Mi., 6.8.
Jack Ass[engl. blöder Esel, Vollidiot, o.ä.]
So richtig einschlafen, geht in diesen Tagen nicht, es ist
viel zu heiß im Zelt. Trotz aller Versuche eine gewisse Durchlüftung angesichts des starken Windeszu
erreichen, bleibt die
Innentemperatur schlafunfreudig.
Um 01:00h stehe ich wieder vor dem Zelt, denn Sturm hat die
vorderen Häringe herausgerissen und das Zelt flattert im Wind. Es ist jeden
Abend dasselbe Drama, Zelt mit Stangen versorgen, einen großen Granit besorgen
und die in die Erde gedrückten 10cm Stahlnägel hereinschlagen, aber an diesem
Abend funktioniert selbst das kaum. Beim nächsten Zelturlaub unbedingt eine
Camping-Hilti mit einplanen.
Kaum bin ich wieder im Zelt, erscheint der örtliche Sheriff
und dreht eine Runde mit dem Pickup, aber ein persönlicher Kontakt kommt nicht
zu Stande.
Kommt um 05:00h wieder, dann
steh’ sowieso auf. Der Wind lässt nicht nach, all die Wochen im Gebirge mit den
Stechern hatte ich mich so nach ihm gesehnt und jetzt, erst jetzt, hier in Lytton, ist er da.
Im
Morgengrauen schiebe ich das Rad zurück auf den Highway, Kräfte sparen, nach
nur wenigen 100m ist die Ortsausfahrt so steil geworden, dass ich selbst zu
Beginn chancenlos bin. Und dann auch noch Jack Ass Mountain an diesem Tag. Um
5:40h stehe ich auf dem Transcanada gegenüber dem örtlichen Friedhof am Start.
Es geht windig los und verdirbt die Laune, 10km/h maximal,
wie soll das heute enden?
Dann die erste nennenswerte Bergwertung und ich freue mich
auf der Abfahrt Jack Ass geschafft zu haben Yeah! Km 10, sagte die Frau
im VC nicht, der Pass kommt unmittelbar nach Lytton?
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Jack Ass Abfahrt |
Als dann bei Km18 eine weitere lange Steigung kommt ist mir
klar, die Freude war viel zu früh, die Langholzlaster schieben sich nun im
Schritttempo mit Warnblick an mir vorbei, luftnötig und mit reichlich
Bauchschmerzen keuche ich den Berg hoch. Ja, kein Zweifel, das wird er sein.
Und
er wird länger und länger. Dann, als endlich das Summit-Schild um 07:18h erscheint,
falle ich fast vor Lachen vom Rad. Der Vollidiotenpass ist nur 361m hoch. Dafür,
dass ich schon in diesem Land auf 2100m gestanden bin, ist das Siegerbild
vielleicht doch ein wenig lächerlich.
Aber es gibt einen wunderschönen Ausblick auf das Fraser Flusstal. Bei der Abfahrt muss
ich warten, bis die Trucks sich heruntergebremst haben, danach kann ich frei
abrollern, jedoch der Wind ist so stark, das nicht mehr als 61km/h dabei
herauskommen.
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Friedhof am Highway am frühen Morgen |
Erste Station an diesem Tag ist Boston Bar, 3 Tankstellen,
2Motels,
ein indisch geführter Grocery
und einige wenige Holzhäuser, enttäuschend wenig für den ersten Ort.Aber Kaffee beim Inder.
Spuzzum, so heißt das Ziel, 25km weiter, aber alle sagen, da
ist nix, was willste da?
Nächster Ort ist dann Yale, und der Inder sagt wieder, der ist
genauso groß wie Boston Bar. Es irritiert ja schon ein wenig, da bewegt man
sich auf eine Metropole zu, aber knapp 300km vorher ist nuscht. Da hasste
schon Glück, wenn Du einen frischen Joghurt bekommst und nicht den letzten nimmst.
Canada provinziell. Es bleibt wie jedes
Mal die Hoffnung, das es am nächsten Ort ein wenig besser ist.
Zunächst aber kommt der nächste Idioten Berg, wieder mit
bemerkenswerter Steigung, Hell’s Gate. Der Pelzhändler Simon Fraser, der als
ersten den Flusslauf für die Nachwelt 1808 beschrieb, nannte diesen schwer
passierbaren, mit reichlich Stromschnellen bedachten Flussabschnitt
Hell’sGate. Wikipedia.org Simon Fraser
Heute ist oben auf dem Berg eine Seilbahn installiert, deren Gondel sich
für Touristen auf der Suche nach etwas Thrill zur Talstation über dem Fluss
absenkt. Ganz billig ist dieser Schuß Endorphin nicht, die nachfolgende Abfahrt
in Gesellschaft einiger Trucks durch die nachfoilgenden Tunnel gibt es dafür umsonst.
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Boston Bar |
Wenn ich richtig mitgezählt habe, sind bereits alle
Tunnel absolviert. Die Tunnel auf dieser Strecke entstanden allesamt in den
60er Jahren und es beginnt mit knapp 650m leicht bergauf. Bei dieser Länge hat
Canada sich etwas richtig Gutes einfallen lassen, Biker werden gebeten, eine
Blinkanlage in Betrieb zu setzen.
Trotzdem bleibt das Fahren in einem Tunnel ein echter
Stressfaktor. Es gibt 30cm Randstreifen und die anderen Tunnelbenutzer fahren
Endgeschwindigkeit.
Es herrrscht ein infernalischer Lärm, der immer lauter wird,
sobald sich ein 63to sich von hinten heranschiebt. Man kann sich nicht umdrehen
und starrt gebannt auf den entgegenkommenden Verkehr.
Lass’ jetzt die andere Spur frei bleiben, bis ich wieder heraus bin.
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Tunnel mit Blinkanlage |
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den Thrill gibt's kostenlos obendrauf |
Bei den kürzeren Tunneln ist es dann mit der Begeisterung
für Sicherheitskanada auch schon wieder vorbei. Keine Blinkanlage mehr.
Die
meinen das echt ernst, schieben sie ihr
Rad, sofern keine Gefahr besteht, auf den Bürgersteig der anderen Seite und
schieben sie bis zum Ende des Tunnels. Fahrradfahrer
dürfen ausdrücklich nur diesen seitlichen Bürgersteig benutzten(sinngemäß
übersetzt) Jawohl! ich steige jetzt ab, und schiebe das Rad auf dem mit Dreck
übersähten kanpp 50cm breiten Sidewalk entlang. Ja, das tue ich, NEIN!
Natürlich nicht, aber auch bei kürzeren Tunnel bleibt der Streßfaktor
hoch.
An Spuzzum fahre ich unbewußt vorbei, es ist nun 12:30h und
ich entschließe mich für Yale.