Evangelisch methodistische Kirche Wilhelmshaven um 1980 |
Ich war 14 Jahre alt, gut behütet, im autoritär, bis dahin eher unchristlich, aktiv geprägten 3 Kinder-Haushalt, Vater, Beamter, Mutter, zu Hause, als sich meine Welt zu verändern begann. Mit Beginn der neuen Schulsaison 1977/78 kam als neuer Mitschüler der Sohn des Pastors der evanglisch methodistischen Kirche in Wilhelmshaven in die Klasse. Zum ersten Mal bekam ich intime Berührung mit christlicher Religion. Bis dato hatte sich die familiäre Religiösität auf den Gottesdienstbesuch am Heilig Abend, der Taufe und der pflichtgemäßen Absolvierung des Konfirmationsunterrichtes erschöpft.
Noch heute muß ich in der Mitternachtsmesse am Heilig Abend jedes mal still grinsen, wenn ich daran denke, wie die Verwandten Klein-Frank während eines Kirchenbesuches bei der Textstelle zu "Stille Nacht, Heilige Nacht" anstubsten und raunten, Frank hast gehört, "Gottes Sohn heißt owie". "Hä"? "ja, hast nicht gehört?": "Gottes Sohn, owie lacht".
Im Jahr darauf erweiterte sich mein Horizont gewaltig! Gab es bis dahin nur den alljährlichen Sommerurlaub in Eutin bei Oma und Opa, fuhr ich nun plötzlich zum Lake Distrikt in Mittelengland. Drei Wochen Übernachtung im Zelt und zum Abschluß 3 Tage lang London. Mama war komplett aus dem Häuschen. Ich erinnere mich an den mit Schreibmaschine geschrieben, inseitig im Koffer angebrachten, Ausstattungszettel, der Schlafsack war vom Nachbarn geliehen, die Luftmatratze war die familieneigene Sommer-Bade-Unterlage. Outdoor Ausstattung war bis zu diesem Zeitpunkt nie benötigt worden, funktionelle Kleidung gänzlich unbekannt.
Möglich gemacht hatte das der Vater des neuen Schulkamaraden. Der Pastor der Kirchengemeinde. Aufgrund seines Vornames nur unter seinem Spitznamen "Elo" bekannt. Im Jahr darauf gab es schon Wanderkajaks und die Fahrt ging ins Saimaa Seengebiet in Finnland. Wieder mit dem blau lackierten "Firmenwagen". Er war ein Organisationstalent. Und hatte durch seine junggebliebe Art, den Kontakt zur Jugend nicht verloren. Das war für mich in der Zeit sehr wichtig. Ich begann mich bereits aus der elterlichen Wohnung zu lösen. Die Spannungen nahmen zu. Wenn einer dazu beigetragen hat, mich in dieser Zeit zu stabilisieren, dann war er es.
WSA Wilhelmshaven, 1982 Elektronikasubildung |
Ich habe mich verändert, Glauben ist komplizierter geworden, ich hinterfrage mehr und gehe nur noch selten zum Sonntagmorgen Gottesdienst. Mein Verhältnis zur Methodistenkriche hat sich entfremdet, aber das tiefverschüttete Verständnis, das Weihnachten nicht ausschließlich etwas mit teueren Geschenken zu tun hat und Karfreitag nicht ein Barbecue-Tag ist, sondern der höchste christliche Feiertag, das stammt von ihm. Mein Sohn zeigt mir heute 'nen Vogel, wenn ich eine Fahrradtour mit Zelt vorschlage. Seine frühen Erfahrungen in Dänemark, mit abgesoffenem Zelt, sind anscheinend nur unzureichend psychologisch aufgearbeitet worden.
Andenes Fyr Der 40m hohe Leuchturm(1859) seit 1978 automatisiert |
Ellinor und ich entschieden uns für die weiße Holzkirche in Andenes, dem nördlichsten Ort der Vesteralen.
Anreise natürlich mit dem Fahrrad. Bei der Trauung waren nur 5 Menschen anwesend. Der Pastor, die Organistin und wir. Die Magie dieses Tages lag darin, das plötzlich mitten in der Trauung, aus dem Nichts, die Tür aufging und ein Bär von Mensch eintrat und sagte, er wäre Sänger, auf der Durchreise, ob wir etwas dagegen hätten, wenn er für uns Singen würde. Natürlicht nicht. Andrea Bocelli Amazing Grace
die 1876 erbaute Andenes Kirken |
Im Sommer geht die Sonne nicht unter, Blick vom Campingplatz nach südwest |