tramps like us, baby we were born to run...[Bruuuuce1975]

Anmerkung: Wir stellen das Blog jetzt wieder online, um noch ausstehende Korrekturarbeiten abzuschließen.
Ausserdem sollen später Inhalte dieses Blogs in das neue Projekt übernommen werden.

[Arbeitstitel] ukrainisch/russiche Notizen 2016 unter blogger


Freitag, 16. Mai 2014

Und der Herr schenkt den Regenbogen

Nachtrag zu Do., 15.5.
Meinen Bogen setze ich in die Wolken, und er soll das Zeichen des Bundes sein zwischen mir und der Erde.[1. Mose 9,13-16] 

Kurz nachdem ich mit Ellinor geskypt hatte, ging's los, die Wände wackelten in diesem Motel, die Türen klapperten und das ist keine Übertreibung, dafür sind Motels zu einfach gebaut. Der Himmel verfärbte sich dunkel und Swift C. wurde Zeuge eines gewaltigen Naturschauspiels. Im Nachklang erschien ein Regenbogren, wie ich ihn ganz selten so kontrastreich erlebt habe, nicht wenige Menschen standen mit Kameras draussen auf dem Highway. 
Der Himmel tief blau und dazwischen der energiereiche Regenbogen. Die Zeit reichte aus für einen Spaziergang, es folgte ein extrem kurzes Gewitter mit maximaler Entladung, max. 10min. und die dunklen Wolken wanderten nach Süden ab. 
Für alle die es mögen, hier einige sehr intensive Bilder: 



all pictures Trans Canada, Swift Current, looking east


Blödsinn mit Dummheit korrigiert

Do.,15.5.
Quer durch's abgemähte Feld
Kein Zweifel, wir kriegen jetzt Sommer, die Nächte sind nicht mehr so eisig. Am Nachmittag wird die offizielle Temperaturmessung in Downtown Swift Current sogar 20° anzeigen.
Bildunterschrift hinzufügen7:30h morgens, quer übers Feld
Zunächst aber, ist der Himmel eher melangegrau. Ich sitze schon um 7:30h im Sattel. Um den Quatsch des gestrigen Abend, ein 80kg schweres Gerät auf einem nachgebenden Bahndamm, incl. zweier Gleisüberquerungen an mehreren abgestellten Güterwagen vorbei nicht noch einmal zu bringen, entscheide ich mich für die Nutzung des Schotterweges zwischen den Feldern, der am road-closed-Schild endet.

Die Hoffnung beruht darauf,  der Weg quert irgendwann einen nach Westen führenden neuen Schotterweg. So fahre und fahre ich, aber es kommt kein Weg. Herrjeh. Canadische Distanzen, jetzt umdrehen, oder einfach quer durchs Feld, in der Ferne ist der gestern ablehnende Hof zu sehen. Um es kurz zu machen, es war auch keine geistreiche Iddee. Eine halbe Stunde marschiere ich mit dem Rad quer durchs Feld, dann endlich wieder eine Schotterweg, zurück auf den TransCanada. Blödsinn mit Dummheit korrigieren zu wollen, das ist die wahre Meisterschaft.

Herbert, so heißt der Ort wirklich, ist der größte Ort der letzten 100km. Bevor man ihn erreicht, hat man Hoffnung auf gepflegtes kaffeetrinken und einen Grocery, um sich mit Getränken zu versorgen. Fakt ist, Herbert hat sogar ein Krankenhaus. Nun denn, der Grocery macht erst in einer Stunde auf und Kaffee gibt es versteckt im Coop Baumarkt, was ihn nicht schlechter macht. Eine Stunde warten oder 45km zu Swift C's  Walmart?
Kaffeepause bei/in Herbert
Ich fahre ohne Wasser los, was sind schon 45km? Genau, das ist dann meist das Problem. Eine Kurzstrecke, man glaubt, man ist gleich da und dann wollen eben auch 45km gefahren sein, genau wie tags zuvor 110km. Und dann kommt ein wenig Wind auf und irgendwie wollen die doofen 45km nicht vergehen, Hügel hoch, Hügel runter, in den Gedanken schon längst bei den Motels und glazed Donuts, 6Stück für einen Dollar.
Schwimmunterricht

Und dann passiert doch noch was, kurz vor Waldeck, unverkennbar deutsche Gründung, ein kleiner Ort mit dem Highwayzusatz, no Service, heißt, hier kannste nix erwarten, 15km vor Swift, steht ein Radler in der Trennungsmulde und kommt mit schnellen Schritten auf mich zu. Es ist Eric, ein Bär von Mann, in kurzen Radlerhosen, hat er sein Rad abgelegt, als er mich kommen sah. Eric ist 57 Jahre alt und verachtet den Schmerz. Die Oberschenkel, wie auch seine Arme und Gesicht zeugen im Kleidungsübergang von diverven Hautdefekten, aufgrund langanhaltender, übermässiger, ungeschützer Sonneneinwirkung. Grob geschätzt Verbrennung 2. Grades.
Eric verachtet den Schmerz
Alter, woher kommst Du denn, wohl gerad' nicht aus Canada, vielleicht solltest Du mal Sonnencreme benutzen. Er erklärt, er sei mit dem Bus nach Tofino, gefahren und dann gestartet und Transcanada stand eben noch auf seiner bucket list, also hat er sich auf dem Weg nach Newfoundland gemacht und dann kann er einen Haken machen, sagt er, frei nach dem Motto, Dinge, die ich kurz vor meinem Ableben noch tun möchte.

