tramps like us, baby we were born to run...[Bruuuuce1975]

Anmerkung: Wir stellen das Blog jetzt wieder online, um noch ausstehende Korrekturarbeiten abzuschließen.
Ausserdem sollen später Inhalte dieses Blogs in das neue Projekt übernommen werden.

[Arbeitstitel] ukrainisch/russiche Notizen 2016 unter blogger


Samstag, 28. Dezember 2013

Zurück nach 13 Jahren

 Quelle:Laup F (http://creativecommons.org/licenses/by/3.0)],wikipedia


Weihnachten 2013. Wir schenken uns nichts. Wie jedes Jahr. Natürlich! Und dann zaubert der jeweils andere plötzlich doch etwas aus dem Hut. Hmm, ja, so steht man dann da, und die Liebste von allen kommt mit einem Paket durch die Tür.    
Boxing Day 2013.
Die Überraschung ist vollständig auf ihrer Seite.
Wir fahren im Ende Januar in die Stadt meiner Kindheit. Nach Wilhelmshaven.
Mit 3 Jahren übersiedelten die Eltern von Eutin in Schleswig-Holstein in die Marinestadt am Jadebusen. Hier verbrachte ich meine Schulzeit, meine Ausbildung, meine Jugend. Irgenwann wurde die Stadt zu klein und ich mußte raus. Wie für viele andere auch. Die Jugend zog schon damals weg.1984. Es gab damals schon einfach zu wenig Perspektiven. Und noch weniger Träume. Die lagen 250km weiter ostwärts, in Hamburg. So zog ich mit 18 Jahren nach Hamburg.

Während meines ersten Lebens bin ich mit meinen Kindern und deren Mutter öfter zurückgekehrt. Nach der Trennung und dem Tod meiner Großeltern bin ich nur zweimal da gewesen.
Letzlich stelle ich heute fest, in den Wirren um 1995 ist viel mehr zu Grabe getragen worden, als nur mein Lebensentwurf von Familie mit Kindern in Ahrensbök. Es hat einen nie wieder zu reparierenden, zunächst unsichtbaren, Schaden gegeben, der mich mit der bis dahin bestehenden familiären Vergangenheit entzweit hat.
Die Jugend im streng autoritären  Elternhaus, die Flucht nach Hamburg in den Zivildienst, gegen die vorherrschenden Ideen der Familie, das Scheitern der Ehe, und letztlich die von den Eltern strategisch betriebene Kontaktaufnahme zur Ex ("wir wollen doch nur die Enkelkinder sehen"(...), all das hat den untergründigen Twist 1999 dann fulminant durchbrechen lassen.
Familiäres Blut sei dicker als Wasser, so sagt man gemeinhin, ich hab's nicht kennengelernt. Es waren viele Enttäuschungen da, die mir einen dicken Pelz haben wachsen lassen. Sie waren schlichtweg nicht da, als ich sie dringend brauchte. Das Haus bauten wir alleine ohne familiäre Unterstützung. Und so entfremdete sich auch die Stadt ebenfalls in mir.
Und doch,
an manchen Tagen, wenn ich wie durch einen merkwürdigen Zufall Fotos von Gerd von Wilhelmshaven bekomme, dann berührt es mich. Ohne Zweifel, es gibt schönere Städte. Ich selbst werde oft um die Wahlheimat, Lübeck, beneidet. Wir wohnen im vielleicht schönsten Quartier der Stadt Lübecks.

Ich bin in Wilhelmshaven-Südstadt aufgewachsen. Der Gründungszelle der Stadt, umsäumt von ehemaligen Militäranlagen, Kasernen, Bunkern, und vielen Brachen. Ich kannte viele Bunker von innen. Die Kasernen in der Jachmannstrasse; 100% Abenteuerspielplatz in unserem Kiez rund die Kaiser Wilhelm Brücke und die Südzentrale. Wilhelmshaven Südzentrale Meine Eltern haben von unseren Exkursionen nichts wissen dürfen. Heute gibt es im www Vereine, die sich der Bunkererforschung in der Stadt professionell verschrieben haben.

