tramps like us, baby we were born to run...[Bruuuuce1975]

Anmerkung: Wir stellen das Blog jetzt wieder online, um noch ausstehende Korrekturarbeiten abzuschließen.
Ausserdem sollen später Inhalte dieses Blogs in das neue Projekt übernommen werden.

[Arbeitstitel] ukrainisch/russiche Notizen 2016 unter blogger


Dienstag, 10. Juni 2014

Highway 40-scenic road



Fr.6.6.
141km nichts außer Bären
Die Zelttür ist so gefroren, dass ich sie aufklappen kann, als ich um 4:00h vor die Tür gehe. Eine zu ende gehende sternenklare Nacht, es dämmert bereits, noch immer sind die Positionslichter der großen Ketten am Highway voll erleuchtet. Ohne Probleme erkenne ich das Logo von McDonalds und Tim Horton’s grelle Leuchtreklamen. Im Gegensatz zum Nationalpark wird hier wieder 24h rund um die Uhr gearbeitet. Und während im Nationalpark Werbetafeln und grelle Werbebanner strikt verboten sind, gibt es hier keine Hemmungen.
Um 08:30h bin ich bei Tim. Die Warteschlange ist ellenlang, das ergibt Möglichkeiten mit seinem Hintermann ins Gespräch zu kommen. Heute Richtung Grand Cache, ach was willste denn da, bis dahin sind es 141km und es gibt nichts außer Bären
Man muß sich das als Norddeutscher mal auf der Zunge zergehen lassen, 143km Nichts, auf einer Strecke von Lübeck nach Westen, weiter über Harburg hinaus nichts, gar nichts, richtiges Nichts. 
Highway 40, ist ein Highway, der entlang der auslaufenden Rocky Mountains verläuft. Er beginnt im Süden am CrownestHighway und führt von dort nach Norden nach Canmore. Bis zum 15.Juni jeden Jahres ist er gesperrt.  Foothills nennen sie das hier. 340km von Hinton nach Grande Pairie, dazwischen nur eine Ortschaft sonst nichts, eben, außer Bären. Gleich zu Beginn warnt ein Schild, achten sie auf ihren Benzinstand. Nächste Tankstelle in 143km.

Ich erinnere mich noch gut an Ontario, an den Lake Superior PP. 83km nichts, gar nichts,
diesmal will ich besser vorbereitet sein und führe Essen und Getränke mit.

In der Psychologie nennt man das glaube ich angstbesetzte Worte. Scenic Road, ich erwarte nichts Gutes von dem heutigen Tag, rauf und runter, weiß aber auch das die einzige Alternative über Whitecourt gut 150km Umweg bedeutet. Highway 40, diese Strasse führt nach Alaska.

Ich verlasse Hinton gegen 09:30h, zunächst sind die ersten Kilometer flach, nach der Brücke über den Athabasca River steigt die Strecke dann allerdings mörderisch an. Gute 400 Höhenmeter steigt die Strecke innerhalb der nächsten 8km, der Scheitelpunkt ist ziemlich genau beim Beginn des William A. Schwitzer Provincial Park.
Die Oberfläche der Strasse ist grottenschlecht, von Frostaufbrüchen des letzten Winters heimgesucht, die sich zu Kratern entwickeltet. Der Seitenstreifen ist auf maximal 2 Fuß breit, meistens jedoch nicht mal 30cm zusammengeschrumpft. Seit dem ich on-the-road hatte ich nicht eine so schlechte Strasse. Nur sehr vereinzelt gibt es für wenige Kilometer eine Neuanlage.
Ich habe es geahnt, bei beschleunigten Abfahrten muss man höllisch aufpassen, um nicht in die Schlaglöcher zu geraten, die urplötzlich, schlecht sichtbar auftauschen, die Strasse ist eng und keinesfalls vom Schwerlastverkehr befreit. Und es geht munter rauf in einer 1:1 Übersetzung, um danach zügig wieder herunter zu rasen. Scenic road. Ich bezweifele, ob es eine gute Idee war, hier heute aufzukreuzen. Sollte ich wieder die Chance haben auf dem Transcanada zu fahren, küsse ich notfalls jeden einzelnen Meter.
Drei Dinge haben den Tag geprägt, zwischen Kilometer 54-58.

