tramps like us, baby we were born to run...[Bruuuuce1975]

Anmerkung: Wir stellen das Blog jetzt wieder online, um noch ausstehende Korrekturarbeiten abzuschließen.
Ausserdem sollen später Inhalte dieses Blogs in das neue Projekt übernommen werden.

[Arbeitstitel] ukrainisch/russiche Notizen 2016 unter blogger


Mittwoch, 5. November 2014

Palo Alto-Google+Stanford

Di.,4.11.
Silicon Valley
Als ich um 07:00h das Zimmer verlasse, finde ich Brian draußen im Garten beim blumengießen. Unglaublich, schon wieder voll in Aktion. Ich sehne mich mehr nach einem Kaffee und einer Tageszeitung, als um die Zeit, den Blumen Wasser zu spenden. Seine Begeisterung für das Fahrrad ist an diesem Morgen nicht zu bremsen, also das mit der leichten  Fahrradtour wird nichts, sagt er nüchtern, er hätte gestern noch ein wenig herumgemailt und nun wären sie zu 15, Start ist auf einem Parkplatz nach seinem Dienst.
Brian aus Palo Alto

Also original dann, wenn es dunkel wird. Gute 40 km, 2500ft Höhenmeter, und vielleicht noch danach ein Diner mit allen. Also? ach nee Brian, um nicht zu sagen, bist Du irre? Nein, er meint das ernst. Eine super Idee, ein workout auf dem Rad in der Dunkelheit. Ich finde workouts in der Sauna viel besser, aber meine Gastgeber sind ja völlig fahrradbegeistert.


Völlig unbewegt stellt er fest, das er einmal pro Woche schon mal einen 100Meilen Ritt machen müsste, allein, um in Form zu bleiben. Wie wär's mit 'ner Rolle schlag ich vor, vorallem, man wird nicht naß? Aber Brian lächelt nur müde.

Es findet sich tatsächlich ein Rest Kaffee in seinem Kühlschrank, irgendeine dubiose, italienische Marke, Gott sein dank. Brian trinkt keinen Kaffee und will lieber Ceralien mit Früchten. Das klassische amerikanische Frühstück.
Heute ist genereller Wahltag in den USA und Brian will vor dem Dienst ins Wahllokal, dabei geht es grundsätzlich alles mögliche, ob man Flour ins Trinkwasser mischen sollte, oder Steuern erhöht werden sollen, oder ob der, oder die vielleicht Richter, Staatanwalt, Landrat oder sonstwasweißich werden soll. Seit Wochen sind in den Strassen die Plakete für die Wahl zu sehen, Yes on P oder No on K, ich frage mich dann jedesmal, was wohl P sein kann? Die Wahl findet wie in Deutschland in irgendwelchen Schulgebäuden statt.
Danach geh'ts los, verschärftes Tempo, Brian tritt rein und wir rasen mit 30km/h seinem Job entgegen, warum müssen die bloß immer so rasen? Ich versuche mit einer Hand nebenbei Fotos zu machen. Es herrscht lebhafter bring-die-Schulkinder-in-die-Schule-Verkehr.
Radwege in Palo Alto
Dann sind wir an der Bay. Ich sehe das Wasser und die ersten Schilder tauchen auf. Google. Der Name, an dem in Sachen Internet niemand vorbei kommt. Oder jedenfalls nur knapp. Hier in Palo Alto's Nachbarort Mountain View ist Google Headquarters. Aber ganz ehrlich, man sieht nichts. Da fahre ich an einer der wertvollsten Firmen der Welt vorbei und an den Parkplätzen stehen kanpp metergroße weiße Schilder mit den typischen bunten Bildern.

Wikipedia.org Google Inc.
Also, jede Shelltankstelle oder jeder Walmart in einem Sanierungsgebiet ist auffälliger. Höfliches Understatement. Google Campus, das sind architektonisch unauffällige 4-5stöckige Officegebäude inmitten vieler Bäume in einem parkähnlichen Gelände. Wären da nicht diese überall herumstehenden bunten Fahrräder, das sogenannte G-Bike oder sie bunten Gartenstühle, es könnte jede andere Firmenzentrale sein.

