tramps like us, baby we were born to run...[Bruuuuce1975]

Anmerkung: Wir stellen das Blog jetzt wieder online, um noch ausstehende Korrekturarbeiten abzuschließen.
Ausserdem sollen später Inhalte dieses Blogs in das neue Projekt übernommen werden.

[Arbeitstitel] ukrainisch/russiche Notizen 2016 unter blogger


Freitag, 16. Mai 2014

Da, wo der Wind gemacht wird



Montrealfan Bill @Walmarts
Di, 13.5.
Hockey Fans, Tramps und Wanderer
Nach dem Skype noch schnell zu Walmart und dann geht’s los. Doch bevor ich das Fahrrad abstellen kann, stürzt Bill auf mich zu, sichtlich erfreut und ruft have you heart Montreal beats Detroit yesterday. Ne, hatte ich gerad’ nicht, natürlich geht’s es um Hockey, es muß in diesem Land um Hockey gehen und er hat meinen neuen Stander entdeckt.
Winnipeg Jets sind in Saskatchewan out und die vor einigen Tagen im Strassengraben gefundene grellbunte Flagge ist die der besten Hockeymannschaft der NHL, des Montreal Hockey Team. Musste ich mir allerdings auch erst von der Wirtin des Sunrise Motels sagen lassen, hey Lady, ich found a flag, could you tell me where she is from? Was für eine Frage, natürlich Montreal, also vergleichbar in Deutschland; da jemand findet einen Bayern-Schal und fragt den Erstbesten, hey wat isn dat fürn Schal? Okay, aber als Europaer darf man das.
Und dann hat Lannie mir heute Morgen extra noch ans Herz gelegt, nimmt vor Calgary die Flagge ab, dort herrscht starke Rivalität.
Highway Paten, Columbus's Ritter
Nun, ich erkläre Bill, das ich die Fahne wegen der besseren Sichtbarkeit auf dem Highway am Rad habe, so wie die Kinderräder bei uns auch mit Wimpeln ausgestattet werden, nur das es hier keine Kinderräder auf Highways gibt. Ich glaube er ist ein wenig enttäuscht, will aber dann doch noch wissen, wohin die Reise geht.
Um 10:30h geht’s endlich zurück auf den Highway. Der Wind ist stärker geworden, hat deutlich aufgefrischt. Etwa 13km nach Moose Jaw macht die Strasse einen Bogen und der Wind ist bis Caronport direkt auf der Brust. Meine zuvor Ellinor verkündete Idee in 2 Tagen in Swift Current, 160km entfernt, zu sein, wird gerade im Wind pulverisiert. Ich schaffe gegen den Wind nicht mehr als 9km/h, der Tag folgt einer einfachen Logik, willst Du Dich bewegen, fang an zu treten, hörst Du damit auf stehst Du buchstäblich sofort.

Berufskollege Bernie
Ein absoluter, irrer Wind bläst mir entgegen. Das Rad schaukelt und ich habe Mühe die Spur zu halten, nutze mit dem schweren Trecker gegen die heftige Windlast die gesamte Seitenstreifenbreite. Es gibt keine Chance dem Wind zu entfliehen. Unablässig tobt der Wind über die freien Felder.
In Ostfriesland kenne ich solchen Wind; es ist dann Herbst und die Kinder lassen ihren Drachen steigen, oder der blanke Hein droht damit, das Wasser über die Deiche zu jagen.

Auf dem Weg zur ersten Rast sehe ich einen Läufer in der Trennungsmulde, es ist Bernie, der mit einem Sack Dinge einsammelt. Ob er zu den Highway Paten gehört, die hier immer Abschnittsweise für Sauberkeit sorgen, nein, sagt er lächelnd, er sammelt Pfand, aah, ein Berufskollege. 10ct, sagt er, gibt es für Dose oder Flasche, gleich welcher Größe. In seinem Sack befinden sich geschätzt $2, bad harvest sage ich, schlechte Ernte, und wir beide lachen und er sagt, ja, vielleicht solle er mal die Straßenseite wechseln.
Daniel, auf dem Weg nach Vancouver
Kurze Zeit später noch so‚ ne merkwürdige Gestalt, läuft da einer und trampt, bisher hatte ich noch keinen gesehen, er stellt sich als Daniel vor ist auf dem Weg von Toronto nach Vancouver. Die Situation entbehrt jeder Komik, wat?, ja, er trampt nach Vancouver, aber es läuft nicht gut und er ist schon weite Strecken gelaufen. Ich sage, ich wäre auch auf dem Weg nach Vancouver, aber ich hätte gerad’ kein Platz mehr und Daniel meint todernst, ja, das verstehe er, ein Zeichen, das ich irgendwie an meiner Ironie noch arbeiten muß.