Zu meiner Schulzeit hatte Wilhelmshaven 100.000 Einwohner, jetzt kalkulieren sie mittelfristig mit 75.000. Die Stadt ist im Niedergang. Meine Grundschule verrammelt, die Helene-Lange-Realschule aufgelöst. Die Südstadt vegetiert heute vor sich hin, allein, an den Premium Hafengrundstücken, meiner Kindheitsbrachen, entstanden Luxuswohnungen mit Meeresblick. Schöner Wohnen am Meer.
Und doch es hat mich nie losgelassen, wenn Kollegen aus Wilhelmshaven angefangen haben, habe ich heiße Ohren bekommen. Ich habe wahrscheinlich insgeheim immer nach einem Vorwand gesucht zurück zu kommen.
Jetzt ist es soweit.  Fotos folgen

Mittwoch, 11. Dezember 2013

Preikestolen und Kjeragbolten, der eingeklemmte Stein

Designer: Ulamm, 2008 www.maps-for-free.com
  
Sörlandet, [norw., das Südland]. Schuld hat eigentlich der Pastor unserer Trauungskirche in Andenes. Durch unsere Berufe machte Erik unbewußt Werbung für eine Arbeitsaufnahme in Norwegen. Die Krankenstation in Andenes war gerade mal wieder verwaist, und er machte einfach spontan den Vorschlag dort anzuheuern. Das nächste Krankenhaus in Sortland ist über 
100 km entfernt und über Telemetrie Medizin mit Krankenstation verbunden. Zu weit für eine Fahrt mit dem Auto im Hochwinter und der Hubschrauber braucht gut 1h, in jedem Fall zu spät für einen ehrlichen Herzinfarkt.

Es reifte in uns der Plan, und 2008 hatten wir ernsthaft überlegt nach Norwegen auszuwandern. Wir hatten uns überlegt in Tromsö leben zu wollen, der Stadt am Polarkreis, träumten vom 20 Fuß Seecontainer, der alle Habseligkeiten fassen würde.
Bekanntermaßen wurde nichts draus nichts, und wir beschränkten uns danach weiterhin darauf, in Norwegen nur Urlaub zu machen, der aufgrund der seit 2008 einsetzenden Teilzeit auch zeitlich möglich war.

Im Jahre 2010 wollten wir es dann doch noch einmal wissen und besuchten Sörlandet und die Region Stavanger mit der Vorstellung, vielleicht doch noch dort arbeiten zu können. Stavanger ist eine der 4 norwegischen Städte mit Universitätsklinika. Die Ölhafenstadt am äußersten südwestlichsten Zipfel des Landes ist mit ihrer Altstadt und den restaurierten weißen Holzhäusern ein fester Anlaufpunkt für Kreuzfahrtschiffe auf dem Weg nach Bergen in Westnorwegen. Ein unglaublicher Kontrast ist der Anblick dieser riesigen Touristfabriken mit ihren mehr als 4000 Bewohnern, die die pitoreske Altstadt zu überschwemmen drohen und in die kleine Domkirche drängen.

In unmittelbarer Nähe zu Stavanger, ungefähr eine Stunde entfernt, liegen zwei der Top10 Sehenswürdigkeiten Fjordnorwegens. Nachdem ich mit Tom 1996 nach 6 Stunden im schweren Regen am Preikestolen, Preikestolen 360*, der Kanzel, vorbei gefahren bin, war der Besuch im Frühsommer nun Pflicht. Im Lysefjord befindet sich ebenfalls, 40 km weiter fjordaufwärts, ein weiteres Highlight, der KjeragBolten, ein ca. 5 qm schwerer Granit, eingeklemmt zwischen zwei Felsen, gut 1000 m frei über dem Meer. Kjeragbolten 360*
                 Auch 5 Jahre später überkommt mich, der ich eigentlich nicht auf Leitern steige, in Gedanken an das geplante Fototshooting bei der Besteigung und dem Rückweg vom Kjerag eine Gänsehaut. Ansonsten bleibt er ein absolutes "Muss"  für Leute, die den Thrill lieben, 1000 m über dem Meer,ohne irgendeine Sicherung, frei zu stehen.

