tramps like us, baby we were born to run...[Bruuuuce1975]

Anmerkung: Wir stellen das Blog jetzt wieder online, um noch ausstehende Korrekturarbeiten abzuschließen.
Ausserdem sollen später Inhalte dieses Blogs in das neue Projekt übernommen werden.

[Arbeitstitel] ukrainisch/russiche Notizen 2016 unter blogger


Freitag, 7. November 2014

Los Gatos

Skateboards sind äußerst angesagt, hier ein Parkplatz
Do.,6.11.
Quälerei mit Ansage
Ich werde früh wach und erlebe Theresa bereits bei den Vorbereitungen für ihren heutigen Tauchgang. Sie hantiert an schweren Pressluftflaschen und schafft eine große Menge Material ins Auto. Eines ihrer Tauchreviere ist die Bucht vor Monterey. James hat heute Abend ein Eishockeyliga Spiel.

Natürlich ist das stylistisch falsch, auch wenn es Canada noch extremer ist, Eishockey gibt es nicht. Es gibt hier nur Hockey und Fieldhockey, aber das ist was für Mädchen, nordamerikanische Männer spielen Hockey, und Frauen manchmal auch. Viermal die Woche spielt er in unterschiedlichen Vereinen hier in der Bay Arena. Die große Doppelgarage gleicht einem Ausrüstungslager. Einen großen Sauerstoffflaschen Füllapparat für angereicherten Sauerstoff, mehr als ein Dutzend Flaschen, jede Menge Hockeyspielbedarf und dazu mehrere Bikes.

Ich verlasse die Beiden um 08:15h. Es ist bereits muggelig. Ich kann das jeden Tag auf's Neue kaum begreifen. Hamburg 7° Regen, Nebel, Herbstwetter im Depressionsmonat Nr.1 und hier frühmorgens erstklassiges Bikerwetter, blauer Himmel, Regen? Was war das nochmal?
 Von Los Gatos in die Berge Source: losgatosca.gov

James hat gestern die Zahl von 21inches Regen in den letzten 3 Jahren genannt. Er berechnet das mit grob 50cm. Zum Vergleich, Lübeck hat gut 50cm/Jahr, wobei ich das für gefühlt viel zu niedrig halte.

Erste Station Grocery Outlet, noch schnell irgendwas zu essen kaufen, wer weiß wie sich die Sache entwickelt und 4Liter Getränke. Es wird an diesem Tag heiß werden.
Dann geht's raus aus der Stadt.
Heute passiert es endlich. In den letzten Tagen bin immer links von von dem Höhenzug im Tal gefahren, mir war klar irgendwann würde ich über die Berge müssen, um an den Pacific zu kommen, wenn ich nicht bis nach Watsonville im Süden warten würde. Und heute ist die letzte Möglichkeit die Berge zu überqueren.
Die meisten Kollegen nehmen gleich in SF den küstennnahen, einsameren Highway 1 und lassen das Silicon Valley ausfallen.

Die Strecke verläuft zunächst wie gewohnt an endlosen Wohnquartieren, die von einer 4spurigen Strasse pro Richtung zerschnitten werden, In den Kreuzungsbereichen zusätzlich 2 Linksabbiegerspuren mehr. Lawrence Expressway nach Norden. Mit eigener Radspur.
Nach 18km erste Pause in Los Gatos. Eigentlich wohnt Martha auch in Los Gatos, aber eben nur so ungefähr. Sie wohnt in den Bergen und in meiner Unschuld hatte ich sie ausgewählt, weil Los Gatos strategisch so gut klang.
Old Santa Cruz Highway

Bis ich festgestellt habe, das sie außerhalb Los Gatos, gut 20km entfernt wohnt. Nach einem Kaffee beim chinesischen Chevron wird's ernst. Hinter Los Gatos sind es nur noch 2km bis zum Freeway.
In meiner Überheblichkeit frage ich mich, hey Brian, was hast Du? Guter Seitenstreifen zu Beginn, gut, es ist nicht schön, es herrscht viel Verkehr, die Trucks rasen an mir vorbei, aber ich bin immerhin gut 2m neben ihnen.
Wikipedia.org Santa Cruz Mountains
Und überhaupt, es sind nur 5km bis zum Lexington Reservoir. Ich wähne mich bereits oben, dann kommt das, was Brian andeutete, ich fahre alles und jede Strecke, aber auf keinen Fall Hwy 17, unvermittelt im Anstieg um eine langgezogene Rechtskurve ist der Seitenstreifen plötzlich aufgelöst. Einfach weg!

