Rückblick - Winter 1984/85 in
Hamburg. Blick aus dem Fenster des Schwesternwohnheimes Bethanien
Diakonissenkrankenhaus Martinistrasse 44, Hamburg. Hier liegen die Wurzeln meines
jetzigen Berufes. Durchlitten als Zivildienstleistender im Rehakrankenhaus für
Herzrkreisklauf- und Hirninsult Patienten des Bethanien Ordens der
evang.meth. Kirche.
Nach der technischen Ausbildung und der drohenden Wehrpflicht war der Zeitpunkt
des "Ausbruchs" gekommen, und so begann nach Verweigerungsverfahren
die Suche nach einer Zivildienststelle. Auf keinen Fall Heimschläfer werden.
Raus aus dem "alten" Wilhelsmshaven.
Die Generationskonflikte in der
elterlichen Wohnung hatten längst ihren Höhepunkt erreicht.Winter 1984/85 Krankenhaus Bethanien Hauptportal |
Der Zivildienst
begann in einem Altenheim in Hamburg mit als „Mädchen für alles“. Nach 4 Monaten war die Begeisterung für Straßefegen und tropfende Wasserhähne reparieren, befriedigt und es musste dringend etwas Neues her. Der Markt an Unterkunftsstellen war knapp.
Es blieb nur das streng hierarchisch
geführte Diakonissenhaus in HH Eppendorf.
Die Leitung der Pflege war durch Ordensschwestern im fortgeschrittenen Alter abgebildet, der Rest war Fußvolk; Zivildienstleistende standen in ihrer Sicht auf der untersten Stufe der Pyramide. Deren Aufgaben waren streng umrissen. Waschen, Unterstützung beim Essen, Kaffeerunde, beim Betten helfen. Das Mittagessen wurde aus einem rollbaren Containerm, von der Stationsschwester oder der Chefin des Fußvolks schiebend, aus großen Töpfen auf Teller durch Pflegehelfer und Zivis ausgteilt. Ausgeschlossen, daß etwa Reste aus dem Wagen zu haben wären. Argwöhnisch wurde der Wagen bewacht.Verhasstester Höhepunkt der Woche war jedoch das penible Putzen aller Patienten-Rollstühle, über Stunden, im Stationsbad, das mehr einem gekacheltem Raum glich, mit Schrubber und Dusche. Eine Rollstuhl-Waschanlage. Und doch war es eine überaus sorgenfreie Zeit...
Die Leitung der Pflege war durch Ordensschwestern im fortgeschrittenen Alter abgebildet, der Rest war Fußvolk; Zivildienstleistende standen in ihrer Sicht auf der untersten Stufe der Pyramide. Deren Aufgaben waren streng umrissen. Waschen, Unterstützung beim Essen, Kaffeerunde, beim Betten helfen. Das Mittagessen wurde aus einem rollbaren Containerm, von der Stationsschwester oder der Chefin des Fußvolks schiebend, aus großen Töpfen auf Teller durch Pflegehelfer und Zivis ausgteilt. Ausgeschlossen, daß etwa Reste aus dem Wagen zu haben wären. Argwöhnisch wurde der Wagen bewacht.Verhasstester Höhepunkt der Woche war jedoch das penible Putzen aller Patienten-Rollstühle, über Stunden, im Stationsbad, das mehr einem gekacheltem Raum glich, mit Schrubber und Dusche. Eine Rollstuhl-Waschanlage. Und doch war es eine überaus sorgenfreie Zeit...
Sie endete jäh mit der Suche nach einem
zweiten Ausbildungsplatz, da ich mir bei meiner relativen Talentfreiheit realistisch
nicht vorstellen konnte, in den technischen Beruf zurück zukehren. Und schon
gar nicht nach Wilhelmshaven. Ich hing
in der Luft.
Nach Abschluß der Ausbildungsplatzralley mit
über 100 Bewerbungen standen 3 Kliniken zur Auswahl. Ich hatte Deutschland anhand seiner Krankenhäuser kennegelernt. Ich sehe noch heute die
Vorsitzende der Lübecker Schwesternschaft mit weißer Haube vor mir , während des Bewerbungsgespräches 1985 mit der Frage "warum wollen sie Krankenpfleger
werden - sie haben doch schon eine Ausbildung"? Meine Antwort muß anscheinend überzeugend
genug gewirkt haben. Es gab eine Perspektive und sie erlaubte eine eigene
Wohnung für 190 DM.
