tramps like us, baby we were born to run...[Bruuuuce1975]

Anmerkung: Wir stellen das Blog jetzt wieder online, um noch ausstehende Korrekturarbeiten abzuschließen.
Ausserdem sollen später Inhalte dieses Blogs in das neue Projekt übernommen werden.

[Arbeitstitel] ukrainisch/russiche Notizen 2016 unter blogger


Freitag, 18. April 2014

In der Pfannkuchenbucht

Batchawana Bay
Gründonnerstag.Es hat wieder geschneit in der Nacht und es schneit gegen 09:00h noch immer. Was ist bloß der richtige Weg? Abwarten? Auf in die Sonne, heißt 2000km mal eben sich bewegen mit Rad und Tüdelüt.

Mal abgesehen, das ich mich canadisch betrachtet, am Rande der Zivilisation befinde, ist das technisch auch gar nicht so eben möglich. Mal eben in ein Fahrradabteil der Bahn gibt's nämlich nicht, abgesehen, davon das in dieser autoaffinen Welt, die Bahn ein Nischenprodukt ist.

Bleiben , in diesem Motel, never ever, bleibt nur eines, ruff auf den Sattel und los. Ich habe gestern beim erzwungenen Zimmerwechsel die Kaffeemaschine eingebüßt, das ist heute sehr ärgerlich. Draußen schneit es, es herrscht Berufsverkehr und ich habe Angst mit dem schweren Trecken auszurutschen und unter einem 10Achser zu geraten, aber die Angst stellt sich bald als unbegründet heraus, die rechte Spur gehört mir bald allein, alles fährt sauber in riesigen Bogen um mich herum. Einfach irre, da jammern die Kanadier über die Gefährlichkeit des radfahrens und jeden Tag werde ich hier mit Kußhand behandelt. (im Vergleich zu Deutschland)

Es läuft nicht und ich kontrolliere die Bremsen, irgendwie scheint jemand ins Rad zu greifen. Nach einer Stunde begreife ich, es ging immer sachte bergan und ich habe schwer am Essen geladen. Allein 3 kg Flüssigkeit führe ich mit, aber das Zeug ist so kalt, das kann man gar nicht genießen. Zwischendurch immer wieder saison bedingte geschlossene Motels. Die Motelluft wird dünner. Als der Scheitelpunkt erreicht ist, gibt es eine Herrenabfahrt mit 64km/h,  mehr als 4 km lang.
Herrenabfahrt

Liz and Bruce from Soo
Yeah und ich erreiche den ersten Pausenpunkt. Kaffezeit in Goulais River,  aber bevor ich vom Rad bin kommen schon Liz und Bruce schon auf mich zu. Beide sind hellauf begeistert und wir unterhalten uns lange erregt vor dem Kaffee. Auch sie sind öfter in Europa unterwegs, Liz's Schwester kommt aus Schwäbisch Hall. Es sind kanadische Outdoorer, Bruce zeigt mir stolz seinen Titan Wärmeofen, der ganze Wagen ist ein Outdoorlager, Eisschuhe für den See, ein Schlitten und vieles mehr. Die beiden wohnen in Soo. Bruce schlägt vor mich mit dem Auto in die Berge zu fahren, dauert nicht lange, er würde gleich wieder hier sein und er warnt, 6 inch Neuschnee da oben, das sei nicht schön, weiter oberhalb wohl mehr. Aber die Straßen sollen geräumt sein. Nein, trotz aller Schwäche zu Beginn, noch ist absteigen nicht drin. Die wichtigste Meldung von ihm ist jedoch, es gibt kaum Motels.
Goulais River Generalstore

Diese Generalstores sind meine Informationsbörse. Hier erfahre ich viel genauer, was auf den nächsten 25km passiert. Ein starker Kaffee und ich bin auf dem Weg. Die Strasse ist hier viel trockener.
Nächste Station ist McCauley's Motel in Goulais River, die vorletzte Station. Hier ist nicht mehr viel, McCauley betreibt ein Motel, ein Generalstore und ein Restaurant. Er wirkt ein wenig verschlagen und spricht Tacheles. Die oben an der Pancake Bay sind viel teurer, meistens voll und das Wetter wird schlechter. Nehmen sie dich nich auf, mußt du in den Busch. Ist meistens alles voll durch die vielen Bauarbeiter. Sagt's und schweigt.

