tramps like us, baby we were born to run...[Bruuuuce1975]

Anmerkung: Wir stellen das Blog jetzt wieder online, um noch ausstehende Korrekturarbeiten abzuschließen.
Ausserdem sollen später Inhalte dieses Blogs in das neue Projekt übernommen werden.

[Arbeitstitel] ukrainisch/russiche Notizen 2016 unter blogger


Donnerstag, 3. Juli 2014

Rancheria YT-Going north

455 Km bis zum nächsten Fahrradladen
Sa.,28.6. (Nachtrag)
Mit angebrochener Felge nach Whitehorse
Ich schlafe schlecht in der Nacht, überlege viel, wie die Situation verbessert werden könnte.
Bin ich wirklich in einer Sackgasse? Das es Verschleiß an Material geben würde, war irgendwie zu erwarten. Ist das Material wirklich zu schnell verschlissen worden?
Fakt ist, diese canadischen Mäntel, die ich jetzt fahre, haben keine besondere Härte, dazu kommt aber auch, das die fehlende oberste Schicht die Fahrbahndecke sehr rauh macht. Wie den Mantel mit einem Reibeisen behandeln. Ich habe selbst den 5 Tage alten Mantel der schweren BMWEnduro auf dem Berg gesehen. Die Schotterschicht setzt allen zu. Wahrscheinlich sind so Frostaufbrüche des Winters schneller zu flicken.
 
Und die Felge ist an mehreren Stellen eingerissen, das lässt sich einfach nicht übersehen.
Der nächste gute Radladen befindet sich gut 450km weiter nördlich. Macht 900km wieder zurück nach Watson. Alter Falter! Für eine Felge diese Strecke fahren, aber ursprünglich wollte ich ja sowieso weiter nach Dawson.
Ich bin ein wenig ernüchtert, um nicht zu sagen konsterniert. Dawson City ist nochmal deutlich kleiner, als die zweitgrößte Stadt des Landes Watson Lake. Und in Watson Lake ist nuscht. Das kann sich zwar durch den touristischen Faktor für Dawson noch etwas verbessern, aber der Besuch in Niagara Falls hat ja deutlich gezeigt, was zu erwarten wäre. Disneyland und Jahrmarkt.

Dafür also noch einmal eine Strecke von 500km nördlich von Whitehorse fahren, dieselbe dann auch wieder zurück, kann nicht gerade als grandiose Idee gewertet werden. Also ist Schluß in Whitehorse. Die Hauptstadt der Provinz angucken und Vorbereitungen treffen für den langen Weg nach Süden.
Ein kurzer Rast bei Michael in Watson Lake, alles einsacken und dann über den Hwy 37, Stewart Cassiar Highway, nach Vancouver.
Gleich nach Süden über den Hwy 37, Whitehorse ausfallen lassen, den Yukon beenden  mit einer kaputten Felge, ist auch keine originelle Idee. 
Alle anderen Ideen, Greyhound&Co. sind auch nicht origineller. Und dann auch noch hoffen, das keiner einen Fehler gemacht hat. Das ganze Ding unter Umständen umtauschen zu müssen, ist mir einfach nicht vorstellbar.

Irgendwann komme ich auf die Idee einen Teil der Ausrüstung einfach bei Michael in Watson zu deponieren und nur mit den Essentials nach Whitehorse zu fahren. Die Flugtüten vollmachen mit dem ganzen Krempel, den ich im Norden nicht brauche.
Yeah, das Gehirn arbeitet zwar langsam, aber doch produktiv. Das ist es. Morgen um 6:00h werde ich in die Pferdebox gehen und die ganzen Sachen sortieren. Bleibt die Frage ob und wie lange die Felge hält auf dem Weg nach Whitehorse hält.

Für Michael war die Sache gestern Abend ganz einfach, ach, stell’ Dich einfach an die Strasse, die nehmen Dich sofort mit, hab’ ich noch nie gehört, das es Probleme gab.

Na, soviel Verkehr war bis Watson eigentlich nicht. Aber jetzt kommt ja noch der Verkehr über den besagten 37er dazu, direkte schnelle Verbindung Seattle-Vancouver-Watson Lake.
Also zocken wir ein wenig, 450km, das macht bei wenig Gepäck 3-4 Tage. Wenn alles gut geht. Trotzdem schlafe ich schlecht und die Mückenstiche machen mich rasent. Ich habe durch die Juckerei inzwischen einige entzündlich wirkende Dellen an den Beinen und die Sprunggelenke sind ziemlich geschwollen.

Um 7:00h verschlafe ich dann doch; als ich mich mühsam zum Kaffeekocher schleppe, ist die halbe Lodge schon auf den Beinen, was ist denn mit denen los? Ich bin der letzte. Skype mit Ellinor ist jetzt wichtiger, was sagt die Chefin dazu?

