Jake's Corner |
Di.,1.7.
Canada Day
Ich sag’s nicht gern, aber
ich hab gefroren und musste mal ganz schnell um 3:00h morgens den Schlafsack
zuziehen, anders als in den letzten Tagen wurde es heute Nacht richtig kalt. Gegen
07:00h ist der Spuk vorbei und die Sonne strahlt herrlich warm.
Die Mücken halten sich stark
in Grenzen und kann man heute sogar ungeschützt einige Minuten im Freien
stehen.
Bis zu Jake’s Corner sind es
nur 15km, ein kleiner Warmmacher für den Kaffee.
Es geht sogar meist bergab.
Doch dann werden aus 15km immer mehr und Jake erscheint nicht.
Als Ich endlich auf den
Tankstellenhof rolle, wirkt die Szenerie seltsam still. Oh ne, nicht schon
wieder. Alle Türen abgeschlossen, bei genauerem hinsehen, ist die Passage
Kaffee, Restaurant, etc. im Druck geblasst worden. Ich gehe hinüber zum
Zapfsäuleninsel.
Na hoffentlich ist noch jemand da |
Eine ältere Frau sitzt mit ihrem Sudoku Heft und schaut kaum auf. Ist wirklich alles zu? Ja, schon seit einem Jahr, aber ich habe doch Schilder auf dem Highway gesehen?
Was kann ich dafür, das sie die Schilder nicht wegnehmen.
100:1 in Polen wäre es möglich gewesen einen Kaffee zu bekommen, zumindest vor einigen Jahren noch. Hier, herrscht nur verbitterte Apathie. Das Gelände steht zum Verkauf. 12 Acres, gute 5 Hektar und sie finden auch keinen, der es mieten will.
Es hilft nichts, sie will in
ihrem Sudoku nicht unterbrochen werden und jetzt spontan einfach einen Kaffee
anzubieten, ist auch nicht ihr Ding.
Ich verlasse die trostlose
Szene. Tanken nur bei eigener Befüllung, mehr Angebot gibt es nicht mehr in der
langen Geschichte der Raststätte Jakes Corner.
Also wieder 110km ohne
irgendeinen Support. Mit dem Auto ist es gut 1 Stunde Fahrzeit, den Rest hatten
wir schon. Wer braucht da einen Kaffee in Jakes Corner, wenn Whitehorse sogar
ein TwoTim Town ist, das heißt gleich zwei Stores im Ort vorhanden sind.
Meine Motivation sinkt ins
unterirdische. Dazu die stärker werden Schmerzen beim Bewegen der rechten
Hüfte. Links geht das nun auch los. Ich brauch’ einfach mal ne Pause.
Aber immer nehme ich mir vor
nicht abzubrechen, ich will Whitehorse mit dem Fahrrad erreichen.
die canadische Antwort auf den russischen GAZ |
Whitehorse, der nördlichste Punkt meiner
Reise. Insgeheim will ich in den Süden. Natürlich macht das voll Spaß ohne
großen Verkehr auf dem Highway einsam herumzugondeln, aber einen Hauch von
bezahlbarem Luxus hätte ich dann doch gerne.
Ohne große Pausen erreiche
ich die Vororte von Whitehorse. Das erste Begrüßungsschild kommt bei 20km
vorher. Von da an geht es eigentlich nur noch bergab, mir wird klar, warum
Tamekano als erstes nach downhill fragte. Sollte mein Plan nicht aufgehen,
steht mir das auch bevor. Ich habe mir längst vorgenommen, nicht dieselbe
Strecke zurück zu fahren.
SS Klondike |
Whitehorse 1914 |
schauen.
Ergo, es ist immer das gleiche Problem, es dauert zu lange.
Auf dem Weg zum endgültigen Ruheplatz 1965 |
Ergo, es ist immer das gleiche Problem, es dauert zu lange.
Einzige Hiobs Botschaft an
diesem Tag, die Schwimmhalle befindet sich bergan am anderen Ende des Ortes.
Also morgen als erstes einmal kräftig in die Pedale treten. Ansonsten ist alles leicht
zu finden, Bücherei, 24h Horton und Walmart, der aber wieder mal geplündert
aussieht. Es ist keinesfalls so, dass ich 3min vor Ladenschluss komme, aber die
Lebensmittelabteilung sieht vorsichtig ausgedrückt nach begrenztem Sortiment
aus.