Warum auch nicht, einfach mal 8000 km mit dem Rad fahren. Gestern sei er von Medicine Hat nach Swift Current gefahren, rund 223km. Na, ich hab' noch etwas Zeit mit dem Ableben, deswegen werde ich mir die Strecke in  2 Teile teilen. Aber es zeigt, eine ganze Menge Radfahrer versuchen die Gesamtdistanz in persönlicher Bestzeit zu absolvieren.
Wir tauschen die websites aus, für jeden ein Fotot und ein take care, drive safe und dann bin ich wieder allein.
Endlich taucht nach etlichen Bergwertungen, von wegen Sask, ist ausschließlich flach, Walmart auf. Ortsanfang Current Swift. Ich stürze in den Laden und will endlich trinken.
Kurz vor Waldeck/SASK

Den Windgenerator abgeschaltet

Tingved's Durchhalte Box


Mi.,14.5.
Die ersten Radtouristen 2014 in Martlach
Kanada ist ein Land der Extreme, zwei Tage furchtbarer Wind mit undiskutablen Km-leistungen und dann von einem auf den anderen Tag ein komplett anderes Wetter. Wie oft hatte ich nun schon Tage, wo man bestenfalls von einem Arbeitstag sprechen konnte und am nächsten Tag war es der Radfahrhimmel auf Erden.

Martlach
ein Frühstücks-Durchhalte-Körbchen mit frischem Kaffee vorbei gebracht. Ich bin echt gerührt, sitze vor dem Autoreifen und genieße einen superweichen Muffin mit frischem Kaffee. Natürlich ist die Art der Übernachtung viel interessanter, als auf einem Campingplatz mit einem Duschgebäude im Sanierungsstau für 10$

Kristina und Nic aus Victoria
Ich reise ab und will durch Hintertür dem nahe gelegenen Martlach noch einen Besuch abstatten. Eine staubige Schotterstrasse führt in den kleinen, beschaulichen Ort mit vielen Holz Einfamilienhäusern. Es gibt nur eine Asphaltstrasse, sie führt direkt zum TransCanada. Auf dem Weg zum örtlichen Getreidespeicher traue ich fast meinen Augen nicht. Da stehen zwei Tourräder mit Packtaschen. Endlich. Schnurstracks ins Cafe hinein und ich entdecke zwei junge Leute beim Kaffee. 

Ja, ihnen gehören die Räder, Nic und Christina aus Victoria, dem äußersten Westen Kanadas. Beides Studenten für Geologie und Geographie, wollen auch sie TransCananda machen, allerdings von west nach Nova Scotia. Heute wollen sie nur bis Moose Jaw, und lassen es etwas langsamer angehen. Wir tauschen die website’s aus und dann will ich weiter.

Heute ist Tempomaten- Wetter, Gang reinlegen und einfach treiben lassen, ich träume mich weg und das Auge kann das Ende der Felder kaum finden, Felder soweit das Auge reicht, von Hügelketten eingerahmt. Endlose Prärien, mit riesigen Büffelherden, die Indianer und die weißen Siedler mit ihren Planwagen, die nach Westen zogen und zwischendurch immer wieder Canadian Pacific. Eine herrliche Kulisse.
riesige "Büffelherden" in der Prairie
Ich habe viel Zeit verloren, schon lange vorher, tief im Süden Ontarios und doch hätte es fast noch geklappt mit dem Plan, den Geburtstag in den Rocky Mountains zu erleben; nun wird es wohl Medicine Hat werden. Immerhin knapp davor.
Ich werde erst dort entscheiden, ob ich den direkten Weg nach Calgary nehme, also dem Trans Canada Highway folge, oder über Lethbrigde nach Banff fahre. Beides ist reizvoll.
Lannie Ericson auf dem Weg nach Swift

Ich bleibe in Gedanken, bis plötzlich vor mir scharf ein Silverrado Pickup auf den Seitenstreifen biegt. Lannie steigt aus und sagt hey, ich muß nach Swift Current, sollen wir Dein Fahrrad auf den Pickup legen und Du fährst mit ?
Es gibt Zaunpfähle, die winken nur einmal. Heute in 2 Stunden in Swift, 160km gespart, doch noch eine leise, letzte Chance. Ich muß nur ja sagen, aber ich brauche keine Bedenkzeit, jetzt nach all dem was war, in ein Auto steigen, nein, niemals!
Trotzdem bin ich fast sprachlos. Nochmals vielen Dank Lannie.