Source: Wikipedia.org Kantonsspital Winterthur KSW |
Auch in der Schweiz gibt es heute strukturelle Krisen, kleine Bezirksspitäler müssen ob des Kostendrucks synergetisch fusioniert werden. Mein Sohn wurde in Winterthur geboren, ich bin später nur einmal zurück.
Über Umwege zurück nach Lübeck, ein Anruf
genügte und ich war wieder im Boot. Damals ging das noch so, Sr. R. erinnerte
sich auch Jahre später noch gut an mich. Es brauchte trotzdem noch 6 Jahre und
einige Funktionen, bis ich da landete, wo ich jetzt beurlaubt worden bin.
Wer die Chance hat, einen 18 Jahre alten
Dienstplan zu sehen, der reibt sich verwundert Augen. "Was, so viele waren
wir mal?". Wo sind sie geblieben? Es gibt Tage, da herrscht nahezu eine
Parität zwischen Stamm- und stationsfremden Personal in der Schicht. Lübeck ist
da kein Einzelfall. In vielen Krankenhäusern herrscht dieselbe Situation. Es
sind goldene Zeiten der Arbeitskräftevermittler und Headhunter. Excellent ausgebildete
ITS-Fachkräfte sind in Ballungsräumen gesucht und wir steuern zweifellos auf
eine weitere Verschärfung der Situation zu.
Die Attraktivität meines Berufes ist im steilen Sinkflug. Eine Zulage für eine Stunde Dienst in tiefer Nacht,
beispielsweise zwischen 3-4h morgens beträgt 2,54 €, brutto, wohlgemerkt vor
Steuer. Und das bei einer
deutlicher Arbeitsverdichtung im Laufe der Jahre und jeder Menge Verantwortung; bei einer nunmehr fast 5jährigen Ausbildung für viele Leute nicht gerade
einladend. Und doch ist es Tarif und eben relativ krisensicher.
Heute braucht es ein Recruitcenter und
Wochen, bis der neue Mitarbeiter auf Station steht. Wenn er denn steht
- denn viele sind es nicht mehr.
Source: Wikipedia.org View of Winterthur |
Die Attraktivität meines Berufes ist im steilen Sinkflug. Eine Zulage für eine Stunde Dienst in tiefer Nacht,
Lübeck Universityhospital Dep. of Anaethesia |
Die Fluktuation aus der Pflege hält an.
Weg von der Front, weg vom Bett, raus aus dem Schichtdienst, keine Nächte mehr, rein in die Nische. Oder ins Studium. Der
Köder ist ausgelegt. Einige Jahre auf Station, als Angebot für die verlockende
Aussicht auf ein Studium. Ich wirke in den Augen dieser strategischen
Überlegungen altmodisch, wenn ich mich frage, wer macht den Strich in die Kurve
und spricht irgendwann die Sprache des Patienten, die neudeutsch nun zu Kunden
werden.
Möglicherweise verändert sich die Situation bald und wir steuern auf eine Veränderung der Aufgabenteilung hin. Zwei Klassen von Pflegenden, höher graduierte für die Administration und jede Menge unterbezahlte "Abeitsbienen". Pflege mit Herz und Schnauze an der Front und praxisorientierter Arbeit kontra evaluierte evidence based studie nurses. Jemand wird sich Gedanken gemacht haben, wo später das Geld, für die Löhne der vielen Studierten herkommen wird. Im Moment fehlt es schon jetzt. Als Folge der chronischen Unterbesetzungen definieren wir die Personal Mindestbesetzungszahlen auf den Stationen neu - niedriger.
Möglicherweise verändert sich die Situation bald und wir steuern auf eine Veränderung der Aufgabenteilung hin. Zwei Klassen von Pflegenden, höher graduierte für die Administration und jede Menge unterbezahlte "Abeitsbienen". Pflege mit Herz und Schnauze an der Front und praxisorientierter Arbeit kontra evaluierte evidence based studie nurses. Jemand wird sich Gedanken gemacht haben, wo später das Geld, für die Löhne der vielen Studierten herkommen wird. Im Moment fehlt es schon jetzt. Als Folge der chronischen Unterbesetzungen definieren wir die Personal Mindestbesetzungszahlen auf den Stationen neu - niedriger.