Draußen auf dem riesigen
Platz stauen sich die Camper. Es gilt aus Geheimtip und Campern, dass man
einfach mit dem Ladenleiter sprechen muss und schon hat man einen kostenlosen
Overnight Parking place. Das hilft mir freilich gar nicht, es sei denn sie
spendieren einen Bohrhammer und einige Dübel.
Ron, Politiker der First Nation |
Und während ich da sitze
spricht mich Ron von hinten an.
Eigentlich will ich nur Kaffee, wifi und Ruhe und doch drehe ich mich um und entdecke, Ron ist Angehöriger der First Nation.Und dabei politisch engaggiert. Ich frage ihn, ob er auch Canada Day gefeiert hat. Nein sagt er, das ist für uns kein Feiertag und damit kommt es zu einem der spannensten Gespräche über die Situation der First Nation in Canada. In der Sicht der First Nation bedeuten nämlich die vielen erreichten Ergebnisse im gemeinsamen Zusammenleben längst nicht viel. Und unter der Oberfläche herrscht auf beiden Seiten eine große Unzufriedenheit über die jeweils andere Seite.
Sie geben uns unsere Checks, aber wirklich anerkennen tun sie uns nicht, immer müssen wir um alles betteln.
Die Bildungschancen seien für die First People ungleich schwieriger, als für die Weißen sagt er und damit ist klar, Bildung ist der Schlüssel zu wirtschaftlichem Erfolg.
Eigentlich will ich nur Kaffee, wifi und Ruhe und doch drehe ich mich um und entdecke, Ron ist Angehöriger der First Nation.Und dabei politisch engaggiert. Ich frage ihn, ob er auch Canada Day gefeiert hat. Nein sagt er, das ist für uns kein Feiertag und damit kommt es zu einem der spannensten Gespräche über die Situation der First Nation in Canada. In der Sicht der First Nation bedeuten nämlich die vielen erreichten Ergebnisse im gemeinsamen Zusammenleben längst nicht viel. Und unter der Oberfläche herrscht auf beiden Seiten eine große Unzufriedenheit über die jeweils andere Seite.
Sie geben uns unsere Checks, aber wirklich anerkennen tun sie uns nicht, immer müssen wir um alles betteln.
Die Bildungschancen seien für die First People ungleich schwieriger, als für die Weißen sagt er und damit ist klar, Bildung ist der Schlüssel zu wirtschaftlichem Erfolg.
Ich habe in Ft. Nelson
mehrfach First Nation gesehen, vorsichtig ausgedrückt, unsauber gekleidet, mit
einem gewissen Alkohol Flavour, sicher ein Zufall, keinesfalls zu
verallgemeinern. Und hinter Watson bin ich durch eine First Nation Community
gefahren. Viele Leute in jungem Alter auf der Strasse. Die Häuser bweußt sehr
einfach.
Jedes Mal, wenn ich darüber nachdenke kommen mir die Roma in Tschechien und Slowakia in den Sinn, die ich in teilweise bizarren Lebensverhältnissen nur wenige Querstrassen abseits der weißen Bevölkerung beoabachtet habe. Parallelen drängen sich auf, auch wenn der Ursprung ein ganz anderer ist. Aber auch in Europa leben eben Menschen nur einen Steinwurf von den touristischen Zentren entfernt am Rande der Menschlichkeit und auch dort geben sich beide Seiten gegenseitig die Schuld für das jeweilige Scheitern.
Jedes Mal, wenn ich darüber nachdenke kommen mir die Roma in Tschechien und Slowakia in den Sinn, die ich in teilweise bizarren Lebensverhältnissen nur wenige Querstrassen abseits der weißen Bevölkerung beoabachtet habe. Parallelen drängen sich auf, auch wenn der Ursprung ein ganz anderer ist. Aber auch in Europa leben eben Menschen nur einen Steinwurf von den touristischen Zentren entfernt am Rande der Menschlichkeit und auch dort geben sich beide Seiten gegenseitig die Schuld für das jeweilige Scheitern.
Der Tag geht zu Ende. Ich
genieße seit langem das Sitzen auf einer Parkbank am Yukon, jenem Fluß der
schiffbar von hier bis nach Alaska führt und dort ins Polarmeer fließt. Kaum
Mücken, ein wunderbarer Sonnenuntergang, ein Essen im Freien. Oh, wat scheun.