Nun wird's aufregend. Der Fels ist zum greifen nahe, die Trucks auch. Ein Strassenschild kündigt Santa Cruz 20Miles entfernt an. Nur 34km. Eigentlich ein Katzensprung, aber das hier ist Suicid mit Ankündigung. Ich flüchte und lande auf einer Nebenstrasse. Old Santa Cruz road. Die Strasse zieht gewaltig den Berg hinauf. Ein grandioser Anstieg in die Berge. Das GPS zeigt 490Hm an. Es ist heiß, sehr heiß in den Bergen. Einer der Empfehlungen für die HIV Ride Langstreckenfahrt lautet, trinke, bevor Du durstig bist, iss', bevor Du hungrig bist. Wieder einmal vernachlässige ich diese goldene Regel. Von dem alten Highway auf die Gipfelstrasse, die summit road.

Unerwartet in dieser Ecke erreiche ich den Summit store mitten in den Bergen. Zweite Kaffeepause. Von einem richtigen Dorf ist nichts zu sehen, aber der Laden hat eine stattliche Größe und brummt. Im Grunde genommen, weiß ich zu diesem Zeitpunkt nicht genau wo ich bin. Die Gäste am Tisch auf der Terrasse gefragt, Highland way, kennt ihr die Strasse? No, die gibt's hier nicht. Wie heißen die Leute, wo Du hinwillst? Kendall!, Nie gehört. Und das GPS kennt Los Gatos nicht. Das sind Momente, die mich unruhig machen. Kaum aus Los Gatos heraus, scheint die Zivilisation zu verschwinden. Eine absolute ländlich, bergige Gegend, ein paar wenige Häuser rings in den Bergen, eine mördersteile Strecke und die Leute sagen, ne, ich weiß nicht wo das sein soll.
 
Zum Glück kommt einer der Verkäufer hinzu und sagt, fahr' einfach gerade aus. Der Highland way kommt dann irgendwann. Na, wenigstens nicht falsch.
Eric heißt der Mann am Nebentisch, ein echtes Mannsbild, leitet eine technische Firma in Los Gatos und kommt oft hier herauf, um seine Mittagspause zu machen.  
Tour de France Fan Eric aus Los Gatos

Woher kommst Du? Hamburg, north Germany! Weiß ich, mein Großvater kommt aus Hamburg. Ist als Seemann der Handelmarine mit der Pamir gefahren. Ne! Doch!

Der Tag hat spannende Geschichten auf Lager, genauso spannend aber ist, das Eric, der nun gerade nicht wie ein klassischer GA I Fahrer aussieht, mir seine Liebe zur Tour de France gesteht. Klar, Alpe Du Huez kennt er, den Col de Telegraf und als die anderen Berge der Ehrenkategorie der Tour. Er stand 2004 an der Strecke als Lance die 21 Kurven nach Alpe Huez im bergzeitfahren hinauffuhr und Basso kurz vor dem Ziel noch auffuhr. Bei seinen Erzählungen glühen seinen Augen. Er hat wirklich mit gefiebert in dem Heer der Zigtausend Schaulustingen. Wir diskutieren eine Zeitlang den Causa Armstrong und es stellt sich heraus , das auch er wie viele andere nach wie vor ein sehr positives Bild vom Dominator hat.

Tagessziel Mt.Bache road Source:lomaprietawinery.com
 Die meisten die ich traf, relativieren seinen Dopingbefund und stehen auf dem Standpunkt, die anderen taten es auch.

Ich mache mich auf den Weg, begegne einem Renner, der bremst und sagt nur Mt. Bache road?Very steep! Keine guten Vorzeichen, dabei dachte ich nun zum zweiten Mal, ich wäre bereits schon oben. Die Strecke ist der Hammer. Zuerst das Massiv von ost nach west und jetzt ein Anstieg in südlicher Richtung. Santa Cruz Mountains. 
manchmal löst schon das Entdecken eines Briefkastens große Freude aus, nur wo ist das dazugehörende Haus?
Bald kommen nur noch Farmen. Hier in dieser Region war das Zentrum des Loma Prieta Erdbebens von 1989. Die Mt. Bache Road geht als Abzweiger vom Highlandway nach links weg, führt bergan und ich entdecke den ersten Briefkasten 20005. Oh ne, doch nicht noch weitere 500 Grundstücke. Aber der Mann an der Strasse sagt nur, ne, das ist ganz schnell erreicht und ansonsten denk' dran, geht alles nur noch bergab, wenn Du umdrehst. 
....den nächsten warmshowers Host fragen, wohnst zufällig au dem Berg ?

