tramps like us, baby we were born to run...[Bruuuuce1975]

Anmerkung: Wir stellen das Blog jetzt wieder online, um noch ausstehende Korrekturarbeiten abzuschließen.
Ausserdem sollen später Inhalte dieses Blogs in das neue Projekt übernommen werden.

[Arbeitstitel] ukrainisch/russiche Notizen 2016 unter blogger


Dienstag, 21. Oktober 2014

Healdsburg

Falscher Pronomen, The Wurst in Healdsburg
Mo.,20.10.
Halt bloß einfach mal den Mund
Die Dunkelheit kommt früh und die Nächte draußen sind lang, insofern verwundert es nicht, das ich früh wach bin. An diesem Morgen allerdings hat irgendjemand bereits um 5:15h an schwerem Gerät zu tun.  Es lärmt gewaltig in der Dunkelheit, kurze später setzt starker Regen ein. Ohhhh, ein Tag nach Maß beginnt.

Ich werfe mich aus dem Schlafsack und raffe im strömenden Regen und der Dunkelheit das Zelt zusammen, Taschen ans das Rad. Rucksack drauf und geflüchtet. Erster Fluchtpunkt ist das Vordach des alten Bahnhofs. Heute wird keine Sonne aufgehen. Ich sitze und schreibe um 05:45h in Californien, drei Meter weiter vor mir regnet es junge Hunde.
Um 07:00h erfolgt die Fortsetzung der Flucht in den Norden der Stadt zu McDoof. Ein unglaubig abgewetzter, schäbiger kleiner Laden an der Highwayabfahrt, 70er Jahre Waschbeton Sitzelemente vor der Tür, drinnen ein auch nicht mehr einladendendes Interior. 
Die Besucher sind geteilt, drinnen, die sich mehr als einen Kaffee leisten können, draußen die, deren Budget für mehr nicht reicht. Kevin hatte von dem fast internet geschwärmt, an diesem Morgen gerät es zur Geduldsprobe. Ich bekomme keinen Zugang, warten auf Google... Nach gefühlt 30min bin ich drin, zwischenzeitlich fühle ich mich wie der Typ, der in einem Youtube Video in einem Großraumbüro sitzt und in einem Wutanfall mit der Tastatur auf die Schreibtischplatte hämmert. So witzig das Video ist, ich tippe immer wieder entnervt auf die Maustastatur, allein nichts passiert.
Highway 101 uphill
Stellungswechsel, gleich ist der Akku leer und ich habe nichts erreicht. Also zu BurgerKing. Die bieten sogar Strom, also im Dauerregen zurück an die Autobahn. Als ich eintreffe, ist der Laden fast leer.

Zum wiederholten Maße besuche ich Läden mit weniger Besuchern als Personal. Und die haben Tim Horton gekauft? Einfach nicht zu glauben.
Das Wetter klart gegen 10:30h auf, ich schreibe zwei Warmshower an und mache mich auf den Weg nach Cloverdale. Zwei Dinge sind in diesem Zusammenhang bemerkenswert, die im späteren Verlauf sehr wichtig werden. Erstens achte ich nicht drauf, das mein amerikanischer Steckeradapter für das deutsche Netzteil bei BurgerKing zurück bleibt und ich merke es erst 30Meilen später, als ich den Computer im nächsten McDonald wieder starten will. Sieben Monate habe ich ihn wie mein rechtes Auge beachtet, nun ist er weg. Und 2.liegt kurz vor Cloverdale ein letzter größerer Höhenzug, vor dem die Radfahrer vom Highway hinunterkomplimentiert werden. Schluß mit radfahren auf dem 101er.
Eines der vielen Weingüter
Zunächst aber verläuft der Weg nach Cloverdale wie geölt, Endgeschwindigkeit, Vollgas, ein herrliches Gefühl, die Strasse ist längst wieder trocken, es gibt einen breiten Randstreifen. Dramatischerweiser und unangekündigt hört dieser allerdings bei der Durchfahrt der Ortschaft Hopland plötzlich auf und ich stecke für 3km mitten im Berufsverkehr ohne irgendwelchen Sicherheitssaum.
Die humorvollen Strassenplaner stellen dann riesige orange Rauten an den Streaßenrand Bike share the roads auf; als ob das einen 63to Truck beeindrucken würde.
Zweiter Kaffee in Cloverdale, Taya hat nun zurückgeschrieben, allerdings wohnt sie in Healsburg, Du könntest mich auch per Skype zurückrufen. Eigentlich wollte ich erst am Mittwoch dort sein, nun bin ich nur noch 20Meilen entfernt. Irgendwas ist schiefgegangen in meiner Planung. Gestern gab es übrigens auch einen Warmshower in Ukiah, aber die Organisation bringt mich in Probleme, ich muß 2-3 Tage im voraus wissen, wo ich dann stecke. So einfach ist das nicht. Zumal nicht immer gleich wifi vorhanden ist.
Ehemalige Highschool in Hopland
Aber heute klappt es, Taya stört es nicht und ich kann noch am Nachmittag nach einem langen Skypegespräch mit Ellinor starten.
Um 15:15h mache ich mich auf den Weg zurück auf den Highway doch ich komme nicht weit, denn es kommt nun zu einer folgenschweren Begegnung.
Wie hatte Craig in Nanaimo doch gesagt, und diskutier' nicht mit denen, wenn die Dir was sagen, dann halt bloß den Mund und sage Yes Sir, Officer. Und wie sagte Iris, die wollen Deine Hände als Autofahrer sehen, da war es wieder, 41shots vom Boß.
Erste Regel: fange nicht an zu diskutieren, zweite Regel erweise ihnen Respekt. So ist die Erwartungshaltung. Alles klar. Wieder zurück auf dem 101er, ich bin keine 3km gefahren, es läuft super, da blökt mich etwas laut von der Seite an. Ich fahre herum ein Highway Patrol SUV steht im Mittelstreifen und ich höre nur so etwas wie off the highway. Mehr muß man nicht verstehen; auch ohne englische Sprachkenntnisse wird einem schnell klar, der meint wirklich mich und ich hab hier nichts zu suchen. Halt's Maul, Frank, sag jetzt nicht, nun ist es passiert.

