tramps like us, baby we were born to run...[Bruuuuce1975]

Anmerkung: Wir stellen das Blog jetzt wieder online, um noch ausstehende Korrekturarbeiten abzuschließen.
Ausserdem sollen später Inhalte dieses Blogs in das neue Projekt übernommen werden.

[Arbeitstitel] ukrainisch/russiche Notizen 2016 unter blogger


Donnerstag, 3. Juli 2014

Morley River Lodge



So.,29.6.(Nachtrag)
Hätteste mal genauer geguckt
Von der gestrigen Euphorie ist wenig geblieben. Ich kann heute schlecht laufen, die linken Adduktoren sind merkwürdigerweise sehr schmerzhaft. Der Himmel ist grau, der Sommer macht wie angekündigt für einige Tage Pause. Ich komme nicht recht los und kann zudem nicht richtig sitzen, Diagnose, der Wolf ist da.

Das kommt natürlich auch durch die Wildcamperei. Abends ist der Fluß nicht immer in der Nähe und die Nachbereitung nicht so wie zu Hause. Wildnis halt. Nun ist das Maleur da. Wundgescheuerter Sitzbereich oder einen Wolf gefahren.
Da hilft nur noch mehr Gesäßsalbe und Zähne zusammenbeißen. Aber es wird nichts, die Kilometer tröpfeln nur so und meine eigene Erwartungshaltung ist an diesen Tag zu hoch. Wenn es doch nur einen Kaffee geben würde, aber die erste Lodge ist seit längerem geschlossen. Bleibt nur noch Swift River, obwohl nicht auf meinem Zettel gelistet, behauptete die Tresenkraft gestern Abend, da ist was. Der Ort ist viel größer. 
Wahrscheinlich haben wir uns falsch verstanden. Denn Swift River ist ein Highway maintance camp, eine Autobahnmeisterei und eine seit mehr als 5Jahren brachliegende, verlodderte Ruine.
ehemaliges Motel Swift River

Immerhin Grund für eine Pause und eine Exkursion, leider ist niemand an diesem Sonntag zu sehen und Kaffee gibt’s auch nirgendwo im Angebot. Alles zerstört, nichts ist in irgendeiner Weise noch zu gebrauchen. 

Wieso muss das bloß immer alles zerstört werden? Der Verfall hat längst eingesetzt in den durchgeweichten Deckenverkleidungen brühten jetzt Schwalben.

Der Blick auf meinen Zettel zeigt nächste Station in 84km. Oh, das kann doch nicht wahr sein, am Ende des Tages erst einen Kaffee. Erst nach 100km, das demotiviert zusätzlich. Es hat angefangen zu regnen, so schwinge ich mich missmutig auf den Sattel, hin und her rutschend auf den Weg. Natürlich sind das hier Luxusgedanken. 
In der Wildnis gibt es keinen Kaffee. Wenn Du das nicht aushälst, fahr zurück in den Süden.
Gestern Abend hat das Schicksal mit dem Zaunpfahl gewunken und kam in Form eines dieser Mutanten Pferdeanhänger auf mich zu. Fährst Du nach Norden? Ne, southbound. Warum? das Rad ist kaputt und ich weiß nicht wie lange es durchhält. Ich will nach Whitehorse.
Photo aus der Vergangeheit der Lodge source: Sue Thomas auf yukonsights.ca
Der freundliche Canadier kam aus Alaska, wo er in einem Lager der Koch war, mitten in-the-bush. Nun wollte er nach Lethbridge auf seine Pferdefarm zurück. Falsche Richtung, ich will die Felge. Heute nach 4 Stunden im Dauerregen, kann ich nur mit der Faust auf den Lenker schlagen. Lethbridge, gute Fahrradläden, Süden, Kaffee, keine Mücken und Du läßt ihn gehen. Und wenn Du im Pferdeanhänger gesessen hättest, oh man Frank.
altes Abschleppmobil
Es passiert nichts an diesem Sonntag. Die Strasse ist fast leer, in den ersten 3 Stunde fahren 35 Autos in meine Richtung. Wirkliche Möglichkeiten: 4, der Rest RV’s
So sehr ich mir das auch wünsche an diesem Tag nach Whitehorse mitgenommen zu werden, von alleine klappt heute gar nichts. Also fahre ich weiter, unlustig stampfe ich auf und ab. 