Aber ich bin erst 45km gefahren und es ist erst 13:00h und dann macht er einen Fehler und nennt einen zu hohen Preis. Die Entscheidung ist gefallen, auf in die Pfannkuchenbucht. Zurück geht's dann nicht mehr. 31km Einsamkeit. Alle 20min ein Truck, seltener noch Autos. Und immer der Blick auf diese zugefrorene Eismasse. Ödnis, kein grün, nur Eis, soweit das Auge reicht, ich verfolge den Waldsaum aufmerksam, im Generalstore haben sie gewarnt, es dauert nur noch Tage, keinesfalls Wochen, dann sind die Bären da. Aber Meister Petz schläft noch, genau wie die Moose, die vielen Elche der Gegend, die nicht zu sehen sind. Keine frischen Spuren im Schnee. Es ist wärmer geworden und ich kann heute ohne Handschuhe fahren. Sting im Ohr, be your self, no matter what they say.
The Voyageurs' Lodge
Ich fahre in eiem weiten Schlenker am See entlang, kaum Hügel und erreiche gegen 15:00h The Voyageurs lodge.

Mc Cauley warnte, die sind viel teurer, also trage ich schüchtern mein Anliegen vor. The cheapest bed, maybe on a couch, aber es bleibt normalpreisig. Sogar billiger , als McCauley's Motel weiter unter.

Alle Ängste umsonst und doch, zweimal wurde ich unterwegs von fremden Autofahrern angehalten, die Lodge sei der letzte Stützpunkt vor Wawa.
Das bestätigt auch die Wirtin und sagt ab jetzt kommt 160km rein gar nicht. Null, njente, nada . Kann doch nicht sein, und doch, alle Motels dazwischen seien wittertungsbedings dicht. Nach der Lodge kommt nichts mehr.
Lake Superior
Ich bekomme eine urgemütliches Zimmer, die Heizung läuft und bin ratloser, denn je zu vor. Was tun? 160km sind ein Wort bei diesem Wetter, eine Halbmarathon Strecke, nicht, das ich das nicht leisten kann, letztes Jahr bin ich Oder Neiße in 3,5 Tagen gefahren, aber nicht mit dem Trecker und nicht im Winter. Es gibt keinen Rat. Und vor allem, was kommt nach Wawa? noch sind es gut 640km bis Thunder Bay. 
Hier oben ist das Land schon sehr dünn besiedelt, keine 2,5h mit dem Auto von Toronto entfernt.
Die großen Parks öffnen nicht vor Mitte Mai, ich bereite mich auf eine Ncht im Freien vor.
Es gibt an diesem Abend keine Lösung, außer ich finde sie auf der Strecke. Oder ich bleibe über Ostern hier. Ich verabschiede mich von Ellinor auf ungewisse Zeit, melde mich wieder, sobald ich kann.
Ontario bietet alles, Berge, Abfahrten, Einsamkeit, alles Dinge, die ich frühestens für die Rockies geplant habe.
Frank
Draussen treffe ich Frank, hier wird nicht einfach so getankt, hier gibt's noch Service und Scheibenwische plus Kundengespräch, ihm gehört die Lodge und ich frage ihn , ob ihn die Einsamkeit gefällt. Im Winter ist es sehr einsam hier in der Pfannkuchen Bucht, die in der Sprache der First Nation Batchawana Bay heißt. Du bist der erste Radler dieses Jahr, der hier hochkommt, warum machst Du das? Ob er wenigstens eine gute Sauna habe in seinem Haus, nein, sagt er ohne Bedauern, eine Sauna habe er nicht. Aber einen heißen hot tub, sowas wie 'ne Großraum-Outdoorsitzbadewanne.

[es kann also gut sein, das es etwas dauern wird, bis ich mich wieder melde]

Anine nee jee[Hello, my friend]

John, Native, Objibway
First Nation.Wir müssen nochmal kurz zurück zu gestern, ein komplexes Thema begleitet mich seit Sudbury und eigentlich gibt es keine Möglichkeit ihm gerecht zu werden.