Die Polizei hat Dich gestoppt. Was ich auch sage, der Mensch versteht mich nicht mal, dafür sind die vorbeifahrenden Autos viel zu laut, außerdem schreit er ja unentwegt.
Californian Highway Patrol

Ich muß ehrlich gestehen, ich habe natürlich das Schild schon gesehen, auch im Norden standen immer wieder dieser Schilder an den Ortsanfängen, aber ich habe nicht damit gerechnet, das ich so schnell gestoppt werde, sozusagen auf den ersten 3Km.

Nun, es hilft nichts, er rast davon ich fahre weiter, die nächste Abfahrt runter wie aufgefordert, plötzlich blökt es wieder hinter mir. Der Officer steigt aus und fragt, ob ich Pferde oder jemanden mit Hunden gesehen hätte, natürlich nicht,(wieso Pferde?) ja was ich da zu suchen hätte?
Es mußte ja so kommen; alle, die seit Canada drauf gewartet haben, nun endlich ist es passiert, ein ziemlich energischer, zugegeben kleinwüchsiger Officer steht mir gegenüber. Was mir einfiele, wie gefährlich das sei, für mich und für die anderen?
Und ob ich das Schild absichtlich mißachtet hätte, nun, hier ist Grund etwas unehrlich zu sein und im übrigen ist der Officer etwas unhöflich, denn er läßt ja mich kaum ausreden.
Merke, Officer haben immer Recht und ja, es war ja natürlich auch verboten, hätte aber auch gut gehen können, ging aber ärgerlicherweise nicht.
Ich habe eine gewisse Schwäche für Logik, unlogische Begründungen vertrage ich schwer. Was soll an diesem Highway jetzt anders sein, als die letzten 1000km? Nichts, Und apropos gefährlich, was war das denn vorhin in Hopland?
Diese Fragen mögen möglicherweise logisch berechtigt sein, allein, ein Officer der State Californian Highway Patrol mag es gar nicht, offensichtlich unlogische Verhältnisse zu begründen versuchen. You don't have to discus with me. You don't have to argue! Sei endlich still, Frank.

Es folgt eine nochmalige mündliche Belehrung. Ich liebe das. Nie wieder Highway 101 bis San Francisco, viel zu gefährlich und basta!
Ich glaube zu spüren, der meint das ernst, einmal darf man sowas machen, ein zweites Mal wäre dumm. Ich habe keine Wahl, also füge ich mich und fahre die restlichen 15Meilen bis Healsburg durch einen Maschendrahtzaun getrennt 4m neben dem Highway 101, es herrscht nun deutlich weniger Verkehr, und die befürchteten zusätzlichen Steigungen bleiben auch aus. Dafür fahre ich durch zwei kleine sehenswerte Ortschaften. In Geyserville ist ein so netter Antiqiutätenmarkt, das ich dem Officer schon fast wieder dankbar bin.

Nach Geyserville gibt' dummerweise 4km vor Healdsburg eine Vollschüttung, die ich gerade so unter einer Highbrücke abwettere. Anschließend folgt ein riesiger Regenbogen. 
Ich erreiche Healdsburg um 17:00h. 12000 Einwohner hat der Ort, ungefähr eine Fahrstunde von San Francisco entfernt.
Geyserville
Es ist der Hauptort im Nordcalifornischen Weinanbaugebiet. Die Adresse ist schnell gefunden. Taya begrüßt mich, eine äußerst gemütliche Wohnung über zwei Ebenen, sehr geschmackvoll eingerichtete Wohnung. Ein deutsches Auto mit einem Stern. Bisher ist es eine der faszinierendsten Geschichten der ganzen Reise, warmshowers Gastgeber zu treffen.

Taya arbeitet über das Aussenministerium in etlichen Länder der Erde in Beratungsfunktion. Sie ist viel in Asien unterwegs. Die Leute öffnen Fremden gegenüber ihre Häuser, bieten ihnen eine Waschmaschine und überlassen Fremden einfach mal für eine gewisse Zeit allein ihre Wohnung. Einfach so. Ich frage mich, womit ich das verdient habe.  Es ist unglaublich.
Healsburg rüstet sich, noch 11 Tage bis Halloween