Hugo aus Antwerpen
Um 10:00h habe ich eingekauft und bin auf dem Highway. Highway Yukon 1. Auch der Yukon ehrt seine Veteranen, wie alle anderen Provinzen. Zunächst geht auch auch alles gut. Da ich leicht bin, komme ich zügig voran, mehrfach sehe ich andere Biker, die an den Bergen deutlich mehr Probleme haben als ich. Ja, mit einem normal bepackten Rad zu fahren kann leicht sein, kann so gar Spaß machen.

Dann allerdings, nach gefühlt 40km ist es mit der Veteranenehre vorbei, vor meinen Augen wechselt die Strasse plötzlich von grob poliert in eine übelste, staubige Schotterstrecke. Es liegt nicht nur viel Gravel an den sonst mir vorbehaltenen Abschnitten, bergeweise Schotter, nein, die Trucks und RV’s fegen durch diese Strasse, das die Sicht immer wieder kruzfristig unter 10m sinkt. Und ich habe meine Warnweste nun in Watson liegen.
Das macht mir Angst, hoffenlich sehen die mich rechtzeitig.

Ich kann das nicht begreifen, nicht 3km oder 10km, nein, mehrere 10km, und alle finden das völlig normal. Sind die hier im Yukon irre, muss das so sein? 30-40km staubige Piste. Schotter fliegt Dir um die Ohren, knallt gegen die Schienbeine, wenn die 60to Trucks an Dir vorbei rasen, danach steht Du in einem Sandsturm. Der Kiefer mahlt die Staubkörner.

Mir ist das all die Jahre im Baltikum begegnet, aber da kam mal ein Holzlaster, mal ein Lada Niva; hier ist das die wichtigste Nordsüd Verbindung zwischen Alaska und dem Rest der Welt. Irre, einfach irre. Okay, es heißt the last frontier, I survive the Alaska Highway, bald glaube ich das für mich wirklich. Herrjeh.
Also der Abschnitt ist nun wirklich keine Heldenehre, das ist eher eine Beleidigung.
Und mittendrin in der staubigen Welt ein PP Campground. Wie romantisch. 20$. Ich glaub’ es hackt.
Und mittendrin Hugo aus Antwerpen, er ist in Whitehorse gestartet und will nach Süden, einfach nach Süden, nach Südamerika. Macht ein wenig einen zu abgeklärten Eindruck, ein bißchen zuviel Stiff upper lips, findet diese Strecken reizvoll und die Unterversorgung völlig normal. Eher der Typ, ich komme überall an und es gefällt mir, Hauptsache dagewesen. Vorallem aber ist er vollständig irritiert, als ich sage ich habe noch Baggage in Watson Lake zurück gelassen, was? Noch mehr?
Ne, das ist nicht meine Liga. 
Das ich zuviel mit mir herum schleppe, weiß ich auch selbst , da muss man mich nicht ständig belehren. Die Frage ist eher, wie werde ich es wieder los.

Bremsentag ist heute. Horseflies. Große Beißfliegen bevölkern den Highway, ich kann ihnen nicht entgehen, sie fliegen schneller, als ich fahren kann auf gerader strecke.  Als Kinder nannten wir sie Pferdebremsen, ich weiß nicht einmal, wie der richtige Name dieser B52-Beißer ist. Setzen sich auf die Haut und hinterlassen blutige Punkte. Zack.
Irgendwie merken diese ganzen Beißer anscheinend, das Schlechtwetter bevorsteht. Jedenfalls zieht es sich immer mehr zu und die Biester werden immer aufdringlicher. Gegen 17:45h ist dann endlich soweit, 40% Regenwahrscheinlichkeit sind da und es gibt ein richtiges Gewitter im Gebirge. Um mal wieder einen Klassiker zu bringen, Eichen sollst Du weichen, Buchen sollst Du suchen, gibt’s beides nicht, hier aber stehen nur  Koniferen. Und ich mitten drin, als nur dabei.
 
100 Leute werden jedes Jahr statistisch betrachtet in Deutschland im Freien vom Blitz getroffen. Was willste machen? Dich mit dem Fahrrad in Graben legen? Bleibt nur zu hoffen, das es in Kanada statistisch weniger sind. Mehrfach kann ich den Blitz direkt sehen, aber die Einschläge sind in den umliegenden Bergen zu hören. 
Dann folgt der Nachregen. Nach 2h Regenfahrt tatsächlich eine Pause mit Kaffee auf dem Rastplatz Rancheria Motel. Bis zum Recreationalpark mit Picnicshelter sind es immer noch 15km. Picnicshelter heißt in Canada zugiges Holzhaus mit Dach und offenen Wänden. 
 
Es gibt keine Chance gegenüber den Mücken. Und es sind mal wieder so viele Mücken da, das ich umziehen muß in mein Zelt.
135km am ersten Tag, damit ist das Tagesziel gut erreicht. Morgen vielleicht etwas mehr.