Sonntag, 8. Dezember 2013

Der Beginn aller Solotouren Nordkap 71*11'21''

Finishing 1. Northcape Tour 20.7.1997
Sehnsucht nach Freiheit
This is the story about my first partly Solotour to the northcape 1997. Once in a lifetime a man should travel with a bike to the northcape.

1997. Wir kannten uns gerade 4 Wochen. Die Zeit davor hatte ich intensiv mit dem endgültigem Abschied meines Lebensentwurfes einer Familie mit Kindern und großem Haus mit Garten zu tun gehabt. In Ahrensbök war ich längst ausgezogen. Es geschah 1995, 5 Jahre nach dem Einzug und der Rückkehr aus der Schweiz. Die Vorstellung mit Haus und großem Grundstück, 2 Autos, etc. glücklich zu werden, war gescheitert, zerbrochen an vielem, nicht zuletzt an den unteschiedlichen Idealen der beiden Protagonisten. Ich verließ das Haus zuerst und teilte mir später mit Tom eine Wohnung. Übergangsweise. Von 95 qm und fast 1,5 ha zürück auf 15 qm. Lübeck Marli. Sozialer Nachkriegswohnungsbau. Die Bank hatte längst das bis dahin gemeinsame genutzte Konto gesperrt. Es war eine harte Zeit, ein schwieriger Neuanfang nach 5 Jahren Ehe, die, durch die nach dem Auzug nur sporadisch zu sehenden gemeinsamen Kinder, noch verstärkt wurde.

Den gesamtem Winter hatte ich über einer Solotour zum Nordkap gebrütet. In meiner damaligen Vorstellung muß ein Mann einmal in seinem Leben das Nordkap erreichen. Alles Geld zusammenkratzen, sich nicht unterkriegen lassen und 6 Wochen durch Finnland zum Kap. Genau 3 Tage vor Abfahrt wurde der Verkauf des Hauses in Ahrensbök notariell besiegelt. Damit endete mein Part in Ahrensbök. 

Ellinor sprang buchstäblich in der letzten Minute aufs Schiff und bekam den letzten verfügbaren lowbudget-Platz auf der GTS Finnjet, 3 Wochen vor Abfahrt. Die Finnjet hatte damals auf der Route Travemünde-Helsinki für die Sommersaison einen Teil der Salons für Massenquatiere umgebaut.
Travemünde Scandinavienkai 1997, warten auf GTS Finnjet
So begann unsere Beziehung mit einer gemeinsamen Fahrradreise mitten durch Finnland entlang des Parjänne über Jyväskylä, Oulo und Rovaniemi, ins Gebiet der Samen, nach Karasjok. Die letzte Etappe zum Nordkap am 19. July bin ich 1997 allein gefahren. Wir hatten in Russenes Hotel/Camping am Porsangerfjord Station gemacht, dem letzten Basislager vor dem Finaltag in Richtung Kap. An einem Samstagnachmittag, in bester Sommerlage begann die Soloreise. Die Sonne strahlte mit dem blauen Hinmmel um die Wette.

Ellinor würde am 20. July mit dem Linienbus zum Kap nachkommen, sie wollte 2 Tage Ruhe einlegen nach den anstrengenden Tagen, die wir durch Finnland hoch gesprintet waren, mit teilweise Tagesetappen von deutlich mehr als 110 km und abendlichen Kämpfen gegen den allgegenwärtigen summenden Feind aus dem Moor. In der Nacht zum Sonntag schlug das Wetter um und das Thermometer fiel unter 8*.

Samenland, hier haben die Rene Vorfahrt
Das Zelt, noch im besten Sonnenuntergang am Bardvatnet aufgebaut, wurde von dem Sturm bis an die Grenzen der Belastbarkeit strapaziert. An Schlaf war ab 3:30h nicht mehr zu denken. Und so versuchte ich im Schutz von Felsen ein Kaffee zu kochen. Wasser gab's ja reichlich von oben und unten. Damals fuhr noch die Fähre nach Magaröya / Mahkaravju, der Nordkapinsel, es war die Zeit vor der Inbetriebnahme des Tunnels. Im Seenebel geschah die Überfahrt. Es gab an diesem Sonntagmorgen nur wenige Kunden und nur einen Touristen. Honnigvag, der Hurtigruten Hafen, etwa 1h Seefahrt entfernt, lag verschlafen im Nieselregen, viel zu bieten hat dieser Etappenort auf dem Weg zum Kap ohnehin nicht.

