Mi.,15.10.
Arcata Marsh
Die englische Übersetzung des deutschen Wortes Waschbär ist nicht etwa
washbear, sondern
racoon.
Basia war ob der möglichen, nächtlichen Besuche von Schwarzbären, so in Sorge, das sie unsere Lebensmittel in den Lebensmittelschrank brachte. Leider übersah sie die Motelkaffeefiltertüte auf dem Tisch. Kurz nach Mitternacht ging es dann los.
Laute Geräusche auf dem Tisch, an den Satteltaschen, etc., raus aus dem Zelt, niemand zu sehen. Mehrfach in der Nacht aufgeschreckt und die Umgebung abgeleuchtet, immer ohne den Übeltäter zu entdecken. Hab' ich Halluzinationen?
|
Washbear |
Am nächsten Morgen entdecke ich dann die Spuren auf der Satteltasche und auf dem Tisch.
Hmm, war doch wer des nachts zu Besuch? Und dann kommt so mir nichts, dir nichts, ein Waschbär aus dem Gebüsch,
ahh, also Du warst das! Kaum größer als mein Kater, der erste Washbear, pardon racoon, den ich live erlebe.
Wir starten im amerik.poln.deutschen Verband zu fünft. Auch eine neue Erfahrung mit mehreren Leuten zusammen zufahren. Bis Arcata werden wir gemeinsam fahren, dann werden alle wieder ihre eigenen Wege gehen.
Barbara' Video von dem Tag
[eingestellt bei youtube, thank you Basia]
Nach 5km kurz vor Trinidad, benannt nach dem dem Ort, an dem die spanischen Erforscher um
Juan Francisco de la Bodega als erste Europäer im 18. Jh an Land gingen und dem Landstrich den Namen gaben, liegt ein großer Felsen im Meer auf dem eine Kolonie Seehunde ruhen. Ihre nächtlichen Rufe waren noch auf dem Campground zu hören.
|
Seelöwen Kolonie, man fragt siech wie die schweren Tiere den Felsen hochkommen |
In Arcata trenne ich mich als erster von der Gruppe, McDonalds am Ortseingang lockt mit seinem wifi Angebot, aber ich habe hier eine Warmshower organisiert, die meisten in der Gruppe wollen weiter nach Eureka.
Ich irre ein wenig durch den Ort, unerklärlicherweise verpasse ich das große M und stehe im sonstwo. An der nächsten Tankstelle weist man mich 5km zurück aus der Richtung, aus der ich gerade kam.
|
Source: cuttenrealty.com |
Also dann lieber in den Ort. Arcata ist mit seinen 15000 Einwohnern Universitätsstadt, knapp die Hälfte der Einwohner sind Studenten. Da man cleverer Weise den 101er um die Stadt herumgelegt hat, gibt es einen intakten Ortskern mit viereckigem Park in der Mitte des Ortes. Es wirkt geradezu europäisch, viele kleine Geschäfte säumen den Platz. Die großen Ketten wie BurgerKing&Co haben im Ort ein Ansiedlungsverbot.
Ich muß mich zu einem Kaffeestore durchfragen und treffe auf Patrick, der das Rad bewundert. Wieder antworte ich,
es ist nicht spektakulär, sieht nur schwer aus, 65kg, nicht mehr und Patrick warnt mich vor dem Verkehr auf dem Highway.
Ja, aber ich bin ohne Angst, nur gestern Abend hätte ich ein Kreuz gesehen.
|
Patrick aus Arcata |
Und Patrick kennt das Kreuz, er kannte auch John Mello, jeder hier in der Umgebung kannte John Mello. Er soll ein äußerst liebenswerter Kerl gewesen sein, bis zu jenen tragischen Tag, als er von hinten ausgerechnet durch einen jungen, drogenbeeinflußten Anstellten der Parkverwaltung über den Haufen gefahren worden ist.
|
Chris und Stephen im Jitter Bean |
Patrick kann plötzlich nicht mehr weitersprechen, man spürt, es geht ihm sichtlich nahe. John's Bruder betreibt im Ort eine Autowerkstatt.
Weißt Du, wir sind eine kleine Gemeinde, jeder kennt hier jeden. Die Erinnerung an John's Tod scheint noch zu frisch.
|
Arcata Plaza |
Wir wechseln das Thema und ich begleite Patrick zu Fuß zur Bank, Patrick will auch einen Kaffee im
Jitter Bean und bevor ich das Rad abgestellt habe, hat er bereits meinen Kaffee bezahlt, als ich den kleinen Store betrete, spricht er mit Constance und sie sagt,
komm' such' Dir einen Kuchen aus, Patrick hat Deinen Kaffee bezahlt, ich bezahle Deinen Kuchen. Ich bin sprachlos.
|
ältestes Kino der USA |
Kaum sind die beiden weg, treffe ich Chris wieder, den ich in St.Pauls kennengelernt hatte und der eigentlich auf dem Weg nach Patagonien ist. Leider vergaß sein Mechaniker in England die Endmuttern seiner Rohloff Nabe festzuziehen. Nun hat sich ein gewissen Spiel ergeben und die Nabe ist hinüber. Er wird warten bis Ersatzteile eingetroffen sind, aber die Schrauber in Arcata zeigten sich ihm gegenüber zuversichtlich.
