So.,6.7.
Die Aristokratie einzelner Yukonfahrer
Der zweite Tag der Rückfahrt
steht an. Der Highway ist an diesem Sonntag wie leergefegt. Nur wenige RV’s
sind unterwegs. Der Himmel ist bewölkt, die Stimmung ist immer noch unmotiviert.
Ich will nach Watson Lake, aber diesem geringen Verkehr wird das trampen wieder
nichts und ich muss wohl doch selber fahren.
Im Grunde ist das gut so,
das Fleisch ist schwach, der Geist ist willig, jetzt dem Fleisch nachgeben und
in ein Auto steigen, wird die Stimmung in nächsten drei Tagen nicht heben. Also überrede
ich mich zu einem Kompromiss, erstmal bis Teslin selber fahren und dann hoffen,
das dort ein Pferdeanhänger nach Süden steht.
Zunächst einmal komme ich
überhaupt nicht in Schwung und erreiche mit Mühe Johnsons Crossing, die mit dem
teuren Kaffee. Ne, heute nicht, obwohl, es reizt mich ungemein. Ich fahre dran
vorbei und hoffe auf schnelle 50km bis Teslin.
Ich stelle unterwegs fest,
das ich kaum etwas wieder erkenne. Sieht doch irgendwie alles unbekannt aus. Also
ist es wie eine neue Begegnung und damit im Grunde auch egal in welche Richtung
ich fahre.
Ich freue mich auf Teslin,
Kaffee satt, eine neue, leider teure Ladung Kekse und eine wifi Nachricht für
Ellinor.
Teslin ist 270km von Watson
Lake entfernt und damit so etwas wie gefühlte Halbzeit.
Ich treffe auf einen Biker
aus Slowenien in einem adretten, sauberen Markentrikot und obwohl ich mich immer auf
Gespräche unter Kollegen freue, muss ich nun zum dritten Mal feststellen, hier
im Yukon auf der Alaska-ab-in-den-Süden-Strecke sind viele ein wenig von einer
überdurchschnittlichen Leidensbereitschaft beseelt. Andauernd dieses ja, das muss eben so sein, ja, das ist eben
nicht europe, ja, das ist Nordamerika.
Ist das wirklich ein
Argument sich mit rudimentärem Service zufrieden geben zu müssen, weil man eben
in Nordamerika ist und es nicht möglich zu sein scheint im waldreichsten Land der
Erde auf einem Rastplatz eine Sitzgarnitur bereit zu halten, nur weil alle mit
dem RV kommen, indem bekanntlich genug Sitze vorhanden sind.
Und es für Biker
authentischer wirkt, wenn man auf das bischen Komfort verzichtet und
stattdessen mit den Armen fuchtelnd vor den Müllcontainer auf und ab läuft.
10min höre ich mir dieses ich bin gerne bereit, entbehrungsreich zu
reisen an, weil es dazu gehört, dann habe ich genug und stelle klar, ich bin
hier nicht im Wettbewerb wer hat am
meisten leidet auf dem Weg nach Vancouver.
Von Hugo aus Antwerpen
angefangen, Will aus London und nun dieser arrogant Heini aus Slowenien, die es alle
voll cool finden Lebensmittel über 100er von Km mitzuschleppen, Schlechte
Strassen vor zu finden und die permanente Anwesenheit von Mücken als Normalität
zu begreifen. Wahrscheinlich bin ich in ihren Augen nicht leidensfähig genug wahrscheinlich habe ich in ihren Augen einen unberechtigten hohen Bedarf an Reisekomfort, der allerdings in meinen
Augen schon deutlich zu wünschen übrig lässt.
Es ist schon eine gewisse
Aristokratie, die hier herrscht. No Pain, no Gain, das scheint das Motto
einiger Fahrer hier zu sein, aber vielleicht passe ich einfach nicht in diese
Welt, mit meinen europäischen Ansprüchen. Nur in Europa gefahren zu sein, ist
in den Augen einiger Fahrer nicht das wirkliche Fahrradreiseerlebnis. Da muss es
schon ein wenig mehr sein.
Vielleicht bin ich auch einfach
zu alt und vergnügungssüchtig. Und so beende ich Gespräch und ziehe mich in das Restaurant
zurück. Ich werde in nächster Zeit solche Gestalten meiden.
Das es auch anders geht,
zeigt das Beispiel von gestern Abend, als ich beim Abendessen von 2 Österreichern
aus Graz besucht werde. Die beiden sind in Anchorage gestartet und sind auf dem
Weg nach Calgary. Mit einem Unterstatement in der Stimme planen sie jeden Tag
175km zu fahren, um ihren 3 WochenPlan zu erreichen. Freundlich, nicht
aufdringlich, und ohne Allüren .
Jeden Tag175km on the road(srry Boys, I forget your names) |
Ich breche nach 1h wieder
auf. Die Sonne steht noch hoch und ich könnte noch 30km fahren. Lieber auf der
Strasse, als Menschen mit solch ihrem Gehabe eine Bühne zu geben. Ich erreiche
den Recreational Place Morley River und baue mit Vollschutz das Zelt auf. Wenn
ich auch den Tag lange darüber nachgedacht habe, ob es zu früh war den Yukon zu
verlassen, jetzt hier beim Zeltaufbau brauche ich keine 3 Sekunden, um die
Antwort zu finden. Nein, es war absolut richtig.