tramps like us, baby we were born to run...[Bruuuuce1975]

Anmerkung: Wir stellen das Blog jetzt wieder online, um noch ausstehende Korrekturarbeiten abzuschließen.
Ausserdem sollen später Inhalte dieses Blogs in das neue Projekt übernommen werden.

[Arbeitstitel] ukrainisch/russiche Notizen 2016 unter blogger


Freitag, 20. Juni 2014

Jackfisch Creek

Zeltwand innen am nächsten Morgen
Mi.,18.6.
Die fressen mich auf.
Mücken belagern das Zelt. Ich höre sie, sie riechen mich. Obwohl ich gestern abend ausgiebig gebadet habe.
Irgendjemand hat mir erklärt durch reichlich Seife, würden sie mich nicht so schnell finden, alles Quatsch.

Nur jetzt keine falsche Aktion, alles zusammenpacken, dann das Innenzelt auf und die Jungs überrumpeln, schnell sein, es wird eine Zeit dauern, bis sie eine Stelle im Vollzeug oder an der Hutkrempe gefunden haben, dieser kunstvoll von Ellinor gestalteten AntimückenHut, die Zeit ist mein Vorteil. Schnelligkeit ist das Gebot der Flucht.

Alles muß an's Rad. Das Rad muß erneut durch die Furt und das ist der Schwachpunkt in meiner Verteidigungsstrategie, Strümpfe aus, Vordertaschen wieder ab und mit dem Rad durch den Morrast. 2m breiter, 20cm tiefer mooriger Waldboden.
Ich hasse sie, so oft habe ich sie in letzter Zeit gesehen, diese unterbeschäftigten, möchtegern-harten Männer, die mit ihrem Quad, sie neenen es hier ATV, seitlich neben dem Highway durch den Modder fahren und damit die Feuerschneisen aufwühlen. Aus Freude am Fahren. Gib alles, sei ein harter Typ.
Brutgebiete

Start. Um es kurz zu machen, man muß auch mal verlieren können, sportlich sein, das Rad geht nicht elegant durch den Sumpf, alles dauert viel zu lang, ich komme nicht schnell genug an die rettende Strasse. Vorallem aber herrscht wieder kein Wind an diesem Tag. Rettender Wind. Absolute Flaute.

Wochenlang hat er mich gequält, aber heute, wo er gebraucht wird, ist alles still. Und total schwül. Und es sind einfach irre viele Mücken. Unglaublich, hatten wir so etwas jemals zuvor?
Wie kann es sein, das man sich immer wieder antut? Da fahren wir seit mehr als 10Jahren in die Epidemie  Gebiete dieser Brut Nordskandinaviens und jedesmal sind wir am schreien, fluchen, toben, und nächstes Jahr planen wir gleich wieder eine Reise in die Richtung und sagen uns, so schlimm wird's diesmal schon nicht werden.

Und im Moment ist es unvorstellbar, ich strampele im Vollzeug den Berg hoch, ich schwitze, die Mücken holen auf, beim umziehen bin ich umzingelt. Wie gesagt, nackte Männerbeine und north BC, das passt nicht zusammen.

Es wird so bleiben, noch 139km geschätzte Km bis Fort Nelson. Ich freue mich auf Tim Horton, auf Kaffee. Reichlich Kaffee.
Mit etwas Glück könnte ich heute noch einmal richtig bolzen und käme bis auf 10km heran.
Wunschträume. Die schnell von der Wirklichkeit eingeholt werden. Drei Anstiege in Folge und ich gebe resigniert auf. War sowieso kaum zu schaffen, also mach langsam.

Dann kommt doch noch etwas Hoffnung auf. Prophet River wird angeboten und das Ortsschild weist deutlich auf eine Tankstelle mit Restaurant hin. Nach 45km ein Pause, KAFFEE! Vielleicht ein Neustart.
Zwar hatten alle die Existenz dieser Tankstelle verneint, aber die Hoffnung stirbt zuletzt.
Es ist ein Fake auf meine Kosten, das Motel, die Tankstelle sind geschlossen, Kaffee gibt es hier seit 9Jahren nicht mehr, wie alte Kalender bei der Exkursion zeigen. Sie haben einfach das Schild nicht entfernt. Der Ort ist vor langer gestorben und zur Ödnis geworden. Ein Pausenplatz für Trucker. Die verfallene Holzkirche mit der einladend offenen Tür zeugt von einer Vergangenheit die lange passè ist. Da hilft auch das einzeln stehende B&B nicht mehr. Also weiter.

Und auch wenn ich es nicht jeden Tag erwähne, es ist der Wahnsinn hier zu fahren. Die Strasse hat eine beeindruckende Qualität an diesem heutigen Tag, der Verkehr ist kaum zu spüren, an einem Werktag,  alle 20min überholt mich ein Auto, 2 Trucks, dann herrscht wieder Stille. Fahrradfahren in der Einsamkeit, auf Strassen, die am Horizont enden.



Das nun alles vermuckt ist und es nicht an jedem 20km eine Tankstelle gibt, ist Teil des Abenteuers.
Ich gebe irgendwann auf. Das Rennen ist am zweiten Tag verloren worden. Ich komme in den Bergen einfach nicht über eine 100km Marke und so bleibe ich 29km vor Fort Nelson zurück und übernachte am Jackfish Creek. Wieder gab es keine Bären, keine Hirsche an diesem Tag, dafür gibt's an diesem Abend die dreifache Portion Stechgetier. Ich habe die Regenhose auf dem Heck liegen, springe vom Rad, lasse mich fallen, Schuhe abreissen, Hose an, Northface Jacke zu, Netzhut auf. Yeah, Schnelligkeit führt zum Erfolg.
Blöd ist bloß, wenn man danach sich entschließt nochmal im Jackfish zu baden. Da nützt auch keine Regenhose und die Mücke weiß das. Genauso, wie sie genau mitbekommen hat, das der Reiter viel zu viel getrunken hat und damit in der Nacht das Zelt verlassen muß. 
Sie weiß das, sie hat Zeit, sie belagert in Ruhe das Zeit, sie kann warten, meine Blase nicht.

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