tramps like us, baby we were born to run...[Bruuuuce1975]

Anmerkung: Wir stellen das Blog jetzt wieder online, um noch ausstehende Korrekturarbeiten abzuschließen.
Ausserdem sollen später Inhalte dieses Blogs in das neue Projekt übernommen werden.

[Arbeitstitel] ukrainisch/russiche Notizen 2016 unter blogger


Donnerstag, 7. August 2014

Fraser Canyon

Mi., 6.8.
Jack Ass[engl. blöder Esel, Vollidiot, o.ä.]
So richtig einschlafen, geht in diesen Tagen nicht, es ist viel zu heiß im Zelt. Trotz aller Versuche eine gewisse Durchlüftung angesichts des starken Windeszu erreichen, bleibt die Innentemperatur schlafunfreudig.
Um 01:00h stehe ich wieder vor dem Zelt, denn Sturm hat die vorderen Häringe herausgerissen und das Zelt flattert im Wind. Es ist jeden Abend dasselbe Drama, Zelt mit Stangen versorgen, einen großen Granit besorgen und die in die Erde gedrückten 10cm Stahlnägel hereinschlagen, aber an diesem Abend funktioniert selbst das kaum. Beim nächsten Zelturlaub unbedingt eine Camping-Hilti mit einplanen.
Kaum bin ich wieder im Zelt, erscheint der örtliche Sheriff und dreht eine Runde mit dem Pickup, aber ein persönlicher Kontakt kommt nicht zu Stande.
Kommt um 05:00h wieder, dann steh’ sowieso auf. Der Wind lässt nicht nach, all die Wochen im Gebirge mit den Stechern hatte ich mich so nach ihm gesehnt und jetzt, erst jetzt, hier in Lytton, ist er da.

Im Morgengrauen schiebe ich das Rad zurück auf den Highway, Kräfte sparen, nach nur wenigen 100m ist die Ortsausfahrt so steil geworden, dass ich selbst zu Beginn chancenlos bin. Und dann auch noch Jack Ass Mountain an diesem Tag. Um 5:40h stehe ich auf dem Transcanada gegenüber dem örtlichen Friedhof am Start.
Es geht windig los und verdirbt die Laune, 10km/h maximal, wie soll das heute enden?
Dann die erste nennenswerte Bergwertung und ich freue mich auf der Abfahrt Jack Ass geschafft zu haben Yeah! Km 10, sagte die Frau im VC nicht, der Pass kommt unmittelbar nach Lytton?
Jack Ass Abfahrt
Als dann bei Km18 eine weitere lange Steigung kommt ist mir klar, die Freude war viel zu früh, die Langholzlaster schieben sich nun im Schritttempo mit Warnblick an mir vorbei, luftnötig und mit reichlich Bauchschmerzen keuche ich den Berg hoch. Ja, kein Zweifel, das wird er sein.  

Und er wird länger und länger. Dann, als endlich das Summit-Schild um 07:18h erscheint, falle ich fast vor Lachen vom Rad. Der Vollidiotenpass ist nur 361m hoch. Dafür, dass ich schon in diesem Land auf 2100m gestanden bin, ist das Siegerbild vielleicht doch ein wenig lächerlich. 

Aber es gibt einen wunderschönen Ausblick auf das Fraser Flusstal. Bei der Abfahrt muss ich warten, bis die Trucks sich heruntergebremst haben, danach kann ich frei abrollern, jedoch der Wind ist so stark, das nicht mehr als 61km/h dabei herauskommen.
Friedhof am Highway am frühen Morgen
Erste Station an diesem Tag ist Boston Bar, 3 Tankstellen, 2Motels,  ein indisch geführter Grocery und einige wenige Holzhäuser, enttäuschend wenig für den ersten Ort.Aber Kaffee beim Inder.

Spuzzum, so heißt das Ziel, 25km weiter, aber alle sagen, da ist nix, was willste da?
Nächster Ort ist dann Yale, und der Inder sagt wieder, der ist genauso groß wie Boston Bar. Es irritiert ja schon ein wenig, da bewegt man sich auf eine Metropole zu, aber knapp 300km vorher ist nuscht. Da hasste schon Glück, wenn Du einen frischen Joghurt bekommst und nicht den letzten nimmst. Canada provinziell.  Es bleibt wie jedes Mal die Hoffnung, das es am nächsten Ort ein wenig besser ist. 