 Was nach Honningsvag folgte, waren die längsten 34 km meines Lebens. Regnerisch, neblig, und gegen einen erbarmungslosen kalten, stürmischen Wind auf dem einsamen, unwirtlichen Hochplateau. Die wenigen Verkehrsteilnehmer in ihren Autos, die an diesem Morgen unterwegs waren, boten mir aus lauter Mitleid ein Platz zum Ziel an. Als nach 6,5h triefend die Mautstation erreichte und meine 100 NOK bezahlte, war ich nicht mehr in der Lage das Portemonnaie fest zuhalten, die Kronen landeten vor dem Mauthäuschen im feuchten Geröll.
http://www.demis.nl/home/pages/Gallery/examples.htm
Der 1978 errichtete Globus
Ellinor kam mit dem Bus wie verabredet in der Nacht zusammen mit den vielen anderen Bussreisenden. Es ist ein im Sommer immer wieder beeindruckendes Schauspiel, wenn sich, wie auf Knopfdruck, zur Tageswende der riesige Parkplatz vor Nordkaphalle mit Bussen der Pauschalreisenden füllt, die die Mitternachtssonne am Kap gebucht haben. Es ist die Magie dieses Namens mit den Koordinaten 71*11'21'', der jedes Jahr mehr als 600.000 Besucher in seinen Bann zieht. Dabei ist es nicht einmal der nördlichste Punkt des Festlandet; der liegt einen 1-stündigen Fußmarsch entfernt auf der Knivkjellodde, ohne touristische Infrastruktur.

An diesem Tag hatten wir leider Pech, es herrschte Sturm bis zum Abend, so das die Zeit auf der Terrasse über dem Meer am Globus draußen begrenzt war. Kein klassischer Blick mit der nicht untergehenden Sonne. Die Rückfahrt in der Nacht erledigten wir todmüde mit dem Linienbus. Russenes Camping am Olderfjord erreichten wir am frühen Morgen.
Es blieb das Versprechen, in 20 Jahren am 20.Juli 2017 wieder zurück zu kehren. Es bleiben noch knapp 4 Jahre Zeit.

Es war das erste Soloprojekt und zugleich die vorweg genommenen Flitterwochen einer ganz frischen Beziehung. Wichtiger jedoch: ich hatte den Wolf in mir entdeckt. Ungebunden sein, einfach einmal ausbrechen, Freiheit spüren. Und es hat mich seidem nicht mehr losgelassen, habe es immer wieder getan. Morgens nicht wissen, wo man abends schläft. Von Zeit zu Zeit den geordneten Alltag verlassen. Und dem Ruf des Wolfes folgen. Live your dream now....
Reloaded, nachdem der Post unerklärlich verschwunden war.