|
Gordon |
Während wir im Cafe sitzen, beobachten wir die homeless people im Park gegenüber, die gerade Besuch von der Polizei haben. Irgendwann erscheint auch Stephan, den ich einige Tage vorher kurz vor Bandon kennengelernt habe.
|
Hotel Arcata, erstes Haus am Platze |
Obwohl ich erst kurz in der Stadt bin, sind eine un über sehbar große
Zahl home less people zu sehen. Ohne Zweifel, je weiter ich nach Süden komme, desto mehr nimmt ihre Zahl zu. Die letzte große Comunnity traf ich in
Olympia.
|
Foto aus den 1920er Jahren |
Ich habe eine Verabredung mit Gordon an diesem Tag, nachdem ich seinen warmshowers acount gelesen hatte, stieß ich auf zwei merkwürdige Zeilen, die Jahreszahlen waren unlogisch, etwas stimmte nicht. Und siehe da, Gordon hatte vor 2 Jahren seinen Status auf vorrübergehend unerreichbar gestellt und danach schlichtweg vergessen. So bin ich der erste Radler seit zwei Jahren. Mich hatte es gereizt einen Senior auf einem Liegerad zu besuchen.
|
little library in Arcata mit Iris , Source:arcataeye.com |
Gordon's Anwesen liegt ein wenig südlich von Arcata abseits des Highways, er nennt es amerikanische Mittelklasse, es stehen mehrere Häuser auf dem weitläufigen Grundstück, und es gibt eine komplette ebenerdige Gästewohnung. Im riesigen Wohnzimmer hat man einen unverbauten Blick über die Bucht von Arcata. Verglichen mit den Häusern meiner Freunde ist das höfliches Understatement.
Besonders nett, an der Grundstücksauffahrt befindet sich eine
litte library, zur freien Bedienung,
bring a book-take a book, ganz so wie in meinem Kiez in Lübeck.
|
Bücher von Gordon z.B. bei goodreads.com |
Gordon ist freischaffender Schriftsteller, während seine Frau an der Universität Kunst und Malerei unterrichtet. Gordon's Hobby ist das Fahrradfahren, er betreibt auch einen Blog
Gordon's Bike Blog[engl.], mehrere Räder sind in der Garage untergebracht, sein Stolz aber ist sein Liegerad und es ist ihm wichtig, das ich eine Proberunde drehe.
Bevor der große Regen einsetzt sind wir auf der Zufahrtstrasse und ich sitze auf dem Stahlrenner. Ein Wendekreis wie ein Panzer, es wirkt fürchterlich instabil, aber nach wenigen Minuten stellt sich tatsächlich ein sehr elegantes Fahrgefühl ein. Bisher habe ich diese Räder eher belächelt. Am Berg merke ich dann sofort den Unterschied, die Muskeln schmerzen augenblicklich.
|
Arcata Marsh, einst Industrierevier.... |
Am späten Nachmittag dann ein Ausflug nach Arcata. Neben einigen sehenswürdigen Gebäuden behergert Arcata auch das älteste Kino der USA
Wikipedia. Arcata MinorTheater. Ein kleiner gemütlicher Ort. Wir schlendern nach dem Regen durch den Ort und Gordon nimmt sich Zeit mir die Gebäude der Stadt zu erklären. Viele homeless haben sich in Gebäudeeingänge geflüchtet.
Zum Schluß zeigt er mir die
Arcata Marsh. Gordon gehört zum Förerkreis
Friends of the Arcata Marsh. Einst ein verseuchtes Industrie Areal, ist in 30 Jahren ein einzigartiges Biotop und Brutrevier für mehr als 300 verschiedene Vogelarten entstanden. Die Marsh gilt als beispielhaft für die Schaffung eines Wasserkreislaufs, bevor das Wasser über die Humboldt Bay ins Meer fließt. Ich frage Gordon ob er Vorbereitungen für ein eventuelles Erdbeben getroffen hat und er sagt zu meiner Überrschung, ja, er ist vorbereitet. Für mich als Zentraleuropäer wirkt das abstrakt, aber die Menschen hier leben mit dem kommenden BigOne.
SZ Artikel über das April vom April 2014.Und es wird fürchterlich werden. There is no doubt, it comming soon, hoffentlich erlebe ich es nicht mehr.
Wieder rennt die Zeit, ich müßte schreiben, mit Ellinor sprechen, meine Gastgeber servieren Abendessen und,und,und. Über einen übergroßen Planarbildschirm wird das Internet ins Haus geholt und Iris zeigt mir, woher ihre Familie aus Europa stammt. Einst in Thüringen beheimatet, dann über Finnland nach Schweden ausgewandert.
|
....heute Biotop |
Sie sind selten in Europa. Gordon sagt, es ist einfach zu weit. So simpel es klingt, es ist zugleich eine eindrückliche Erfahrung. Lebt man in Europa, so denkt man in europäischen Maßen, Europa habe ich in meinem Leben nur einmal verlassen, aber die Welt da draußen ist viel größer und Europa ist eben nur Teil von ihr. Die Leute hier an der Westküste fahren nicht nach Europa, sie jetten eher nach Hawaii. Für sie sind meine geliebten Reiseziele in Skandinavien, die Baltics, Polen oder Prag mit einem enormen Aufwand verbunden und konkurrieren mit Zielen in Mexiko und Hawaii.
Wir sind ja so schrecklich abhängig vom wifi sagt Iris. Wie wahr!