Hinweisschild der Bürgerwehr |
Vollständiger Ruhetag
In der letzten Zeit bin ich fast jeden Tag gefahren, auch wenn' s manchmal nur kurz war, bevor es nun in die Wildnis geht, will ich einen Tag Ruhe einlegen.
Ich habe auf dem Feld gut getarnt geschlafen und selbst die Mücken haben sich später verabschiedet.
Canada verbreitet ein sicheres Gefühl, so das das Schlafen draußen, selbst in Stadtnähe keine Bedrohung, keine unberwarteten Besuche darstellt. Auf Reisen nach Europa würde ich die Plätze erheblich sorgfältiger aussuchen müssen. Kommt man in einen Ort hinein, wird man jeweils zunächst mit dem Hinweisschild der örtlichen Bürgerwehr begrüßt.
Hinzu kommt, das in einem autoafinen Land, der spontane Besuch zu Fuß fast ausfällt- was nicht mit dem Pickup zu fahren ist, bleibt links liegen.
Das Kulturcentrum |
Sicher ist das nicht zu verallgemeinern. Aber immerhin. Deutschland ist möglicherweise unsicherer.
Und doch, auch ich reise zwar mit zwei Faltschlössern, doch selten benutze ich beide, in kleineren Dörfern bleiben sie gar unbenutzt. Ich muß mich regelmäßig zwingen, wenigstens einen Teil meiner Wertsachen mitzunehmen und nicht alles am Rad zu lassen, wenn ich für 20min zu Wally verschwinde.
Was macht man also an einem Tag in einer 18.000Einwohner Stadt, die im Vergleich zu den letzten Wochen fast schon eine Großstadt ist. Akkus aufladen in der Bücherei, die Tag genießen, im Park sitzen und Geschäftebummel.
Männerladen |
St. John hat wie so oft eine rasterförmig angelegte Downtown mit Bankenviertel, kulturellem Centrum, sprich Bücherei und Theater, mehreren Thriftstores, aber sonst wenig erwähnenswertes.
Wie ein Leuchtturm wirkt der Bau der Bücherei in Downtown.
Auf meinem Weg zur Bücherei treffe ich unvermittelt auf Alfred. Eigentlich will ich im Thriftstore der Heilsarmee die Regenjacke und das Eishockey Tshirt spenden, die ich auf dem Highway auflas.
Alfred wohnt im Shelter der SalvationArmy und er macht einen fidelen Eindruck, kommt mit einem abgetakelten Fahrrad mir entgegen, den Helm verkehrt herum auf dem Kopf, it's so more comfortable, und wir reden eine Weile auf der zu dieser Zeit verkehrsarmen 98.Ave.
Alfred |
Ich frage ihn, wo denn der zweite Handschuh sei, aber er wehrt ab, er braucht nicht zwei, kalt sei ihm selten. Er gibt mir die Hand und sie ist erstaunlich weich und gepflegt. Behängt mit etlichen Tüten voller Dosen, weiß ich, was ihn heute morgen treibt.
Einige Strassen weiter wird in bar bezahlt und ich sage ihm, wo ich die beiden großen PET-Flaschen in den Müll geworfen habe.
Und dann biete ich Alfred mit seinem rudimentären Tshirt die Regenjacke und das Shirt an und er freut sich riesig und ich mich auch.
Alfred muß bald weiter, Business ist Business.
Zwei Stunden später nach dem Besuch der Bücherei fällt die Antwort auf die Frage und nu? schon etwas schwerer. Für einen Saunagang ist es zu heiß, in downtown zu öde, also zurück in die Shoppingmeile. Der Ratgeber Kanada erwähnt F.St.John nur mit 2 Sätzen; Fazit nicht besuchenswert.
St. John ist nicht Ystad in
Südschweden und auch nicht Haapsalu an der estnischen Westküste, selbst der
Vergleich mit Kolobrzeg in Pommern gelingt nicht.
The Condill Hotel, erstes Haus am Platze |
Kanadische Städte dieser
Größe sind vor allem eines. Sie sind autopraktisch, liegen meist an großen
Highways, haben eine breit aufgestellte Zone d’Activitè, haben viele Parkplätze und bieten ihren
Bürgern möglichst einen guten Recreational Park mit Rasenflächen, Tischen, Pool
und ähnlichem.
Was sie nicht sind, ist
schnell klar, sie sind nicht schön, es gibt wenig sehenswerte Architektur, die
Bauweise ist oft quadratisch, funktionell. Man kommt nicht zum Kirchen angucken nach
Fort St. John, sondern um Kaffee zu trinken bei Horton und einzukaufen beim
Canadian Tire und dafür braucht man nun weniger Backsteingebäude, sondern eher
ausreichend Parkplätze und mehrspurige Drive thru’s.