Bin ich etwas übersättigt? Liegt es daran, dass es zu viele Tage am Stück waren? Brauche ich eine Pause. Wenn die Motivation nachlässt ist häufig eine Pause dringend nötig. Ich versuche mich selbst zu motivieren, alle 10km einen Leckerlie, das schafft einen Rhythmus, aber ich bin zu abgelenkt, warte auf den rettenden Truck.
Es wird 6h regnen, dann trocknet die Strasse ab. Die Strecke wird nicht kürzer, endlich kommt das Hinweisschild Morley, Moment, war da nicht auch eine Lodge? Und auch da stellt sich heraus, auch diese Lodge ist seit langem zu und der Zettel listet den Morley River Recreational Park als nächste Lokalisation. Oohhh ne. So’n doofen Picknic Park, statt Kaffee und die Lodge 2 km später ist genauso eine malerische Ruine, wie am Vormittag.
Es erinnert mich an einen Satz, den der Besitzer der Contact Creek Lodge um 13:00h zu seinem Freund sagte, the rush for today is done. Will meinen, der Ansturm ist durch, jetzt kommt nichts mehr, wohlgemerkt mittags um 13:00h.

Ein unbemerkt epischer Satz, denn er drückt das aus, was ich seit Tagen bemerke. Es gibt kaum Verkehr hier. Viel zu wenig Verkehr, um alle satt zu machen, alle am Leben zu halten und so fahre ich an fast jedem Tag an Ruinen vorbei. Zeugen einer alten Highway Vergangenheit, eine alte Hauptverkehrsader, die heute eher ein Dornröschendasein führt.
Vor einigen Tagen hatte ich ein tolles Gespräch mit Dave Gregg dem Chef des Beaver Post Motels. Er erklärte mir früher war die Strasse so schlecht, dass man dringend alle 50km eine Lodge mit Werkstatt, etc. brauchte. Das war Überlebensnotwendig. Heute tankt man einmal voll und bei der Straßenqualität fahren die Leute die nächsten 600km durch.
Das hat heute mit I survive the Alcan nicht mehr viel zu tun.
die ehemalige Morley River Lodge
Das fortschreitende Alter der Alaskafahrer und der steigende Benzinpreis sind ebenfalls ein Argument für den Rückgang des Verkehrs. 
In Watson Lake im VisistorCenter besteht eine Ausstellung über den Highway mit einem bemerkenswert offenen Text. Wahrscheinlich ist er auch als Motivation und Daseinsberechtigung für die Mitarbeiter gedacht.
Der Alaska Highway wird zur Legende
ausgelaufene Ölfässer
Ich bin von den Ruinen begeistert. Nicht das ich irgendetwas mitnehmen könnte, aber so eine Exkursion lässt alle Leisten/Adduktorenprobleme verschwinden. 

Aber mal im ernst, es ist schon eine einzigartig staatlich geduldete Umweltverschmutzung, die sich hinter den verwunschenen Tannen auf den Plätzen ehemaliger Motels abspielt. Von allen Vorbeifahrenden gesehen und achselzuckend hingenommen. Und diese Lodge ist mit Abstand ein sehr krasses Beispiel. Da wirken die Hinweisschilder Haltet den Yukon sauber und Müll wegwerfen-500$Strafe wie Hohn. 
undichte Fässer
Ein aufregender Tag geht zu Ende, einzig allein die Mückenplage, sobald man das Rad stehen läst, ist eine Katastrophe. Der Zeltaufbau wird wieder zum Alptraum. Das Leben nach dem Fahren findet konsequent im Innenzelt statt. 

Ich bleibe die Nacht auf dem ehemaligen Lodge Parkplatz, der jetzt eine Geisterstadt ist.