Castle Mountain Massiv am Sonntagmorgen |
So.,1.6.
Der Geist ist willig, das
Fleisch ist schwach
Ich kann die Zahl 3,1° auf
dem ostertag’schen Küchenthermometer um 4:45h ablesen und beschließe spontan liegen
zu bleiben. Obwohl ich eigentlich zur Elchpirsch nach Castle Mountain kam, aber die Temperatur lässt den Geist willig erscheinen, allein das Fleisch ist schwach. Lass’ so viele Elche in Moose Meadows erscheinen, ich bleibe hier.
Selbst später um 07:45h ist
es immer noch nicht angenehm. Ellinor spricht dann immer von den Eisheiligen,
jener mysteriösen Bande, die für kalte
Witterungseinbrüche im Mai verantwortlich sein soll.
geschlossener Campingplatz |
Einen Kaffee im Castle
Mountain Chalets-store und ich begebe mich auf die Pirsch. 3 Tage habe ich
gewartet, heute soll der Mountaineer wieder hier durchgehen. Also setze ich
mich neben die Schienen und warte. Um 10:10h geht alles ganz schnell, ein
kurzes Horn, das Schrankensignal und der letzte verbliebene transnationale
Personenzug erscheint.-Fast Leer!
Ich mache mich auf den Weg,
die Fahrt soll heute nur bis Lake Luise gehen, dem zweiten touristischen
Höhepunkt im Nationalpark, Ich habe es nicht eilig.
Die erste Fehlentscheidung
des Tages ist, nicht den Highway1 zu nehmen, sondern die more scenic road, Highway 1A,durch das Bow Valley.
Vom
Schwerlastverkehr befreit verspricht die Strasse tolle Ausblicke und die Sicht
auf Wildtiere. Was immer verschwiegen wird, die Strasse ist der Natur angepasst
und schon nach 5km muss ich 3x vom Rad. Die Begeisterung für die more scenic
road sinkt gewaltig.
Bei Km 27 kommen jede Menge
Freizeitsportler auf ihren MTB entgegen. Herangekarrt aus Jasper wollen sie
einen 25km Ausflugsritt unternehmen, dann werden sie wieder eingeladen und es
geht zurück nach Norden. Fahrradfahren in Canada. Ich habe inzwischen Mühe
diese Art der Fahrradfahrer in Canada ernst zu nehmen. Da sind mir doch die
TransCanadafahrer und weltreisenden erheblich lieber.
Der zweite Fehler des Tages
ist ein Gesamtproblem. In Lake Luise ist nämlich eigentlich nicht der Ort den
ich erwarte, sondern mehr eine Pausenstation für Tagestouristen. Zunächst
übersehe ich auf der Abfahrt in den Ort das vor mir lauernde Viehgitter, ein
sogenanntes Texas Gate. In Norwegen sind in den Berggebieten die Strassen durch
querlaufende Stahlrohre unterbrochen. Ferrist
heißen die in Norwegen; in Kanada gibt’s die also auch, ich muß das Schild
übersehen haben und rase mit 45km/h über diese Viehbrücke. Fast 10cm Abstände
zwischen den Stahlrohren. Zum Glück bleibt alles heil und vor allem am Rad.
In der Visitor Information
des Jasper Nationalparks ist die Touristenfrau ungemein empathisch. In einem
Satz zusammengefasst sagt sie, wir haben
keine Saison, die beginnt erst Ende Juni und der einzige geöffnete Campingplatz
befindet sich 138km von hier. Ach und Verpflegung auf der 230km langen Strecke
bis Jasper ist besser hier zu kaufen.
Mehr Aussagen gibt es nicht.
Sie hätte auch sagen können, Alter, du
bist zu früh, dein Problem,ist jetzt nicht die Zeit, komm später wieder.
Inzwischen habe ich diese
Aussagen so oft gehört, das es nervt, aber es ist nichts zu machen;
Winterschlafcanada hat noch nicht geöffnet.
Also trotte ich in den
Supermarkt. Wucher ist anscheinend in Canada kein ahndungswürdiges Vergehen.
Die 1,5l Flasche Mineralwasser kostet $3,99, bisheriger absoluter, landesweiter
Rekord! Es gibt nichts, was auch nur den Anschein bietet, preisgünstig zu sein.
Vor dem Bow Pass |
Das ist mein Dilemma. Die
Wohnmobiler kommen aus Canmore mit vollen Küchenregalen, ich kann nur für 2,5
Tage Proviant mitschleppen. In Mitteleuropa ist das kein Problem und habe ich
die Warnung im Ohr, Lebensmittel besser hier kaufen. Das Cafe vermeide ich gleich
und fahre lieber zu Husky. Aber der Tankstellenkaffee kostet auch $2,90.
Willkommen in der Toptouristenregion Canadas. Es nervt mich an. Der
Lebensmittelladen liegt direkt am Transcanada; hier gibt’s also wirklich kein
logistisches, sondern ein Profitproblem. Touristenabzocke, mir fällt nichts
anderes dazu ein.