Wie einer der alten Kollegen durfte ich noch andere Zeiten erleben und frage
ich mich heute, würde ich den Beruf
noch einmal beginnen?
Bemerkenswert ist der letzte Absatz des
Beitrags, die Charite lehnt eine geforderte Mindestbesetzung von 1:3 auf ITS ab.
DIP Pflegethermomerter 2012 |
„Deutschland
tut sich mit der Pflege schwer!“
Professor Weidner auf dem
Deutschen Pflegetag in Berlin:
Source:einblick.dqb.de |
Source: wikipedia.org Tromsoe Universityhospital |
In der Universitätsklinik Odense/DK gab
es auf der vergleichbaren thorako-cardiochirurgischen Intensivstation (VITA) Odense
Uniklinik während meiner Hospitation 14 Betten. Als an einem Morgen nur 12
Pflegekräfte ihren Frühdienst antraten, entstand merklich Unruhe. Auf meine
Nachfrage erklärte mein Mentor allen Ernstes, 2 Kollegen seien krank, man wüßte
nun nicht, wie die Arbeit aufzuteilen und zu bewältigen sei. Pflegepersonalmangel
auf dänisch - hätte ich es in dieser Woche nicht mit eigenen Augen gesehen und
gehört, ich würde jeden sofort einer übertriebenen fantasterei bezichtigen. In Dänemark herrscht im Normalfall eine Betreuung von 1:1. Ein für Deutschland (fast) nicht vorstellbares Ergebnis. In einer großen Klinik in HH sagt das Pflegepersonal 1:3 ist Luxus,1:4 der Normalfall, 1:5 Grund für eine Überlastungsanzeige gegenüber dem Arbeitgeber. Man kann sich vorstellen, wieziel Zeit bei einer Stunde Arbeitszeit für den einzelnen Patienten geplant zur Verfügung steht. Das kann auf Dauer für beide Seiten nicht befriedigend sein.
Source: mirsk.com Odense Unversityhospital |
Source: Wikipedia.org Odense Townhall |
Seit 2008 haben sich die Bedingungen
nicht zum Besseren gewendet, sondern
eher verschärft. Noch so ein geistreiches Zitat meines alten Chefs, wir müssen durch ein tiefes
Tal, dann wird alles besser. Nichts wurde besser, anscheinend sind wir immer noch im Abstieg. Eine ganze
Reihe Kollegen sind nicht mehr da; einige meiner Kollegen haben ihren Job
inzwischen quittiert oder sind erkrankt, weil sie sich zuviel zugemutet haben.
former Heilanstalten Strecknitz Source: uni-luebeck.de |
Im Moment braut sich wieder ein Sturm zusammen, das Haus wird erneut sparen wollen (müssen), und wir werden ihn wieder abwettern, wie all die Stürme zuvor. Diesmal bin ich nicht dabei und verfolge die Ereignisse aus der Ferne.
Clocktower Luebeck Universityhospital |
Die Chance ist da, Ellinor hat mir
freigegeben, ein großes Geschenk, und ich weiß nicht, wie ich das zurückgebn kann. Wir spüren beide den Druck, der jetzt, ob des Ereignisses in
wenigen Tagen, auf uns lastet.
Und so mache ich mich auf den Weg im Sinne des blogs von J.Gondermann, Eindrücke zu sammeln, einen großen Schatz zu finden, einen Vorrat an Erinnerungen, tief eingeschlossen und vergraben, für die Zukunft - für die Zeit, wenn's danach mal nicht so gut läuft auf Station...
Geh raus und mach Dein Ding, egal ob's läuft oder nicht, aber versuchs wenigstens,...live your dream now...
"Reach out, take a chance. Get hurt even. But play
as well as you can! LIVE !!! Otherwise, you got nothing to talk about in the
locker room". Zitat Maude aus dem 1971er Hal Ashby Film Harold and Maude.
Und so mache ich mich auf den Weg im Sinne des blogs von J.Gondermann, Eindrücke zu sammeln, einen großen Schatz zu finden, einen Vorrat an Erinnerungen, tief eingeschlossen und vergraben, für die Zukunft - für die Zeit, wenn's danach mal nicht so gut läuft auf Station...
Geh raus und mach Dein Ding, egal ob's läuft oder nicht, aber versuchs wenigstens,...live your dream now...
Source abc.net.au: screenshot Film Harold and Maude |