Montag, 2. Dezember 2013

Reiseberichte St.Petersburg- Verwirklichung eines Traums

Solo nach St.Petersburg[last solo tourbiking 2013,auszugsweise]
Gulf of Finland Tour:Helsinki-Tallinn-N1-Narva-St.Petersburg-Wyburg-Helsinki[2013,extracts] 
The following content tells you something about the fantastic bicycle journey from the medieval capital of Estonia Tallinn, listed on Unesco heritage list to the european border at Narva and to the former Capital of Russia St.Peterburg, foundet by Peter the Great1703.But the easiest way to see these towns, very often used by tourists, is using a cruise line journey.
Quelle:http://de.academic.ru/pictures/dewiki/70/Finnischer_Meerbusen.png
Obwohl meine Freunde und Kollegen einiges gewohnt sind, beurteilten sie meine Idee (endlich) mit dem Fahrrad alleine nach St.Petersburg zu fahren, äußerst skeptisch. In ihren Augen gab es in dem Plan 3 irre Worte: Fahrrad, alleine, Russland. Der russische Teil ist der letzte Teil des europäischen Fahrradnetzwerkes von der Atlantikküste nach St.Petersburg, Radweg R1. Da aber die Strecke  den Katharinenpalast und Gatchina nicht berücksichtigt und der Peterhof mit Ellinor aus der City erreicht werden sollte, entschied ich mich für die Südroute.
Zugegeben, es gab gleich zu Anfang Hürden, die zu nehmen waren. Ein Visa im Reisepass mußte her. Um den Antrag Visa Antrag Russland auszufüllen, nimmt man am besten die Hilfe der zahlreichen Visaangenten in Anspruch. Ich nenne unseren, Vostok, weil sie trotz mehrfacher tel. Rückfragen, immer sehr geduldig und kompetend die Sache erledigt haben. Das Konzept der Reise sah vor, das ich mit dem Fahrrad unterwegs bin, während Ellinor mit dem Flieger in St.Petersburg einschwebt und wir später auf unterschiedliche Weise zurück reisen. Knackpunkt waren meine zwei Übernachtungen außerhalb St.Petersburgs und Ellinor´s Solo-25km-Anreise vom Flughafen Pulkovo in die Innenstadt,
Mittelalterliches Tallinn
mit Metrowechsel, und wieder zurück. Die ersten 220 km dagegen sind ein Heimspiel.
Der Dom zu Helsinki,1852
R1
Tallinn  Nach der Ankunft in Helsinki und dem schnellen Lift mit einer der vielen Fährverbindungen nach Tallinn, probierte ich dieses Jahr wieder eine neue Lowbudget Herberge unter den tausend anderen Möglichkeiten aus. Familienbetrieb, sauber, gegenüber dem Bahnhof (Oberstadt), Zimmer zum Hof mit eigener Dusche und Fahrrad im besten Salon des Hotel Economy, angeschlossen an die Heizung, 22 € die Nacht, und nebenbei bemerkt, der Innenstadt-Campingplatz ist deutlich teurer. Für die ca. 220 km lange Strecke auf der N1 nach Narva waren zunächst 2 Stops geplant, dann wäre jedoch wenig Zeit für Narva selbst gewesen, das wollte ich dieses Mal ausführlicher besichtigen. Also ein weiterer Stop in Narva.
Sillamae
1. Stop in Rakvere(Wesenberg) in eigener "Fewo"  eines Arbeiter-Wohnheims, allerdings mußte das Rad in den 3. Stock getragen werden, 2. Stop in Sillamae, der Retortenstadt am Meer, ebenfalls mit freundliche Aufnahme und dann die letzten 50km durch die blauen Berge der Region Vaiwara, wo 1944 die erbitterten Rückzugsgefechte der Wehrmacht und ihrer estnischen Verbündeten stattfanden. Es ist seit langem eine Idee, den Spuren meines schweigsamen Großvaters, als 28jähriger, auf seinem Weg nach Brjansk im zweiten Weltkrieg, zu folgen. Auch er muß hier durchgekommen sein, wenn auch schlechterer Verfassung. Wie gerne wüßte ich seine Marschroute vor 72 Jahren.
Narva Grenze, alle durch diese Tür
Narva
