tramps like us, baby we were born to run...[Bruuuuce1975]

Anmerkung: Wir stellen das Blog jetzt wieder online, um noch ausstehende Korrekturarbeiten abzuschließen.
Ausserdem sollen später Inhalte dieses Blogs in das neue Projekt übernommen werden.

[Arbeitstitel] ukrainisch/russiche Notizen 2016 unter blogger


Samstag, 28. Juni 2014

Steamboat-Purple heart day



Sa.,21.6.(Nachtrag)
Hört der Berg denn niemals auf?
Man wächst an der steigenden Herausforderung!
Ich könnte noch 3Stunden länger in diesem bequemen Bett liegen bleiben, als ich die Gardine beiseite ziehe, steht die Sonne schon hoch. Ich bin später dran als geplant. Eigentlich wollte ich früh zu IGA, gleich zur Ladenöffnung um 07:00h, um danach früh auf der Piste sein zu können.

Nun verlasse ich das Motel erst gegen 08:30h und bei Einkauf bin ich krampfhaft unentschlussfähig. Wie viel und vor allem was soll ich kaufen, Der nächste Proviantstop kommt nach 120km. Ich entscheide mich trotzdem für 6l Flüssigkeit + Milch fürs Müsli.
Nächste Station die CIBC Filliale, nochmals Frischgeld. Das (un)nötige Motel gestern hat dummerweise ein ziemliches Loch in die Reisekasse gebrannt.

Und das schlimmste passierte gestern gegen 22:00h. Angeblich soll ich an diesem Tag 500mb Datentransfer gebraucht haben, und damit war die Grenze erreicht. Schluß mit Internet. 
Auch eine neue Erfahrung. Datenbasierte wifis in Motels.
Mir gehen die Motels zunehmend auf die Nerven, schlechte Ausstattung, ramponierte Möbel, laute Nachbarn und jetzt auch noch ein limitiertes web. Dabei ist sowieso am Abend regelmäßig Schluss, wenn alle noch mal schnell in Netz wollen. Deren Glück ist, das ich nie wieder komme, insofern lohnt es nicht überhaupt etwas zu sagen. Die Techniker der einzelnen Gasförderstätten machen den Motelmarkt kaputt. Der Bedarf ist riesig, deswegen steigt auch der Preis. Auch der Preis für schlechte Motels. Bezahlt wird alles.
Deswegen heute auch nun auch noch ein Besuch am VisitorCenter.

Start gegen 10:15h. Nach einem längerem Geplänkel von 15 flachen Kilometer ging es dann wirklich los. Hügel hoch, Berg runter, geändert hat sich nicht. Wind gab’s auch, aber damit war es bei den Fotostops wenigstens Mückenfrei. 
Das schönste an der Reise passierte bei Km 50. Ich entdeckte einen Schwarzbären, der direkt vor mir die Strasse kreuzte und im Seitenstreifen, sich  ausgiebig der Reinigung widmete. Ich musste warten bis das nächste Auto erschien und durch winken konnte ich mit ihm an seiner linke Seite gefahrlos mich dem Bären nähern. Nach längerer Zeit endlich wieder mal ein Schwarzbär in voller Größe.
Soweit wie gehabt, dann aber kam nach knapp 60km purple heart day. Eigentlich hätte das Ziel mit Namen Steamboat schon auftauchen können, aber die exakte Orientierung hapert ja bekanntlich etwas. Steamboat creek kam ins Bild, na nun kann es nicht mehr weit sein. 

Und dann entdecke ich am Horizont praktisch eine steil gen Himmel verlaufende Strasse.
Ne, das kann nicht sein, das meinen die nicht ernst. Das muss eine Lichtreflexion sein. Dazu muss man sagen, dass ich geradezu in einen dicken schwarzen Hund hinein fuhr. Vollschüttung mit Ansage.
Der Schauer erwischte mich im unteren Teil der Steigung. Da, wo die mahnenden Schilder mit der Schneekettenpflicht von 1.Oktober- 30.April stehen. Der Berg nahm hier schon kein Ende und während der Himmel die Schleusen öffnete und ich nach oben stapfte kommt doch ein Biker mir entgegen. Ich hab echt geschrien, manche Dinge sind zu unglaublich. Jackson in Ft. Nelson sagte noch maximal zwei oder drei Biker machen diese Strecke pro Jahr und bei ihnen Station. Yun aus Korea ist in Anchorage/AK gestartet und will zu den Maritimes und war sichtlich angegriffen während unserer Begegnung. 
Yun aus Korea