Da, wo der Wind gemacht wird



Montrealfan Bill @Walmarts
Di, 13.5.
Hockey Fans, Tramps und Wanderer
Nach dem Skype noch schnell zu Walmart und dann geht’s los. Doch bevor ich das Fahrrad abstellen kann, stürzt Bill auf mich zu, sichtlich erfreut und ruft have you heart Montreal beats Detroit yesterday. Ne, hatte ich gerad’ nicht, natürlich geht’s es um Hockey, es muß in diesem Land um Hockey gehen und er hat meinen neuen Stander entdeckt.
Winnipeg Jets sind in Saskatchewan out und die vor einigen Tagen im Strassengraben gefundene grellbunte Flagge ist die der besten Hockeymannschaft der NHL, des Montreal Hockey Team. Musste ich mir allerdings auch erst von der Wirtin des Sunrise Motels sagen lassen, hey Lady, ich found a flag, could you tell me where she is from? Was für eine Frage, natürlich Montreal, also vergleichbar in Deutschland; da jemand findet einen Bayern-Schal und fragt den Erstbesten, hey wat isn dat fürn Schal? Okay, aber als Europaer darf man das.
Und dann hat Lannie mir heute Morgen extra noch ans Herz gelegt, nimmt vor Calgary die Flagge ab, dort herrscht starke Rivalität.
Highway Paten, Columbus's Ritter
Nun, ich erkläre Bill, das ich die Fahne wegen der besseren Sichtbarkeit auf dem Highway am Rad habe, so wie die Kinderräder bei uns auch mit Wimpeln ausgestattet werden, nur das es hier keine Kinderräder auf Highways gibt. Ich glaube er ist ein wenig enttäuscht, will aber dann doch noch wissen, wohin die Reise geht.
Um 10:30h geht’s endlich zurück auf den Highway. Der Wind ist stärker geworden, hat deutlich aufgefrischt. Etwa 13km nach Moose Jaw macht die Strasse einen Bogen und der Wind ist bis Caronport direkt auf der Brust. Meine zuvor Ellinor verkündete Idee in 2 Tagen in Swift Current, 160km entfernt, zu sein, wird gerade im Wind pulverisiert. Ich schaffe gegen den Wind nicht mehr als 9km/h, der Tag folgt einer einfachen Logik, willst Du Dich bewegen, fang an zu treten, hörst Du damit auf stehst Du buchstäblich sofort.

Berufskollege Bernie
Ein absoluter, irrer Wind bläst mir entgegen. Das Rad schaukelt und ich habe Mühe die Spur zu halten, nutze mit dem schweren Trecker gegen die heftige Windlast die gesamte Seitenstreifenbreite. Es gibt keine Chance dem Wind zu entfliehen. Unablässig tobt der Wind über die freien Felder.
In Ostfriesland kenne ich solchen Wind; es ist dann Herbst und die Kinder lassen ihren Drachen steigen, oder der blanke Hein droht damit, das Wasser über die Deiche zu jagen.

Auf dem Weg zur ersten Rast sehe ich einen Läufer in der Trennungsmulde, es ist Bernie, der mit einem Sack Dinge einsammelt. Ob er zu den Highway Paten gehört, die hier immer Abschnittsweise für Sauberkeit sorgen, nein, sagt er lächelnd, er sammelt Pfand, aah, ein Berufskollege. 10ct, sagt er, gibt es für Dose oder Flasche, gleich welcher Größe. In seinem Sack befinden sich geschätzt $2, bad harvest sage ich, schlechte Ernte, und wir beide lachen und er sagt, ja, vielleicht solle er mal die Straßenseite wechseln.
Daniel, auf dem Weg nach Vancouver
Kurze Zeit später noch so‚ ne merkwürdige Gestalt, läuft da einer und trampt, bisher hatte ich noch keinen gesehen, er stellt sich als Daniel vor ist auf dem Weg von Toronto nach Vancouver. Die Situation entbehrt jeder Komik, wat?, ja, er trampt nach Vancouver, aber es läuft nicht gut und er ist schon weite Strecken gelaufen. Ich sage, ich wäre auch auf dem Weg nach Vancouver, aber ich hätte gerad’ kein Platz mehr und Daniel meint todernst, ja, das verstehe er, ein Zeichen, das ich irgendwie an meiner Ironie noch arbeiten muß.

Leider spricht Daniel so nuscheliges englisch, das ich weite Teile unseres Gespräches nicht mitbekomme, anscheinend kein Geld für den Bus, zwischendurch im Krankenhaus und 20 andere Gründe. Aber es macht mich nachdenklich, was für eine Geschichte dahinter steckt, dass Daniel nach Vancouver trampt.

In Caronport, nach streckenbereinigt gefahrenen 27km, komme ich nach 2,5h Stunden um 13:45h an. Damit ist klar, das hehre Ziel heute Chaplin zu erreichen, bleibt eine Illusion.

Caronport Husky Tankstelle
Ich überlege, ob es nicht besser ist, den Tag abzubrechen und auf Morgen zu hoffen.
Every day a new challenge, meint lachend der Tankwart, allmählich glaube ich das auch.
Angeblich sagt yr.no für Morgen bessere Windverhältnisse voraus.
Nach einem Kaffee weiter nach Martlack. Wenigstens heute noch über die 50km Marke kommen. Und außerdem ist ein Provincial Park auf der Strecke, vielleicht eine Möglichkeit dort Rast zu machen.