Narva, 66.000Einwohner, 95% russische Minderheit. Im Krieg fast vollständig zerstört und dann schlecht wieder aufgebaut. Nicht gerade Architektur Unesco-preisverdächtig. Und doch, wenn man etwas Zeit übrig hat, lohnt sich ein längerer Fotoausflug zur einst größten Textilmanufaktur des Landes, Kreenholm, halb pleite,  im Süden der Stadt. Hotels sind teuer, ob der nahen Grenze, es gibt keine Alternativen, die permanente Unfreundlichkeit des Personals gibt's dafür gratis. Es bietet einen Vorgeschmack auf meine schlimmsten Befürchtungen. Der erste Eindruck schockt, das ist nicht das sympatische Estland, das ich kenne. Am nächsten Morgen geht es zur nahen Grenze, die Russen erlauben keine Fahrradfahrt über die Grenzbrücke, also schieben, wichtiger jedoch: die Idee haben an diesem Morgen viele Russoesten und herrscht unglaubliches Gedrängel. Nix mit be very british. Alle haben hier nur "Rabotti, Rabotti".
Ellinor hatte mir eingeschärft ruhig zu bleiben und so ging es nur äußerst langsam voran.
Nach einer Stunde allerdings reicht es mir dann doch und der nächste "Rabotti", der sich im viel zu engen Gang des Grenzkontrollgebäudes an mir vorbei drängeln will, bekommt erst den Lenker zu Gesicht und dann eine auch für ihn verständliche Antwort zu hören. Danach versucht niemand mehr mich abzudrängen. Ich hab auch Rabotti. Doch dann folgt die erste Überraschung des Tages. Es dauert bei der Einreise nach Russland keine 40 Sekunden und der Mitarbeiter des Zolls hält sogar die Tür auf. Nichts mit dem befürchteten Drama, alle Papiere ordnungsgemäß dabei? keine Schlange, kein Streß, und alle sichtbar freundlich im Gegensatz zu den Esten. Russia
Kingisepp Strassenszene
Nun gehts los. Welcome to Russia.180 km nach 
St. Petersburg, eigentlich keine große Nummer, aber ich will mir Zeit lassen, mich mit Russland anfreunden und an diesem Tag unbedingt das Zarenschloss in Gatchina sehen. Kingisepp ist die erste Stadt hinter der Grenze. Sie gibt einen ersten Eindruck, was mich an dem Tag erwartet. Außerdem die Probe, ob das mit dem Geldautomat auch funktioniert. Die erste Gefühlsbeschreibung nach 90 min: sie nehmen mich als Radfahrer nicht ernst, beachten mich nicht wirklich, trotz meines bunten Outfits. Und das, obwohl ich das russische Jersey mit dem Zarenadler trage. Weitere Radfahrer? Fehlanzeige. Fazit: Die Leute haben genug mit sich selbst zu tun und mit dem Fahrrad gilt man hier als unterpriviligiert. Nun, diese Ansicht gibt's in Lübeck auch. Kurz nach Kingisepp verlasse ich die bis dahin radfahrerfreundliche M20 und erreiche
Zarenresidenz Gatchina
über Nebenstrecke erst Volosovo und dann Gatchina. wikipedia Gatchina  Nach 130 km tut sich einem beim Anblick des riesigen schlichten Schlosses Gatchina das Herz auf. Im WWII. durch dt.Truppen verwüstet, ist der Wiederaufbau heute erst teilvollendet. Die Region hat mit den anderen Zarenpalästen weitere Mammutaufgaben. Was für ein Gebäude, ich komme mit einem russischen Biker zusammen, erfahre viel über den Stellenwert des Radverkehrs in Russland, leider trennen sich unsere Wege wieder. Ich hatte gehofft in Gatchina ein preiswertes Bett zu bekommen, die booking.com Herbergen verlangten jedoch 90€ und auf meine selbst gestarteten Versuche verlangten die Pensionsbesitzer ebenfalls exorbitante Summen. Obwohl ich 65 km
M20 bei Gatchina Feierabend rush hour
entfernt ein Bett für 21€ für den nächsten Tag reserviert hatte und wahrscheinlich auch vorher dort absteigen hätte können, wollte ich in der Region bleiben um am nächsten Tag Zarskoje Selo anzugucken, 25 km nördlich. Also blieb an diesem Tag nichts anders übrig als das typische Guerilla Camping; nochmals ran an den russischen Aldi, und solange fahren bis die Aussicht günstig ist. Je mehr man sich St. Petersburg nähert, desto voller die Strasse. Ich komme direkt in die rush hour hinein, obwohl nur 2spurig wird hier nun mit 4 Spuren gefahren, Trucks in der Mittelspur.