Leider spricht Daniel so nuscheliges englisch, das ich weite Teile unseres Gespräches nicht mitbekomme, anscheinend kein Geld für den Bus, zwischendurch im Krankenhaus und 20 andere Gründe. Aber es macht mich nachdenklich, was für eine Geschichte dahinter steckt, dass Daniel nach Vancouver trampt.

In Caronport, nach streckenbereinigt gefahrenen 27km, komme ich nach 2,5h Stunden um 13:45h an. Damit ist klar, das hehre Ziel heute Chaplin zu erreichen, bleibt eine Illusion.

Caronport Husky Tankstelle
Ich überlege, ob es nicht besser ist, den Tag abzubrechen und auf Morgen zu hoffen.
Every day a new challenge, meint lachend der Tankwart, allmählich glaube ich das auch.
Angeblich sagt yr.no für Morgen bessere Windverhältnisse voraus.
Nach einem Kaffee weiter nach Martlack. Wenigstens heute noch über die 50km Marke kommen. Und außerdem ist ein Provincial Park auf der Strecke, vielleicht eine Möglichkeit dort Rast zu machen.

Es hilft alles nichts, der Wind lässt einfach nicht nach und ich erreiche erschöpft nach 44km den Provincial Park. Das ist klassisches Canada Outdoor Erlebnis, man wird groß angekündigt von der Strasse durch eine Zubringerallee auf eine parkähnliches Grundstück geleitet, es gibt ein Office mit offizieller Anmeldung und Rasenplätze mit Holzbänken.

Die Duschen haben geöffnet, sind aber gelinde gesagt stark renovierungsbedürftig, wahrscheinlich duschen die kanadischen Freizeitaktivisten eher in ihren Campern.
Zelte sehe ich keine und da es erst 15:00h ist kommt jetzt meine wahre Größe in der Stunde der Niederlage, ich lehne ab, gleichwohl wissend, 2km später wieder dem Wind ausgesetzt zu sein.

Auf dem Weg dahin hämmert es, leg’ die $10 auf den Tisch, kehr’ um und mach Schluß für heute, aber ne, Du musst ja noch 15km ins Ungewisse fahren. Und so bleibt es dabei, zwar bereue ich wenige Minuten später wieder mein Vorhaben, aber es bringt mich immerhin jenseits der 50km Marke, wenn schon , dann mit Achtung den Tag beenden.

Ich erreiche Martlack und sehe von weitem die ersten Höfe.
Der erste Hof gehört den Tinveds. Darlene Tingved öffnet, wirkt resolut, sagt aber sofort ja und fragt, ob ich etwas brauche. Der einzige windsgeschützte Platz ist der zwischen zwei Pferdeanhängern.
Nachdem das Zelt aufgebaut ist, lädt sie mich ein, das neuste Hofmitglied zu begrüßen.
Darlene züchtet Quarterhorses, also Cowboy Pferde, ihr Mann John züchtet im Nebenerwerb Red Angus und Longhorn Rinder.
Heute Morgen um 2:30h hat die weiße Stute Dixie ihr 6. Fohlen geboren. Augenblicklicher Name Dixie’s last spark. Noch ein wenig scheu und wackelig auf den Beinen, steht das Junge neben seiner 22jährigen Mutter.
Im Stallgebäude nebenan stehen noch 3 Quarterhorses. Alles Preisträger, die auf Tunieren aktiv sind. Darlene gibt dem Stadtmenschen in mühevoller Geduld einen Einblick in what is a Quarterhorse? Und ich hüte mich zu sagen, bisher war für mich ein Pferd immer eben ein Pferd
Ausgerechnet ich, der ich Pferden gegenüber einen Mordsrespekt habe und so bleibe ich auch in respektablem Abstand im Stalleingang stehen. Ihr bleibt da und und ich bleib’ hier.
Nur nicht nervös werden. 

Dixie und das 18h alte neue Quarterhorse
Am Abend kommt John Tingved dann noch persönlich vorbei hat hat zwei eisgekühlte Dosen Bier und Cola in der Hand. Ich darf ausssuchen, John will aber gar nicht trinken, er behält die Bierdose in der Hand. Echt netter Zug. Der wind hat nachgelassen am Abend.
Darlene spricht von wrong direction und das der Wind hier in Sask. um diese Jahreszeit bis Mitte Juni normal ist. Immer am stärksten zur Mittagszeit, stimmt, kann ich bestätigen.

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