tramps like us, baby we were born to run...[Bruuuuce1975]

Anmerkung: Wir stellen das Blog jetzt wieder online, um noch ausstehende Korrekturarbeiten abzuschließen.
Ausserdem sollen später Inhalte dieses Blogs in das neue Projekt übernommen werden.

[Arbeitstitel] ukrainisch/russiche Notizen 2016 unter blogger


Freitag, 17. Oktober 2014

Fortuna

Do., 16.10.
Fortuna dankt seinen Kriegern, Strassenplakat
Das Haus am Ende des Weges
Frühstück um 08:00h, trotz der frühen Zeit bestand Iris darauf, ein kräftiges Frühstück mit Eier und Schinken selbst zu zubereiten, für eine Fahrradtour bräuchte man schließlich ein ordentliches Frühstück. Auch Gordon ist schon in Radkleidung anwesend, er nimmt sich heute die Zeit mich aus dem Ort zu begleiten, sagt er und er versuche jeden Tag auf dem Rad zu sitzen.
Nun also, der Senior hat sein Liegerad schon vor der Garage geparkt, als ich den Trecker unter dem Vordach herausmanövriert habe.

Und dann darf ich doch noch kurz einen Blick in sein Heiligtum werfen.
Es ist ein Leben, was ich nicht kenne; als freier Schriftsteller führt er ein ganz anderes Leben als, der oft bemühte Durchschnitt, sagt aber auch, er muß für jeden cent selbst etwas tun. In seinem Office sind große Computer für graphische Anwendungen zu sehen, die neueste Auflage seines letzten Massagebuches liegt stapelweise auf dem Tisch. Ich halte ein großformatiges Paperback über Massagen zu zweit in deutsch in der Hand.
Amazon.de Werbung

Nein Gordon, ich kann es nicht transportieren, solltest Du nächstes Jahr nach Deutschland kommen, dann bringe es bitte mit. So bekomme ich ein 5x7cm großes Minibuch in deutscher Sprache mit persönlicher Widmung geschenkt und nehme mir vor bei nächster Gelegenheit im Amazonas nach ihm zu suchen.

Zwei Fragen brennen mir auf der Zunge und ich kann nicht anders, ich muß das noch loswerden,      1. lieber Gordon, kann man wirklich von diesen Büchern  leben? Anscheinend ja und gar nicht mal schlecht. Und dann die Frage, ob in einem Land, das mit dem Vorurteil ein wenig prüde zu sein leben muß und indem man mit Badehose in die Sauna geht, ob dieses Land also Deine Bücher nicht ein wenig in Richtiung Softpornographie betrachtet? Aber Gordon wehrt entrüstet ab, nein, es gebe überhaupt keine Probleme.
auf dem zum Meer
Dann geht es los und Gordon rollt auf seienm Liegerad davon. Ich folge in größerem Abstand. Wieder habe ich Mühe dem Senior zu folgen. Wir fahren hinaus in Richtung Meer, die erste Station ist das ehemalige Samoa Cookhouse, die Kantine der Logger um die vorherigte Jahrhundertwende. Samoa, der kleine Ort westlich von Eureka direkt hinter den Dünen ist eine Company Siedlung, also eine Werkssiedlung, gleich den Krupp'schen Siedlungen in Essen. 
Samoa Cookhouse

Und im Speisehaus wurden die Arbeiter verpflegt, bevor es in den Forst ging,
auch heute noch ist das Cookhouse ein Ausflugslokal und es gibt das von mir so geliebte Truckerfrühstück.

Natürlich kein Vergleich zu dem was Iris heute morgen zauberte.

Ein kleines Museum ist dem Speiseraum angeschlossen in dem die Geschichte der Loggingindustrie rund um Eureka dokumentiert ist.

Dann geht's es weiter mit einem kleinen Umweg über den kommunalen Fischereihafen auf der WoodleyInsel nach Eureka.