Mußt ja auch nicht dort
hinfahren, wenn Du Dir das nicht leisten kannst oder willst.
.
Dann folgt der letzte Teil
des Dramas, natürlich komme ich auch heute nicht in den Park, ohne die Maut zu
bezahlen, weitere $9,80 werden fällig. Und mir ist völlig klar, dass ich in
einem Tag auch nicht durch den Park bin. Ich zahle für geschlossene
Campingplätze, nicht vorhandene Tiere, vom Frost zerstörte Seitenstreifen und
die Erfahrung mit dem Rad auf mehr als 2000m Höhe fahren zu dürfen. Wind,
schwitzen, fluchen, frieren, schreien, alles inklusive.
Und dann geht’s los. Während
im Kootenay NP es immerhin lange flache Passagen gab, geht es im Jasper NP
eigentlich von Beginn an 3h lang fast nur bergauf. Dafür aber erscheint eine
Landschaft, die ich bisher so noch nicht gesehen habe, die beim besten Willen nicht
mehr zu beschreiben ist und den Anstieg auf den Bow Pass vergessen lässt. .
Bleibt die Frage der
Übernachtung. 30km vor dem Pass lasse ich einen halbgeöffneten servicefreien
Campingplatz links liegen. Für $18 eine steinige Liegewiese finde ich auch
selbst. Ich wollte eigentlich vor dem Bow Pass an diesem Tag bleiben, aber die
Suche gestaltet sich zunehmend schwieriger, weil hier oben einfach noch
reichlich Schnee liegt.
Am Crowfoot Gletscher |
So nehme ich als erstes den Pass am Crowfoot Gletscher, wo ich Brigitta und Fritz aus Luzern treffe; die beiden haben
sich für einen sehr hohen Betrag ein Wohnmobil geleistet und wollen nun nach
Alaska.
Brigitta erzählt, das sie in
den letzten Tagen 7!Bären gesehen hat.
Ja, was willste da sagen,
das ich jeden Menge Erdmännchen gesehen habe, lol,
Übrigens, eine leichte
Korrektur, Erdmänner muss der falsche Ausdruck sein. Hier in Canada heißen sie
Ground Squirrel, also Bodenhörnchen, oder so ähnlich.
Brigitta und Fritz aus Luzern |
Wir werden gemeinsam Zeuge
eines Lawinenabgangs im Dolomitengebiet.
Der Bowpass ist im
Scheitelpunkt wieder unspektakulär und hier, diesseits der Schneefallgrenze,
ist die Temperatur unangenehm kalt. Es gibt noch kein Stückchen schneefreie
Wiese für eine Nacht.
Also weiter und damit
beginnt der beste Tagespunkt. Mit einer Geschwindigkeit von mehr als 70,28km/h
nagelt der Trecker unbeirrt die Abfahrt von der Passspitze herunter. Neuer
Rekord!
400 Höhenmeter in gut 10km.
Absolut irre und die Entschädigung für die quälenden Stunden im einstelligen
Km/h Bereich beim Anstieg zum Pass.
Der Campingplatz ist
gesperrt und damit müssen die Schweizer leider draussen bleiben. Mit ordentlich
Schwung am Gatter vorbei gehört der verlasse Campingplatz dem Reiter ganz
allein.
Ein unglaublich schöner
Platz von Bergen umgeben; Öffnungsdatum ist Ende Juni.
Da keine Antibärenschränke
in der Nähe sind, muß die Futtertüte im DamenWC übernachten. Soll der Bär doch
das Frauenklo auseinander nehmen.
Bow Lakes |
Wohnschiff mit Beiboot |
Aber auch dieser Platz
besitzt fast keine Servicehäuschen, die erste Reihe gehört wie immer den
rollenden Wohnschiffen; die Camper werden ins Abseits gedrängt. Und dabei gibt es
fast keine Preisunterschiede zwischen einem 8m Caravan und einem Fahrradtouristen
mit Zelt.
Viele besonders große
Caravans haben sogar noch einen mittelgroßen PKW im Schlepptau. Inzwischen habe
ich mich an den Anblick gewöhnt, zui Anfang habe ich mehrmals geschrien, eyh Alter, fahr doch nicht do sicht auf, du
Idiot.
Auf dem Campingplatz Waterfowl Lakes |
Alle zahlen hier fast den
gleichen Preis, von Wasser und Strom einmal abgesehen. Aber eine weitere
Differenzierung ließ sich wohl vor der Autolobby des Landes nicht durchsetzen.
In Norwegen ist das übrigens ähnlich, auch dort gibt es unverständlicher Weise
keine Differenzierung zwischen CO2 Schleudern und sanftem Tourismus. Schade.
Um 22:00h hat das
Thermometer, nachdem die Sonne weg ist, die 0°Grenze erreicht.
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