Einzig die auf allen Hauptstrassen auftauchenden großen weissen Google Busse, der G-Bus, weisen auf die besondere Firma hin. Google holt seine Arbeitnehmer aus dem 50km entfernten SF in eigenen Bussen ab. Sie bleiben autark und bieten dem Arbeitnehmer ein fast unablehnbares Angebot.
G-Bus

Mach' Dir keine Sorgen wir bringen Dich hin und wieder zurück, Du mußt nicht auf Züge warten oder dich in deinem Auto durch den Stau quälen. Wir fahren Dich! Natürlich in der erwarteten Gegenleistung, das der Googleaner sich dafür  besser in seine Arbeit einbringen kann. Berühmt geworden sind die Angebote wie Massagen am Arbeitsplatz oder Ölwechsel nebenbei während der Arbeitszeit, sollte man doch mit dem eigenen Auto kommen. Hier also laufen die Fäden zusammen, Geld scheint keine Rolle zuspielen.

Ob meine Daten auch hier in einem Keller zusammenlaufen? nein, lacht Brian, die Surferfarmen sind nicht auf diesem weitläufigen Gelände, sondern irgendwo auf dem flachen Land. Zum Beispiel in Watsonville. Die Grundstückpreise sind für solche Gebäude hier viel zu hoch. Schade!
Wikipedia.org Ames Research Center
Ich sehe Brian davon fahren und am Hauptgate des riesigen NASA Geländes am Moffett Airfield einchecken. Jeden Tag gute 10 Meilen Arbeitsweg an die Bay.

Er arbeitet als technischer Ingenieur für Ames, grob gesagt, einem Betreiber für WIndkanaltests. Ich kann seinen Erklärungen nur schwer folgen, dafür reichen meine technische Vorstellungskraft und vorallem mein englisch einfach nicht aus, aber ich verstehe, sie können ganze Kampfflugzeuge aerodynanischen Strömungstests aller Art aussetzen und testen sowohl für die zivile Luftfahrt, als auch für die Airforce und die Nasa. Es bedarf den Stromverbrauch einer 100.000 Einwohner Stadt, wenn sie online gehen, wie Brian sagt. Vor dem Gebäude steht ein etwas in die Jahre gekommenes 1:3 Modell eines SpaceShuttles. Die gesamte Anlage ist mit dem bloßen Auge nicht zu überblicken, bereits in den 50er Jahren begannen sie mit dem Aufbau des Geländes.

Ebenfalls auch auf dem Gelände ist der Pleiades Supercomputer beheimatet, lange Zeit einer der schnellsten Computer der Welt. Auf dem State Federal Moffett Airfield landen bisweilen die Präsidenten, wenn sie Californien besuchen.
Wikipedia.org Moffett Federal Airfield

Palo Alto

Highway 82 el carmino real


Mo., 3.11.
Leaving San Francisco
Ich bin schon alleine deshalb früh wach, weil meine Zimmernachbarn ebenfalls allesamt frühaustehn.
Ein letztes Mahl zum Frühstück hinunter in den 3.Stock, dann das Bike aus dem Keller geholt aufgesattelt und um 08:45h verlasse ich das Hostel.  
Ich hätte gut noch bleiben können. San Francisco war mehr, als ich erwartet hatte. Ich bin Gegensatz zu meinen sonstigen Gewohnheiten sehr unvorbereitet in die Stadt gekommen. Habe die Stadt auf mich einwirken lassen wollen.

Ungeplante, sponte Streifzüge. Und dann bietet San Francisco eine solche Menge an kraftvollen Eindrücken, das gar keine weitere Planung  notwendig ist. Zwar hat es SF auch dieses Jahr nicht unter die ersten 10 lebenswerten Metropolen geschafft, ist aber im Gegensatz zu Vancouver 10x aufregender.
Thrill don't means liveable
Dabei ist die touristische Schokoladenseite genauso fesselnd wie die Viertel der Stadt, in die für gewöhnlich nur wenige Touristen verirren. Mit einem Wort, die Stadt ist awesome. Awesome, der Begriff, der nach Übersetzung irgendwie für jede emotionale Regung von furchteinflössend über wahnsinnig bis affengeil passt.
Alles mögliche ist in Nordamerika awesome. Der Fahrradmechaniker, der gut arbeitet oder der schnelle check-in im Hotel. Oder wenn das healthy food gerade mal wieder super ist. Alles kann awesome sein. Und San Francisco ist sowieso awesome.

Nach 7 Tagen, nun also wieder less awesome, touristisches Mittelmaß. Es fängt schon mit der Abfahrt an. Sicher, es ist nicht brillianteste Idee, in der MontagmorgenRushhour durch die Stadt mit einem Trecker zu fahren. Die Strassen sind verstopft und die grünen Ampelphasen viel zu kurz.
Meist ist es bereits in der Mitte der Kreuzungen bereits wieder rot. Der Gegenverkehr fährt gnadenlos hupend an; ich stehe im Niemandslands. Die Amerikaner lieben ihre Hupe.