Ein Blick auf das Fahrrad bestätigte meine Gedanken, Wasser ist in diesen Tagen ein wertvolles Gut. 
Yun hatte eine ganze Batterie von re-used Getränkebehältern auf dem Heck. Pitschnaß standen wir auf dem Seitenstreifen, schade, dass das Wetter so schlecht war. 
Das Gewitter war 12min nur kurz und im abschließendem Nachregen stieg ich wieder in den Berg. Er nahm schlichtweg kein Ende. Auf jede Kurve folgte eine neue. Steamboat ist der Name des Berges, dessen Silhouette ein wenig an ein Sternwheeler erinnert. Fürher gab es auf der Hälfte der Strecke eine Tankstelle mit Motel, Restaurant und Camping, die nun seit längerem verwahrlost in der Landschaft steht. 
Vandalismus hat stattgefunden, die Bilder zu Prophet River wiederholen sich, alles bewusst zerstört, wirklich aber auch gar nichts ist noch zu gebrauchen, Vögel wohnen nun im ehemaligen Haupthaus. 
Steamboat Motel Gazolin Station


Ganz nebenbei, die verwahrloste Werkstatt bietet eine Umweltverschmutzung 1. Ranges. Öle, Fette, Gasflaschen, Farben, alles ungesichert, dem Verfall preisgegeben. Es bleibt schleierhaft, wieso niemand einschreitet, aber ich habe inzwischen 2 weitere Objekte dieser Art gesehen, es überrascht mich nicht. Ich überlege, ob ich aufgrund der fortgeschrittenen Zeit hier das Zelt aufbaue. 
Steamboat Garage
Es herrscht eine malerische Aussicht.
Vielleicht aber sollte ich den kleinen Hügel noch schnell in Angriff nehmen und dann abrollern.

Selten waren Entscheidungen auf dieser Reise so falsch, wie an diesem Tag. Hatte ich bisher schon ordentlich zu kämpfen gehabt, ging es jetzt erst richtig los. Und die von mir erwartete rasante Talfahrt kam nicht. Es ging höher und höher. The Milepost beschreibt den Anstieg teilweise mit amtlich 10%. Mehr als 6km/h waren nicht drin. Die Strasse war längst wieder getrocknet. 
Die Mücken holten mich ein, das nass geschwitzte Hemd wirkte wie eine Geruchsfahne. Da wo Du Dich am Berg nicht wehren kannst, immer hinein in den Rücken, ich war einem Heulkrampf nahe. Permanente Stiche, der Berg nahm die nächste Kurve und der Puls jenseits der 160. Und Flaute.
In den Prärieprovinzen hat mich der Wind fast von der Strasse gefegt, aber hier, nur ein kleines bißchen Wind und die Biester sind weg, hier, aber es herrscht Totalflaute. Windstille, es ist eine der großen Ironien dieser Reise. Canada ist ein beinhartes Land.
Direkt über den Berg. Wer hat sich das ausgedacht, wieso muss die verdammte Strasse direkt über den Gipfel. Die Norweger oder Schweizer hätten einen Tunnel gebaut,  wie gesagt Sprengstoff muss 1942 verdammt knapp gewesen sein. Strassen, die im Krieg gebaut werden, folgen einer anderen Logik, als Friedensstrassen. 
 
Der Schweiß lief brennend in die Augen, ich schrie es in den Berg, warf diesen verfluchten Helm weg, nein, so kann das nicht weitergehen. Ich will nicht mehr. Ich war echt mit den Nerven zu Fuß, mehr als 22km hatte dieser Anstieg bis zu diesem Moment gebraucht. Und das Ende war immer noch nicht genau zu sehen. 
Irgendwann tauchte mein Lieblingsschild auf. Brakecheck 500m. Das Leiden hat ein Ende. Ich hätte das Schild umarmen können und war dann für 10min allein auf dem Rastplatz, dem höchsten Punkt des Tages. Sieg, ein herrlicher Sieg. Yeah!
egal wie, Hauptsache drüber
Das die Abfahrt dann nur bedingt rasant zu Tal ging und lediglich 55km/h zu erreichen waren, ist dabei nebensächlich. 

Mehr als 100km an diesem ersten Tag. Das Ziel erreicht.
Ein echter purple heart day.
Zeltaufbau, Bad im Fluss und die Flucht ins Zelt sind die letzten Gedanken an diesem Tag. Morgen kommt der nächste Berg.
Das erste Mal sehne ich mich an diesem Tag nach zwei eisgekühlten Paulaner Salvatoren.
Anmerkung: Das Internet im Yukon ist mehr als unterirdisch, allein dieser vorher fertig geschriebene Bericht dauerte 3h, bis der upload fertig war.

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