Das Schwimmbad im recreational park |
Ich liebe es am (sehr)frühen Sonntagmorgen durch die Altstadt meiner Stadt spazieren zu gehen, die letzten torkelnden Nachtschwärmer ziehen heim und genieße es die Glocken von St. Marien zu hören, die den Sonntag einläuten. Bei meinem gestrigen Besuch in St. John ist mir keine große Kirche aufgefallen. Es stellt sich also die Frage, was macht eine Stadt lebenswert und interpretieren die Kanadier lebenswert unter Umständen ganz anders als die Holsteiner?
Alibi Fahrradständer vor d. VisitorCenter |
Und was empfinden Kanadier, wenn sie Deutschland oder das mittelaterliche Lübeck besuchen?
Alles zu klein? zu niedlich?
Peter Schroder |
...Und, es ist nicht zu glauben, während ich im fast leeren Tim Horton um 7:00h sitze und den Post beeende, werde ich plötzlich von Peter angesprochen. Hab ich Dich nicht gestern am South Taylor Hill gesehen?
Peter arbeitet für Shell in der Erdgasproduktion und befriedigt seinen Kaffeedurst. Nach dem ersten Satz stelle ich ihm die Frage, biste Du gebürtig in Kanada? Nein, er stamme aus Holland und lebt seit 1976 hier, erst in Ontario, als Gewächshausfarmer, I had a greenhouse und nun seit längerem in der Erdgasindustrie. Die in Deutschland aufkommenden Fragen des Fracking wischt er mit einer Handbewegung vom Tisch, es gibt hier im Norden keine nennenswerte Umwelbewegung, keine großartige Politik, hier, wo jeder irgendwie von dn Bodenschätzen abhängig ist.
6 Wo arbeitet er hier, dann geht er in der Freizeit nach Ontario. Diese Stadt ist fürchterlich, ja, aber eben praktisch, aber zurück nach Europa,nein, da komme er nur als Tourist.
Zurückgehen würde er nie wieder, er liebt die Natur und er genießt es hier zu leben.
Peter arbeitet für Shell in der Erdgasproduktion und befriedigt seinen Kaffeedurst. Nach dem ersten Satz stelle ich ihm die Frage, biste Du gebürtig in Kanada? Nein, er stamme aus Holland und lebt seit 1976 hier, erst in Ontario, als Gewächshausfarmer, I had a greenhouse und nun seit längerem in der Erdgasindustrie. Die in Deutschland aufkommenden Fragen des Fracking wischt er mit einer Handbewegung vom Tisch, es gibt hier im Norden keine nennenswerte Umwelbewegung, keine großartige Politik, hier, wo jeder irgendwie von dn Bodenschätzen abhängig ist.
6 Wo arbeitet er hier, dann geht er in der Freizeit nach Ontario. Diese Stadt ist fürchterlich, ja, aber eben praktisch, aber zurück nach Europa,nein, da komme er nur als Tourist.
Zurückgehen würde er nie wieder, er liebt die Natur und er genießt es hier zu leben.
In Europa ist alles viel zu eng, viel zu gestresst. Hier ist alles etwas entspannter.
Alberta hat mehr Öl als Saudiarabien und in den nächsten Jahren wird sich die Anzahl der Gasfördertürme von 400 auf 3000 erhöhen, alles sei voller Gas, sagt er.
Kanada ist zu groß und hat riesige Naturresourcen, wahrscheinlich fällt es tatsächlich nicht auf, wenn weitere Fördereinrichtungen entstehen, irgendwo in den tiefen Wäldern im Hinterland. Ich bleibe nachdenklich zurück, es ist Sonnatg, aber der Laden vibriert, dauernd kommen neue Arbeiter. Sonntag? Ruhetag? Irgendwie nicht in Kanada.
typische Einfamilienhäuser in einer Seitenstrasse |
Also vergeht die Zeit mit
Einkaufsbummel, Kaffeetrinken, ohne das wirklich was neues entsteht. Ruhetag.
Inzwischen kenne ich den Walmart auswendig, mein Kaufdrang ist nicht besonders
ausgeprägt. Alles hängt davon ab, ob Ellinor mich im Spätsommer besucht, bis
dahin werde ich es tunlichst unterlassen, irgendwelche unnützen Dinge zu
kaufen.
Ft.St.John Alaska Highway Sonntagmorgen 06:00h |
Um 18:00h bin ich wieder auf
„meinem“ Campingplatz und bereite die morgige frühe Abfahrt vor.
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