, die Flucht nach Hamburg in den Zivildienst, gegen die vorherrschenden Ideen der Familie, das Scheitern der Ehe, und letztlich die von den Eltern strategisch betriebene Kontaktaufnahme zur Ex ("wir wollen doch nur die Enkelkinder sehen"(...), all das hat den untergründigen Twist 1999 dann fulminant durchbrechen lassen.
Familiäres Blut sei dicker als Wasser, so sagt man gemeinhin, ich hab's nicht kennengelernt. Es waren viele Enttäuschungen da, die mir einen dicken Pelz haben wachsen lassen. Sie waren schlichtweg nicht da, als ich sie dringend brauchte. Das Haus bauten wir alleine ohne familiäre Unterstützung. Und so entfremdete sich auch die Stadt ebenfalls in mir.
Und doch,
an manchen Tagen, wenn ich wie durch einen merkwürdigen Zufall Fotos von Gerd von Wilhelmshaven bekomme, dann berührt es mich. Ohne Zweifel, es gibt schönere Städte. Ich selbst werde oft um die Wahlheimat, Lübeck, beneidet. Wir wohnen im vielleicht schönsten Quartier der Stadt Lübecks.
Ich bin in Wilhelmshaven-Südstadt aufgewachsen. Der Gründungszelle der Stadt, umsäumt von ehemaligen Militäranlagen, Kasernen, Bunkern, und vielen Brachen. Ich kannte viele Bunker von innen. Die Kasernen in der Jachmannstrasse; 100% Abenteuerspielplatz in unserem Kiez rund die Kaiser Wilhelm Brücke und die Südzentrale. Wilhelmshaven Südzentrale Meine Eltern haben von unseren Exkursionen nichts wissen dürfen. Heute gibt es im www Vereine, die sich der Bunkererforschung in der Stadt professionell verschrieben haben.
Zu meiner Schulzeit hatte Wilhelmshaven 100.000 Einwohner, jetzt kalkulieren sie mittelfristig mit 75.000. Die Stadt ist im Niedergang. Meine Grundschule verrammelt, die Helene-Lange-Realschule aufgelöst. Die Südstadt vegetiert heute vor sich hin, allein, an den Premium Hafengrundstücken, meiner Kindheitsbrachen, entstanden Luxuswohnungen mit Meeresblick. Schöner Wohnen am Meer.
Und doch es hat mich nie losgelassen, wenn Kollegen aus Wilhelmshaven angefangen haben, habe ich heiße Ohren bekommen. Ich habe wahrscheinlich insgeheim immer nach einem Vorwand gesucht zurück zu kommen.
Jetzt ist es soweit. Fotos folgen