In der Tat. Die Flächenkataster sind hier unlogisch durchnummeriert. Zwei Kurven weiter stoße ich auf eine Briefkastenreihe und die ersehnte Nummer 25525. Yeah. Beim Bunte-Kuh-spielen heißt das heiß, ganz heiß! Aber wo? Im rechten Winkel geht eine gefühlte 20% Steigung bergan.
für manche Anwesen passt der das deutsche Adjektiv bescheiden einfach  nicht
Soll ich da hoch? Nein, das kann nicht Euer Ernst sein. Ich überlege, ob ich das Rad unten lasse und allein hochstapfe. Beim nächsten Mal frage ich, wie die wohnen.

Nach 400m ist es vollbracht, ich entdecke bei einem Puls von 180 bis nicht mehr messbar eine blaugestriche Holzvilla und jemand spielt in der Mittagszeit Benjo. Noch heißer. Hey Lady, ist das hier 25525? Bist Du Frank? Yep, das bin ich, aber ich muß mich setzen. Martha legt das Benjo nieder und wir begrüßen uns.
Es ist das größte Anwesen, in das ich bisher eingeladen wurde.
Meine Güte, was für ein Haus. Martha bewohnt es mit ihrem Mann Franz, der für gewöhnlich Joe genannt wird. Vorrübergehend wohnen Jamie die Schwiegertochter und ihr Sohn Jeff wieder in dem Haus. Ich brauche dringend eine Pause.
Joe's Autoharp Sammlung

Der Tag war hart, obwohl die Strecke relativ kurz war. Ich werde zum mexikanischen Abendessen eingeladen. Nun ist auch Joe und Jeff, der Karbon MTB's in Santa Cruz entwickelt, anwesend. Es ist eine entspannte Runde und der Abend ist eigentlich zu Ende, da muß ich doch noch fragen, was Joe, dem man seine 65Jahre nicht ansieht, beruflich gemacht hat.  

Joe, bist Du schon in Rente? Und es scheint, als ob er nicht so recht antworten will,... ja ich könnte, aber ich mache so... klingt wie, ich verdiehn mir etwas nebenbei... aber gut, wir können ja kurz mal nach unten gehen, dann kannst Du das sehen.
Das ganze Haus ist ein Ausstellungsort für Saiteninstrumente. In diesem musischen Haus hängen an mehreren Wänden verschiedene alte Instrumente, Joe hat sie seit langer Zeit gesammelt, als ich aber das Souterrain traue ich meinen Augen nicht. Viele Mandolinen und AutoharpsWikipedia.org Autoharp stehen an der Kellertreppe und dann bin ich mitten in einem Tonstudio. Das Höchstmaß an Understatement. Hompage Highland Studio Joe Weed Wir können ja mal nach unten gehen und ich stehe in einem Tonstudio. 
Joe Weed an seinem Kawai Flügel
Wieder entdecke ich einen KawaiFlügel, es gibt jede Menge Edel Mikrophone und Joe erklärt mir, wie er mit beweglichen Akustikelementen den Raumklang in wenigen Minuten verändern kann. Im Regieraum dann der pure Soundgenuß einiger seiner Abeiten für verschiedene Bluegrass Bands. Nein, ich weiß nicht was das ist, Bluegrass? nie gehört! Wikipedia.org Bluegrass Joe nimmt sich viel Zeit und erklärt mir sein 1991 eingerichtet Studio. Heyja, da sollst Du auch mal draufkommen. Ein Tonstudio mitten im Nichts. 
Er produziert akustische Musik,Westphalia Waltz Pytala Sie Pani, macht Filmusik und spielt selber in Bands mit. Spricht nebenbei 3 Sprachen und ist begeisterter Biker. Alles ziemlich beeindruckend. Ich schaue auf die vielen Regler, die sich wie von Geisterhand während des Abspielens bewegen. Rockmusik produziert er nicht. Es ist eine andere Welt, in die ich an diesem Abend blicken konnte Sie war den mühsamen Anstieg hierher wert.