Spätestens seit Sudbury stehen sie an der Strasse, die Ortsschilder mit dem Zusatz First Nation. Gemeint sind die Urbewohner dieses Landes. Ich hoffe, ich bringe das jetzt richtig wieder, nicht zu verwechseln mit den ersten Menschen in Kanada, den Inuit Völkern, die über die damals herrschende Landbrücke aus Sibirien nach Alaska rüber machten und die dann im Sammelbegriff First People genannt werden.
Wikipedia.org First Nations
Was nützt der schönste Sonnentag auf dem Hwy 17 west, wenn nichts von Land und Leute zu sehen, weil der Hwy autogerecht in die Natur geplanzt wurde,  also rüber auf den alten Highway, nun genannt Hwy17B.
Während ich Fotos vom Lake George mache, nähert ein Stahlross Reitersmann. In Deutschland nicht erwähnenswert, hier etwas besonderes. Man sieht sie so selten.
Wir kommen ins Gespräch und es ist John, der sagt, I am native, Ojibway, you are here in a Reservat. Da ist es wieder, der mit allerlei behaftete Jungentraum, ich will Indianer sein. Cowboy und Indianer. Und plötzlich steht er vor mir. John, vom Stamm der Ojibway, 71 Jahre, ex Polizist, ex Highway Maintance Arbeiter, im alten Ostpreussen würde man ihn Chaussee Kratzer nennen. Klingt viel schöner, als Autobahnmeisterei.
Gardenriver.org
John fährt jeden Tag mit seinem 30jahre alten Rad, um fit zu bleiben. 10min smalltalk mit einem echten Indianer und ann geht's hinein ins Reservat. Plötzlich wirkt dieser Landstrich anders. Im Indianerland, jenseits der Garden River  in Sichtweite liegt Amerika. Und ich denke an Winnetou, die romantische Darstellung der guten Indianer. Für Kanada fallen mir nur John. F. Coopers Lederstrumpf ein, Chingachcook, der letzte Mohikaner, Irokesen und Huronen...

First Nation Police
Eine düstere Verfilmung mit Helmut Lange im Jahre 1969. Nicht so gutmütig wie Karl May's Winnetou.

Sie lebten in diesem und von diesem Land lange, bevor der weiße Mann kam und es hat sehr lange gedauert, bis der weiße Mann, seinen Urbewohner den ihnen zu stehenden Respekt zu billigte.Über Jahrzehnte verfolgt und versucht in ein weißes System hinein zu pressen, dauerte es bis in unsere Zeit, bis die First Nation mit einer Menge autonomen Rechten ausgestattet wurden. Im Reservat der Ojibway, gibt es ein eigenes Gesundheitszentrum, eine eigene Polizei. Sogar eine First Nation Gasolin Station, als ich dort zum Kaffee Station, gibt's weitere Denkanstösse. Die Tankstelle hat 365 Tage Betrieb, kein Weihnachten, kein christliches Halleluja.
Tankstelle

Es fehlt der Platz sich dem Thema tiefer zu wenden, aber spannend wars doch, Ich hätte gerne von John mehr über die soziale Lage der Garden River First Nation erfahren, 10min sind schnell vorbei und er versucht mir mehrmals hello my friend in seiner Sprache bei zu bringen, allein, es klappt nicht recht.
Anine nee jee.

Danach schnell weiter nach Ste. Sault Marie, heute lief es gut und ich leiste mir den Luxus, mehrere Motelpreise zu vergleichen. Aber viele Motels sind nicht besetzt. Es gibt einen Preis um $60+ Tax, daran hangeln sich alle entlang. Ich lande im Bel Air.

Highwaybrücke in das Land der Freien
Großer Name, großer Fehler, tatsächlich im web gerühmt, ist das jetzt der erste Fehlgriff. Ich glaube ich bin hart im nehmen, aber in diesem abgewohnten Etablissement fehlt eine gewisse Putzkraft. Es ist das erste Mal, das ich ein anderes Zimmer verlange. Und ich bin deutlich in meiner Sprache. Aber auch in diesem Zimmer liegen noch die langen Haare meines Vorbettbenutzers.

Heidernei, das ist schon ärgerlich, einfach unter die Räder gekommen zu sein,  als es dann am Abend und in der Nacht keine Ruhe draußen gibt, weil permanent etwas be -und entladen werden muß, ist die Schönheit des Tages endgültig dahin.
Pech gehabt
Jeder muß sehen, wo er bleibt, das ist anscheinend auch im harten Motelgeschäft in Soo notwendig. Schön ist da am Morgen den Schlüssel nicht persönlich abgeben zu müssen, sondern einfach in den Briefkasten zu werfen. Das erspart mir den nochmaligen Kontakt.