Di 3.6.
Cola ist billiger als
Mineralwasser
Es ist eiskalt, das
Thermometer steht bei -0,8°, als ich den Rest Müsli zum Frühstück bewältige.
Ich mag seit langem kein Müsli mehr, immer gibt es Müsli, wenn wir unterwegs
sind, aber fast jeder glaubt, es verleiht einfach mehr Kraft, als so’n olles
Brot. Ich auch.
Es dauert heute länger, bis
es warm wird, hohe Tannen auf diesem Campingplatz stehen der Sonne an diesem
Tag im Weg. Kurz nach 08:00h bin ich auf der Strasse. Einige Womos vom Platz
überholen mich und grüßen freundlich. Wir
sehen uns in Jasper. Drive safety. Noch 77km.
Die Strasse geht
flussabwärts, nach den beiden vergangenen, anstrengenden Tagen fährt sich das
Rad heute fast wie von selbst. Es gibt einige längere Abfahrten, aber mehr als
58km/h kommen leider nicht dabei heraus.
Erste Station ist das
Sunwapta Falls Resort. Ich mache die Augen zu, als ich die $3,35 für den lütten
Kaffee auf den Tisch lege. Es wird Zeit, das ich aus dem NP verschwinde, mir
geht dieses zahlen-sie-ruhig-etwas-mehr,-sie-sind-schließlich-im-NP
auf die Nerven.
Aber es läuft gut an diesem
letzten Tag auf dem Icefield Parkway, ich komme gut voran und könnte sogar
schon um 13:00h in Jasper sein. Ganz ohne Anstieg geht es dann doch nicht, kurz
hinter den Athabasca Fällen kommen 5 bissige ca.100m Anstiege, die jedesmal den
Rhythmus kosten. Mit voller Fahrt hinunter und dann im ersten Gang wieder oben
ankommen. Aber im Gegensatz zu gestern nicht atemlos.
14km vor Jasper setzt dann schließlich
die finale Abfahrt ein und sie reicht fast bis ins Ziel, zum Glück entdecke ich
6km Jasper eine Autokolonne seitlich auf dem Standstreifen stehend. Von weitem
sehe ich Leute mit riesigen Kameraobjektiven im Wagen stehend aus dem
Sonnendachfenster in die Natur blickend.
Ich weiß, was jetzt kommt
und versuche bei voller Fahrt die Kamera aus der Jacke zu manövrieren.
Bär Nr.2 ist ein Grizzly,
direkt am Abhang 6m von der Strasse mit Schnauze dicht über dem Erdboden
schnüffelt. Er guckt gar nicht hoch, schert sich nicht im Geringsten um die
vielen Zuschauer bei seiner Mahlzeit und könnte doch rasant schnell die 6m
überwinden. Keiner der am Rand stehenden tut etwas für die Eigensicherung. Und
der puschelige Freund Petz steht im Moment wohl mehr auf Löwenzahn, als auf
Frischfleisch. Wildlife Safari, mittendrin als nur dabei.
Nach einer guten Serie
Bilder geht die Fahrt weiter und ich entdecke auf dem Bahnhof wieder einen
Personenzug. Wieder sind Hobbyfotographen da und ich bemerke, alles Quatsch,
was ich neulich noch für die Realität hielt. Es ist der Canadian, der hier einen Lokwechsel erhält und er ist der einzige durchgehende Expresszug, Der Rocky Mountaineer fährt
nicht bis Toronto.
Ich mache mich auf zum
Bahnhof. Der Zug ist gesichert durch Maschendrahtzaun, niemand soll dem Zug
unbemerkt zu Nahe kommen, vielleicht gibt es irgendwo ein besseres Foto. Im
Bahnhof warten die Passagiere. Für Europäer biete sich ein merkwürdiges
Schauspiel. Alle haben ihre Koffer wiegen lassen müssen, sie sind nun
versiegelt und nun warten sie geduldig bis sie zum boarding aufgerufen werden.