Bei Km 54 geriet ich unversehens in einen Hagelschauer, verzweifelt versuchte ich zu begreifen, welche Wolke dafür verantwortlich war und gleichzeitig die offenen Sachen auf dem Hinterradträger zu sichern. 5min später war der Schauer vorbei, 3km weiter war die Strasse nicht mal feucht.
Danach sprang die Kette ab, was im Grunde nicht besonders ärgerlich ist, aber in Folge des Mangels an Anlehnmöglichkeiten, musste ich den Trecker eine ziemlich lange Strecke schieben, bis wieder ein Kurvenwarnschild auftauchte. Die Verkehrsschilderdichte ist in Kanada wirklich gering. Das gilt auch für Entfernungsangaben. 143km ohne menschliche Spuren, keine Siedlungen nur ab und zu der Hinweis auf einen Zeltplatz. Bei dem Maßstab meiner Karte bleibt vieles am Tag im Ungefähren.
Das wichtigste passierte jedoch bei Km 58. Es war wie so oft. Irgendein Vollidiot hatte es zu eilig und versuchte auf gerader Strecke 4 Autos zu überholen. Jemand, dem die Geschwindigkeit der anderen Verrkehrsteilnehmer möglicherweise 4km/h zu langsam war.

Nun könnte man annehmen, das wenn jemand bei solch einem Ansinnen Gegenverkehr wahrnimmt, er den Überholvorgang beendet, abbricht, oder zumindest seinen Wagen jenseits der erlaubten 100km/h beschleunigt. Leider passierte nichts von alledem. Das Auto schoss auf mich zu, der Highway ist nicht sehr breit und seelenruhig ohne jede Regung versucht der Fahrer auch das letzte Auto zu überholen. 100km/h, schneller zu fahren wäre ja ein Verkehrsregelverstoß.

Ich hasse solche Momente, abbremsen, an den Rand stellen und hoffen, das es passt.
Angebrüllt hab ich das A…, und das böse internationale Mutterwort geschrien, den besonderen Finger der linken Hand gezeigt, geändert hat es nichts, danach war wieder stille. Ich brauchte ne Pause. Die another day.
Ich brauchte einige Minuten, um die Situation sacken zu lassen, danach war alles wie vorher.

Die Schönredner unter den Lesern werden jetzt sicher die Sache wieder relativieren und sagen, der hat geträumt, die Sache unterschätzt, ‚nen schlechten Tag gehabt; wie auch immer, lustig ist so was nicht und ein Risiko allemal. Und eigentlich gibt’s da wenig zu beschönigen.

Ist wieder nichts passiert, im Baltikum passiert so was an schlechten Tagen mehrmals am Tag. Und wirklich, nach 5000km ist es erst die dritte ernsthafte Situation; in Kanada zu fahren ist extrem sicher. Ganz im Gegenteil, kaum steht man als Fahradfahrer irgendwo an der Leitplanke hält bestimmt alsbald jemand an und fragt, do you need help? ‚are you ok?

Aber es zeigt auch wieder, ist nicht alles gold was glänzt, solche Auswüchse erden, erhöhen wieder mehr die Aufmerksamkeit. Und das ist gut so.

Gegen 17:00h kam Sturm auf, der Himmel verfinstert sich merklich und der angepeilte Campingplatz Big Berland River kommt einfach nicht in Sicht, so sehr ich auch Km um Km gegen den Wind ankämpte. Theoretisch müsste ich nicht mal 2km vor dem Campingplatz liegen, aber es wird mühsam jede weitere Kurve anzufahren, um endlich den erhofften Platz entdecken zu können. 
Der Tag hat viel Kraft gekostet und so breche bei knapp 90km ab und finde riesige Lichtung, auf dem Highway ist Wildwechsel angekündigt. Vielleicht wird das heute ja doch noch was mit Tierbeobachtung.