Vor dem ehemaligen Haus eines der goßen Holzbarone ist es Zeit sich zu verabschieden. Wir werden uns wiedersehen und Du bist immer gerne herzlich mit Ellinor eingeladen sagt er zu Schluß und ich ahne doch gleich, es wird wohl nicht passieren.
Bilder aus der großen Zeit Samoa's
Wie so oft in diesem Jahr bleibt es bei den gegenseitigen Versprechen und auch wenn wir am gestrigen Abend lange über die Oder-Neiße Tour gesprochen haben, es bleibt eben nur eine Begegnung auf Zeit. Aber die war sehr schön.
Ich spüre der Wärme nach, die ich als fremder Gast in seinem Haus genoß. Dann umschließt mich die Freiheit und das alleinsein erneut.
im Fischeriehafen von Eureka
Ich nehme das Rad und mache mich auf den Weg. Grocery Outlet, einige Lebensmittel zum Sonderpreis, obwohl ich nicht weiß, was am Abend passiert. Dann ein wenig Zeit für einen großen Fohmarktladen, zum Schluß einen Kaffee bei Chevron auf dem Bordstein am Stadtausgang.
Caution extra high cofffienated. Harter Stoff also. Gab's in Canada nicht. Muß hier aus rechtlichen Gründen mit einer extra Warnung versehen werden. Wegen Herz und so. Extra bohnig. Genau das richtige vor dem Start, doch der Tankwart winkt müde ab, 12Meilen nur, Klasse! und die Unterkunft ist schon gesichert. Das Zeug braucht an diesem Tag wirklich 'ne Warnung, ich habe das Gefühl es brennt sich gerade ein Loch ins Mediastinum.
Es herrscht lebhafter Verkehr auf dem Highway und ich habe das erste Mal seit länger Zeit böigen Gegenwind. Zu allem Überfluß hat sich die californische Strassenverwaltung für eine neue Teerdecke auf dem 101er entschieden und anscheinend war für den Radweg das Geld bereits aufgebraucht. Nunmehr stehen zwar Schilder auf der Strasse, Bikes share the road, aber das ist ein absolutes Risikospiel bei dem Verkehr. Die Strasse ist zu voll und zu eng.
Schon wieder Stephen getroffen

Es bleibt nichts übrig als 10km lang neben dem eleganten neuen Weg auf den abgefrästen, rauhen ehemaligen Seitenstreifen auszuweichen, der durch sympatische Baustellenkegel flankiert wird.
Unterwegs treffe ich erneut Stephen, der zwei Tage auf einer Hippie Farm übernachtet hat und nun wieder in der Spur ist. Mein Weg ist nach tatsächlich 18km zu Ende und ich erreiche Fortuna.
Veteranengebäude in Mainstreet

Und wieder beginnt erneut das Suchen. No.3700 Newberg road. Zum Glücke starte ich schon bei No.1650. Trotzdem ist das System nicht leicht zu durchschauen, Mal machen die Hausnummern einen 200er Sprung, mal ist der nächste Nachbar nur 2 Nummern weiter entfernt.
Grants Haus steht am Ende der Straße. Es ist ein unscheinbares gelbes Holzhaus, typisch für die Bauweise in dieser Gegend. Um es kurz zu machen, es ist anders als alle Häuser, die ich vorher sah. Lebhafter. Das Grundstück ist freundlich ausgedrückt naturbelassen, alles hat den großen Charme des Ungeordneten. Zwei große Retriever kommen mir bellend entgegen. Mit den Hunden der Nachbarschaft stehen, während ich das Fahrrad anlehne, insgesamt 5 große Hunde bellend um mich herum.
Fortuna Strassenszene

Leider öffnet niemand. Ich frage mich in dem Hundegebell, ob ich hier richtig bin. Draußen hängt Wäsche, alle Türen sind auf, das Fernsehen läuft, nur niemand ist da. Der Nachbar sagt zum Glück die erwarten Dich und nach gewisser Zeit erscheint unter erneutem Hundegebell ein Van.

Michel mußte ihre Kinder von der Schule abholen, sie entschuldigt sich mehrmals herzlich. Beide sind berufstätig. Grant arbeitet als Klempner und zwischendurch ist er auch Gärtner. Es ist die amerikanische Mittelklasse. Absolutes Ottonormalamerika.
Grants Haus und Hund Spice

Mein Platz ist an diesem Tag im Hintergarten, das Fahrrad kommt in die Garage. Grant erscheint nach einer halben Stunden, genauso alt wie ich ist er, in California geboren und lebt seitdem im Humboldt County. In seiner spärlichen Freizeit fährt er gerne Rad. Ein neues Giant MTB steht im Eingangsbereich. Seine Jobs, seine Familie mit 7Kindern, da sei wenig Freizeit, aber am Wochenende unternehme er gerne eine mehrstündige Tour. Manchmal im Sommer auch mal eine Tour über Nacht.
Gartenzeltplatz am Ende der Strasse

Er ist die Warmshowers Adresse in Fortuna. Auch das ist Warmshowers.org. Zugegeben ein wenig gewöhnungsbedürfnis aber von unverfälschter Herzlichkeit straight from the heart. Nach ihm kommt südlich lange nichts, sagt er und seit er sich angemeldet hat, wird er reichlich besucht. Am Wochenende kommen schon die nächsten Deutschen.