Nach 6km auf der 3rd Strasse ist die Hektik der Innenstadt abgeschüttelt. Die dritte Strasse führt nun an endlosen Lagerhäusern und ausgedienten Fabrikgebäuden immer am Wasser entlang nach Süden. Erste Station ist San Francisco Internatiol Airport, SFO, bei Km 21. Ursprünglich wollte ich von hier am 3. Dezember nach Neuseeland starten. Nun kommt es anders.
Malcom X Plakat in den Außenbezirken der Stadt
Alles wirkt sehr großzügig weitsichtig geplant. Über mir erscheint ein Schienenbus der BART, der Bay Area Schnellbahn, die die Innenstadt mit dem Terminal verbindet. Ich könnte von der Strasse unterirdisch in das Terminal einrollen. Neben mir der 101er mit seinen 10 Spuren.
101 going south
Es wirkt alles gigantisch. Der Flugfafen hat 2 Startbahnen, die über über die Bay nach Osten führen. Ich fahre scheinbar endlos lange an SFO vorbei und kann durch den Masschendrahtzaun den startenden Maschinen zusehen. 
Ein BART Automatik-Zug erreicht den Flughafen
Weniger als eine Minute, ist die Vorbereitungszeit zwischen den Maschinen. Eine Maschine folgt der nächsten. Von Süden scheint die Anflugrichtung für den Airport sein. Auch hier scheint der Strom nicht enden zu wollen
SFO Area, Source:mapsof.net/san-francisco-bay-area-map
Im Grunde hatte ich alles vorbereitet und wußte, das ich einfach nur zwischen dem 101er und der Küste nach Süden fahren müßte.
Aber es gelingt irgendwie nicht. Die von mir notierten Strassen tauchen nicht auf und es passiert mehrfach, das ich an einer T-Kreuzug stehe und keinen Namen wiedererkenne. Irgendwie geht es zwar immer weiter, aber es gleicht der Anfahrt nach Sausalito, es scheint eine durchgehende Radwegauschilderung zu fehlen. Palo Alto gibt es nicht. Ich bin kurz davor das Garmin zu aktivieren. 'Erreiche Foster City und stürze zur Mittagszeit in einen McDonalds. Die letzten 15km bin ich durch eine ewiggleiche EinfamilienBungalow Siedlung mit Doppelgarage gefahren, ohne Ortschilder zu erkennen. 
Ich bin völlig vom Kurs abgekommen. Die letzten 5Km also wieder zurück, die nächste Brücke über den 101er und dann wieder nach Süden.

Die Strecke ist flach, es hat 22° um 14:00h und es weht ein leichter Nordwind. Kurz, es herrschen für einen 4. November traumhafte Bedingungen.

Die Landschaft ist nicht besonders aufregend. Ich fahre durch ein weites Tal, die Strassen sind mit großen Palmen gesäumt, links verläuft das Ufer der Bay, der Pazifik ist einen Gebirgszug auf der rechten Flanke von mir entfernt. Irgendwann muß ich da rüber.
Kurz hinter Redwood City durchfahre ich einen langen, abgewirtschafteten Strassenzug, in dem die Sprache nun vorwiegend spanisch ist. Keine 50km südlich von SF begegne ist einem ganz anderen Amerika. Ich beginne meine Sätze nun wenn ich nach dem Wege frage nun mit den Worten Buenos Diaz, Senior.
Danach erreiche ich Palo Alto, es beginnt mit einer langen Parkallee. Die Häuser haben alle blickdichte, übermannshohe Zäune. Nichts ist zu sehen von den Anwesen. Menlo College heißt dieser Bezirk. Später werde ich erfahren, das Menlo College, die Chance für Kinder sehr reicher Eltern sind, die aufgrund ihrer Abschlußzeugnisse keine Zulassung für die Eliteuniversität Stanford halten.
Palo Alto hat mit SF die höchsten Immobilienpreise hider auf der Halbinsel. In Amerika werden Preise für Häuser immer in Squarefoot berechnet. Es ist keine Besonderheit, für ein 992 QF Haus, also gute 92qm 3Mio$ auf den Tisch legen zu müssen.
Die Middelfield Road scheint bis nach Mexiko zu führen. Brian hatte mit erlaubt auf seinem Grundstück in der College Ave. auf ihn zu warten. Er würde erst nach Einbruch der Dunkelheit am Abend kommen. Neugierig wollte ich gucken, wie es aussieht und dann vielleicht in den Nachbarort Mountainview zu den Oberbösen. Allein es gibt keine College Ave., ich spüre, das es wieder aus dem Ruder läuft.