Romanovka, Guerilla Camping
Zum Glück fahren alle maximal 50km/h, weil stop-and-go. Und ich mittenmang. Aber, und das ist die zweite Überraschung des Tages: nicht einmal werde ich von der Straße gedrängt, ich kenne Gegenden in Deutschland, da ist das nicht so.Geht jetzt auch nicht mehr anders. Mein Freund Gerd würde den Kopf schütteln. Nach 20 km gehe ich nach rechts raus und finde bei Romanovka außerhalb der Sicht eine aufgelasse Kolchose und einen großartigen, unsichtbaren ebenen Platz. Sa sdorowje Pivo, zufrieden schlafe ich ein und die Autos rauschen noch lange wie das Meer.
Katharinenpalast
Am frühen Morgen nehme ich 5h Regen und der Zeltabbau geschieht in Vollkleidung. Damit gibt's auch keine Mückenstiche. Wieder zurück auf die M20. Es hat sich nichts geändert. Russland Samstag Morgen, 08:15 h, schon wieder rush hour, oder noch immer. Nach 
30 km die Abfahrt Zarskoje Selo oder Puschkin, wie es heute heißt. Zarendorf. Die Sommerresidenz der Romanovs. Ein absolutes unvermeindliches "Muss" für die St. Petersburg Touristen. Von hier fährt die Elektrischka, eine Art S-Bahn,
Zarskoje Selo normaler Samstagmorgen
Nahverkehr, in die Stadt Peter des Großen, aber ich denke nicht eine Sekunde daran jetzt vor den Autos zu kapitulieren. Mit dem Rad nach 
St. Petersburg heißt es und nicht mit der Elektrischka, ist ja wie Torte ohne Sahne!
Obwohl es erst 9:30 h ist, herrscht schon Alarmstimmung vor dem Palast in Zarskoje Selo. Jede Menge Busse und Herrscharen von Touristen. Gatchina war nur die Vorspeise, jetzt kommt das Hauptgericht, was für riesige Ausmaße, in der Sonne glänzt das Gold der Zwiebeltürme. Auch hier lohnen sich die Vergleiche der Bilder von 1945 und heute.Wikipedia Katharinenpalast Nach einer halben Stunde breche ich auf, St. Peter wartet. Kaum aus der Stadt heraus, zurück in den Stau.
KAD Schleife M20
Groß St.Petersburg
Ich erreiche Groß St. Petersburg. Die Straße ist jetzt super ausgebaut mit 4 Spuren für jede Richtung bis zum Denkmal für die Verteidiger der Stadt. Kurz vorher kommt die KAD Auffahrt, außerdem fädelt sich der Verkehr vom nahen Flughafen ein, Ellinor wird hier in 2h landen, hier bremst keiner mehr. Drei Spuren meiner bisherigen Chaussee bilden die Auffahrt, ich realisiere viel zu spät, das ich von bisher Spur 7 auf Spur 4 muß. Meine Herren, kein Wunder das es hier keine Biker gibt. Der Platz der Verteidiger der Republik ist ein Kreisverkehr enormen Ausmaßes. Niemand hat sich Gedanken gemacht, wie Fahrradfahrer von der M20 auf diesen Platz kommen sollen. Fußgängerstreifen wirken hier nur wie farbliches Deko. Im Kreis fährt man Endgeschwindigkeit. Also noch einmal von ganz außen nach innen. Hand raus und hoffen, das sie den russischen Adler früh sehen. Ein Milizwagen entdecke ich, aber die interessieren sich nicht für meine Probleme. Diese 5
Zu Ehren der Verteidiger gebaut
Millionenstadt hat andere Verkehrsprobleme als Fahrradfahrer. Das Denkmal de Verteidiger der Stadt Leningrads, wie die Stadt im zweiten Weltkrieg hieß, erlebe ich still im aufkommenden Nieselregen. Das steigert die Bedrücktheit beim Eintauchen in diese riesige Anlage. Schon einmal war ich hier, vor 26 Jahren. Michael Gorbatchow war frisch an die Macht gekommen. Damals nahm ich das Denkmal anders wahr. An diesem Tag wird Geschichte wieder Mal eindrücklich spürbar. Die 900 Tage Belagerung der Millionenstadt durch deutsche Truppen, die hunderttausenden von Verhungerten, all das findet hier seinen Widerhall. Wen das mehr interessiert, dem sei "Blokada", von Anna Reid empfohlen, einer britischen Historikerin, großartig versucht sie anhand von autobiographischen Aufzeichnungen alle Facetten dieser 900 Tage dauernden Hungerkatastrophe zu beschreiben, ebenfalls auch die der einfachen deutschen Soldaten.