Zunächst aber kommt der nächste Idioten Berg, wieder mit bemerkenswerter Steigung, Hell’s Gate. Der Pelzhändler Simon Fraser, der als ersten den Flusslauf für die Nachwelt 1808 beschrieb, nannte diesen schwer passierbaren, mit reichlich Stromschnellen bedachten Flussabschnitt Hell’sGate.  Wikipedia.org Simon Fraser 
Heute ist oben auf dem Berg eine Seilbahn installiert, deren Gondel sich für Touristen auf der Suche nach etwas Thrill zur Talstation über dem Fluss absenkt. Ganz billig ist dieser Schuß Endorphin nicht, die nachfolgende Abfahrt in Gesellschaft einiger Trucks durch die nachfoilgenden Tunnel gibt es dafür umsonst.
Boston Bar
Wenn ich richtig mitgezählt habe, sind bereits alle Tunnel absolviert. Die Tunnel auf dieser Strecke entstanden allesamt in den 60er Jahren und es beginnt mit knapp 650m leicht bergauf. Bei dieser Länge hat Canada sich etwas richtig Gutes einfallen lassen, Biker werden gebeten, eine Blinkanlage in Betrieb zu setzen.

Trotzdem bleibt das Fahren in einem Tunnel ein echter Stressfaktor. Es gibt 30cm Randstreifen und die anderen Tunnelbenutzer fahren Endgeschwindigkeit.

Es herrrscht ein infernalischer Lärm, der immer lauter wird, sobald sich ein 63to sich von hinten heranschiebt. Man kann sich nicht umdrehen und starrt gebannt auf den entgegenkommenden Verkehr. Lass’ jetzt die andere Spur frei bleiben, bis ich wieder heraus bin
Tunnel mit Blinkanlage

den Thrill gibt's kostenlos obendrauf
Bei den kürzeren Tunneln ist es dann mit der Begeisterung für Sicherheitskanada auch schon wieder vorbei. Keine Blinkanlage mehr.
Die meinen das echt ernst, schieben sie ihr Rad, sofern keine Gefahr besteht, auf den Bürgersteig der anderen Seite und schieben sie bis zum Ende des Tunnels. Fahrradfahrer dürfen ausdrücklich nur diesen seitlichen Bürgersteig benutzten(sinngemäß übersetzt) Jawohl! ich steige jetzt ab, und schiebe das Rad auf dem mit Dreck übersähten kanpp 50cm breiten Sidewalk entlang. Ja, das tue ich, NEIN! 
Natürlich nicht, aber auch bei kürzeren Tunnel bleibt der Streßfaktor hoch.
An Spuzzum fahre ich unbewußt vorbei, es ist nun 12:30h und ich entschließe mich für Yale.
Yale ist ein für Canada sehr wichtiger, historischer Ort an der Goldschürfer Strecke. Nur noch 18km in der Mittagshitze, das muss möglich sein.
Wikipedia.org Yale British Columbia
Yale historisches Gotteshaus
Unmittelbar vor Yale der letzte Tunnel des Tages. Diesmal mit Flaggenmännchen. Ich rolle ein und zack, bekomme ich das Stopzeichen, ich versuche den Posten davon zu überzeugen, das es für den Biker viel vorteilhafter im Tunnel wäre, wenn ich bei Fahrterlaubnis des Gegenverkehrs auch starten dürfte, aber nein, das ist viel zu gefährlich, Bauerarbeiter sind im Tunnel, sagt er und basta.

Dann aber rauscht es in seinem Mikrophon und nun stoppt alles, weil ich den Tunnel Solo durchqueren muss. Auch gut.
Canada ist einfach ein Ausbund an Sicherheit. 
Yale ist ein Flop, ein Totalflop, wie so oft, zu sehen gibt's wenig bis gar nichts, eine Tankstelle, einen Handelsposten, 2 Motels und jede Menge Hauch von Geschichte. Aber eben nur ein Hauch und so warte ich die brütende Mittagshitze ab und starte erneut ab 19:00h. Nun doch bis Lake-of-the-woods, keine 25km entfernt.
und millitanter Blumenfreund
Ein Bergsee herrlich umrahmt von Bergen, knapp 5km vor Hope. 
historisches Yale
Ich glaube den Versprechungen der Tankwartsfrau und es wird eine schöne gleichmäßige Fahrt in der Abendsonne. Unmittelbar vor dem See steige dann die Strasse ein letztes Mal an diesem Tag brachial an.
Wie empfohlen, es bleibt flach und vierspurig bis zum See. Oben auf der Kuppe tauchen bereits die  Rest Area Schilder auf. Das Rad rollt auf dem Rastplatz aus.
BC hat wunderbar angenehme Bewohner

Lake of the woods ist wie versprochen ein wunderbarer See in tollen Ambiente, viele Einheimische aus Hope kommen am Abend mit einem Eis zum Baden den Berg hinauf. Ich habe ein langes wunderbares Gespräch mit einem älteren Ehepaar, aber mein Gehirn ist so zuckerlos, das ist leider deren Namen sofort wieder vergessen. Es tut mir entsetzlich leid, sorry,

Der Tag geht zu Ende, die Sonne versinkt hinter den Bergen, der Highway kommt zur Ruhe.
Lake-of-the-woods