Die Tankstelle für wahre Patrioten |
Das Radler Lagezentrum
Wieder war die Nacht vollkommen ruhig. Man mag über das Motel denken was man will, aber ich bin unerwartet angenehm überrascht. Und der Boß läßt es sich zum Abschied nicht nehmen, unterbricht sein zimmermachen, eilt auf mich zu und verabschiedet mich mit Handschlag.
St. Paul in der Mackenstrasse |
Doch ich hab' wenig Zeit, der Gottesdienst der Episcopalgemeinde beginnt bald. Ich muß in den Norden der Stadt. Das Gotteshaus liegt in einem unscheinbaren Wohnviertel, die Lutheraner sind einen Block entfernt, auch nicht weniger unauffällig. Im großen Gemeindemehrzweckraum sitzen 9 Biker beim Frühstück. Alles muß danach zusammengeräumt werden, nach dem Gottesdienst ist hier Kirchenkaffee. Episkopalkirche
Neun Biker! Katie heißt die Frau, die die Sache hier leitet. Wir haben doch so einen großen Raum, warum sollten wir den nicht nutzen? An den Raum angeschlossen sind zwei Bäder und eine volleingerichtete Küche mit riesigem Herd.
Es ist wenig Zeit für eine Unterhaltung, Katie sorgt für den Gesang im Gottesdienst, aber Father David erscheint und er Zeit für einen kurzen Smalltalk.
Katie |
Die Liturgie der Episcopalgemeinde unterscheidet sich deutlich von der United Church of Canada. Vieles bleibt mir unklar. Es gibt auch ein Abendmahl und alle Gemeindglieder werden aufgefordert nach vorne zu kommen und jeder bekommt den persönlichen Segen des Herrn, wer nicht zu Speis und Trank aufgelegt, soll sich sichtbar ddie Hände vor der Brust verschränken empfiehlt Father David.
Dann ein persönliches, intimes Gebet. Da nicht viele Gemeindeglieder vorhanden und die Biker eine beträchtliche Größe an diesem Morgen darstellen, hat jeder die Chance, darf mit seinen Sorgen in die Mitte der Kirche kommen und Father David legt ihm mit anderen Gemeindemitglieder die Hand auf die Schulter. Es erinnert ein wenig an das vielstimmige Beten in einer Pfingstgemeinden. Auch für Daniel ist Zeit an diesem Sonntagmorgen, jener Biker der von einem Pickupfahrer in Brookings mit samt seinem Anhänger über den Haufen gerollt worden ist. Zum Schluß des Gottesdienst wieder Beethoven Ode of joy aus der 9.Synphonie.
Nach dem Gottesdienst und Kirchenkaffee nimmt sich Katie etwas Zeit und weiht mich in die Regeln der RadlerHerberge ein. Und sie empfiehlt einen Besuch des Jedediah Redwood State Parks, gleich am Ausgang des Ortes. Eine super Attraktion, umsonst und draußen. Und ein absolutes Muß. 1000Jahre alte Bäume verspricht sie.
Ich fahre zunächst an das Meer, das heute mehrere Meter hohe Wellen bietet. Noch liegt wieder Nebel über der Bucht. Dann nach Osten, die Straße wird schmaler und schmaler, bis nur noch eine steil ansteigende Schotterpiste übrig bleibt. Mit vollem Gepäck absolut unmöglich für mich zu bewältigen. Bald hat mich der Wald verschluckt, aber zunächst ist von den Redwoods nicht viel zu sehen.
Die Steigung zieht sich. Irgendwann erscheint ein Sperrgitter und plötzlich tauchen sie auf. Bäume, die den Himmel zu berühren scheinen, endlose, kerzengerade Stämme ohne Geäst. Erst ab 30,40m Höhe beginnen die Äste und das spärliche Laub. Es ist atemberaubend. Was ist der Mensch im Vergleich zu solchen riesigen Bäumen?
Leider ist der Wald nicht autofrei. Wahrscheinlich kann auch nur ein Biker auf die Idee kommen, den Wald ohne permanent durchquerende Autos genießen zu wollen. Selbstverständlich haben Autos hier kein Anwesenheitsverbot. Immerhin ist der Wald gute 9Meilen mit einer durchziehenden Strasse ausgestattet. Die Trails an denen Autos parken sind nicht aullzu lang. Austeigen und mal 2 Minuten laufen.
Ich durchquere den gesamten Wald, es ist wunderschön und macht Vorfreude auf die Avenue of the Giants. Dann sind die Bäume gleichwohl noch viel größer.
Unglücklicherweise entscheide ich mich zur kompletten Durchfahrt, will über den 199er und den Freeway wieder zurück nach Crescent City. Es scheint mir sinnvoller, als die letzte Bremsbackenkraft durch das herunterbremsen des steilen Schotterberges zu opfern. Gar keine schlechte Idee, nur deutlich länger, so kommen gut 55km zusammen.
Wieder in St. Paul angekommen, entdecke ich das Gordon aus Arcata geantwortet hat, das nächste warmshowers org ist fix. Yeah.
Allerdings wohnt Gordon gute 80Meilen entfernt von der Kirche, ich überlege, ob es mal wieder Zeit für einen Gewaltmarsch ist, oder ob ich die Strecke splitten soll.
Der Tag war sonnig und ich entschließe mich für einen zweiten Besuch am Strand. Und es gibt einen phantastischen Sonnenuntergang am Meer, so wie ich ihn selten gesehen habe. Einfach irre. Wie die Mäuse aus Frederick die Maus Frederick die Maus stehe ich mit vielen Menschen am Strand und wir starren gebannt in die Sonne, die langsam im Meer versinkt.
Peter mit seinem Miyata |
Redwoods |
Ein Klassisker, leider haben die Banausen die Schaltung komplett entfernt und aus dem ehemals 10 Gang Renner ein Singlespeed gemacht. Eine Todsünde, so das Rad umzubauen. Aber Peter gefällt es gut
Zurück in der Kirche sind neue Biker angekommen. Dreizehn Biker sind es nun! Ich überlege, ob ich draußen schlafen soll. Alle übernachten heute im Gemeinschaftshaus. Jeder mit einem Edelrad.
Jedenfalls fast jeder; ein Kollegr hat erhebliche Probleme mit seinem Bock. Dagegen waren meine Probleme insgesamt harmlos. Seine Kette rutsch auf den nicht mehr vorhandenen Zähnen einer ehemaligen Umlenkrolle seiner Suntourschaltung.
Alle treffen sich hier, wie die Wildgänse vor ihrem Flug nach Süden. Morgen zieht der Schwarm weiter.
Bis auf Daniel, der noch in physiotherapeutischer Behandlung steht und in den nächsten Wochen seinen Weg nach Patagonien wieder aufnehmen will. Es wird ein langer Abend in der Radzentrale Gemeindehaus St. Paul, Cresent City.