Mutter Gottes von Kazan am Newsky
Station Hostel
Am Denkmal beginnt für mich der Moskauer Prospekt. 20 km schnurgerade gezogene Prachtstraße, die am Heumarkt endet. 4 Spuren in eine Richtung, geparkt wird, wo Platz ist, Fahrradwege: nicht vorhanden, fahren auf dem Gehweg unmöglich, keine Rampen, viel zuviele Fußgänger. Und hier ist es noch touristenfrei. Es gibt einen SPIEGEL-Artikel über Radwege in St.Petersburg. Hat man vor den Moskowsky Prospekt zu fahren, sollte man ihn lieber nicht lesen und es hilft ja nichts, also Helm festziehen, Walkman anschalten und jippijajey hinein ins Gewühl. Verkehr ist immer. Aber nach kurzer Zeit stelle ich fest, die fahren anders als in Lübeck, haben wahrscheinlich mehr Angst um ihr Auto, auf meiner park/looser Spur habe ich Narrenfreiheit und ansonsten Arm raus und zack. Radfahrerkollegen sehe ich sehr wenige, eine Handvoll vielleicht, meistens Kurierprofis. Hab die Kamera in der Hand und fotographiere. Es ist begeisternd. Riesige öffentliche Bauten aus der kommustischen Ära. Viel Architekturkultur. Nach gut 1 Stunde bin ich am Heumarkt, im inneren Kern. Ich ändere den Plan und fahre wie berauscht zu St. Isaak. Und dann an die Newa. Das obligatorische ich-war-auch-hier-Foto. Auf dem Schloßplatz.
Blutskirche
Zum Schluß die 4 km zum Moskauer Bahnhof auf dem Newsky Prospekt, rechts herum zum Ligovsky Prospekt. Dort liegt das Hostel.Stationhostel, 3. Stock, Altbau, gebucht über booking.com.
Station Hostel versteckt im dunklen Tor
Es ist ein wenig versteckt und hat ein Schloßcode. Als ich alles entsprechend programmiere, kommt mir eine englisch sprechende Frau lächeld entgegen und erledigt den Check-in und die Anmeldung für die Fremdenbehörde in weniger als 5min. Das Fahrrad steht eine Woche lang im Weg direkt vor dem Tresen. Fertig, so einfach war das. Sie haben ihr Ziel erreicht. Da Ellinor noch nicht da ist, bleibt Zeit nochmal auf den Newsky zurück, dem Inbegriff St. Petersburgs, heute Shoppingmeile mit allem, was man braucht. Für Normaltouristen unbezahlbar. Es wimmelt von Touristen. Die 5. Jahreszeit hat hier seit einigen Tagen begonnen. Da schläft die Stadt nicht. Alles ist auf den Beinen. Die Weißen Nächte von St.Petersburg.
Weil schon alles geschrieben wurde, verzichte ich hier auf die typische Abarbeitung sämtlicher Highlights.

Fazit: Wer sich täglich in Lübeck in den Straßenverkehr stürzt und mehrmals in der Woche die rush hour am Lindenplatzkreisel überlebt, muß sich vor St. Petersburg keine Sorgen machen. Das Sprachproblem ist, wie in allen Metropolen, in englisch leicht zu überwinden. Immer wieder wurde ich durch das nicht erwartete englisch völlig auf dem falschen Fuß erwischt. Irgendjemand spricht immer englisch, und wenn sie jemanden ans Mobilphone holen. Und das Lächeln der Verkäufer, wenn man allein ein Bitte, Danke und Aufwiedersehn in russisch ausspricht, läßt jede Barriere schmelzen. Die Metro, einst der letzte Hort der russichen Sprache, ist seit wenigen Jahren zweisprachig. Verglichen mit Hamburg ist die Orientierung geradezu kinderleicht. Mindestens alle 3 min eine Metro. Und anders als in Hamburg, haben wir es permanent erlebt, das wir, blätternd in Metrokarten, sofort angesprochen wurden und freudlich in die gesuchte Richtung gelotst wurden.   live your dream now...