Das Durchschnittsalter liegt
geschätzt eher zwischen 65-75Jahren. Junge Leute sehe ich kaum welche.
Wahrscheinlich Leute mit Herzproblemen oder Flugangst, oder beides.
Warum macht man das,
wenn man nicht gerade passionierter
Eisenbahnjunkie ist? Und lässt vor allem, die überaus aufwendige Prozedur über
sich ergehen. Aber wie neulich schon zu beobachten, alle nehmen ihre Sache hier
sehr ernst, auch wenn sie aus europäischen Augen höchst merkwürdig erscheint.
Der drohende Platzregen
lässt zur Parkverwaltung eilen, es gibt wenig neue Informationen, aber das
Angebot des free wifi, allerdings ist der Server so überlastet, das bei meinen
letzten Akkureserven Minuten vergehen, ohne das der Seitenaufbau gelingt.
Ich bin gereizt. Ich brauche
Strom und ich lese nur …verbinden mit…
Also einpacken und zu
Tim Horton eilen, endlich wieder
bezahlbarer Kaffee; der Laden ist gerammelt voll, überall sitzen vor allem
junge Treckingpeople mit Laptop oder Smartphone. Es ist für mich ein Phänomen;
das Essen ist nicht besonders großartig und der Kuchen überhaupt nicht mit
Junge (Lübecker Cafe Kette) zu vergleichen, aber der Laden brummt. Man steht
hier gern in der Schlange an nur einen Pappbecher mit etwas Fettgebackenem zu
bekommen.
Das Skypegespräch kommt auch
hier nicht zu Stande, ich sehe Ellinor zwar, aber wir hören uns nicht. Es ist
zum heulen, da bist du auf dem ganzen Parkway nicht zu erreichen, so zu sagen
im off, kommst wieder in die Zivilisation, gehst in den Kaffeeshop deines
Vertrauens und stellst fest, die Idee hatten auch andere um 14:00h nachmittags.
Kein Anschluss unter dieser Nummer.
Ich schreib’ demnächst nur
noch Postkarten- wie früher, die kommen wenigstens an und ich hab nicht den
Stress täglich nach einer Verbindung zu suchen. Also gehe ich ins Schwimmbad.
Ausgiebig duschen für $3,95. Nur duschen, das Schwimmbad öffnet erst in einer
halben Stunde, aber ich will auch nicht planschen oder rutschen.
Auch diese Idee hatte ich
offensichtlich nicht allein. Die Wilderness-Campingplätze bieten alle keine
Duschen, da ist ein gewisser Nachholbedarf bei einigen Reisenden.
Und dann muss man doch mal
ein Ass spielen, die örtliche Bücherei öffnet hier von 10-8pm es gibt Strom
ohne Ende, und einen formidablen Internetstream. Und- ich bin allein.
Unglaublich, diese Idee hatte heute anscheinend noch keiner. Ich verabschiede
mich mit einem aufgeladenen Netbook bei der Bibliothekarin bis zum nächsten Tag
um 10:00h.
Es gebe zwei
Einkaufsmöglichkeiten war die wichtigste Information im Parkcenter. Leider kein
Safeway, wie in Banff, sondern deutlich kleiner, aber preislich gerade noch zu
akzeptieren. Leider setzt man auch in diesem Laden mehr auf den Absatz von
Softgetränken. Unverständlicherweise ist die Mineralwasserflasche deutlich
teurer, als die 2l Bombe Coke.
Bleibt noch die Frage des
Zeltplatzes. Alle Zeltplätze liegen dummerweise ab 6km im Süden der Stadt. Ich
entscheide mich für die Flucht nach Norden und finde 3km außerhalb der Stadt
und 50m abseits des Yellowhead Highways eine typische Picknickstelle früherer
Zeiten und habe einen sagenhaften Ausblick am Abend.
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