tramps like us, baby we were born to run...[Bruuuuce1975]

Anmerkung: Wir stellen das Blog jetzt wieder online, um noch ausstehende Korrekturarbeiten abzuschließen.
Ausserdem sollen später Inhalte dieses Blogs in das neue Projekt übernommen werden.

[Arbeitstitel] ukrainisch/russiche Notizen 2016 unter blogger


Freitag, 4. Juli 2014

Whitehorse-zweiter Tag



Do.,3.7.
Off the beaten path
Es ist eine meiner Lieblingideen für Stadtaufenthalte. Mal ein wenig hinter die Kulissen schauen. Den Terminus habe ich, glaube ich, aus dem Lonely Planet aufgeschnappt. 
Der Pferdezüchter aus Alberta gab mir ja den Tip unbedingt mal bei einer Dump Station nach Hinterrädern vorbei zu schauen. Natürlich liegen dort keine Shimano XTHinterräder auf dem Schrottplatz und erst nach gewisser Überzeugungsarbeit zeigte mir die Tourismusfrau den Weg, aber ich bin auch ganz anderen Dingen auf der Spur.
Raven Recycling heißt der Entsorger hier und der Besuch erklärt das Recyclingsystem. Man zahlt nämlich für jede Getränke-Plastikflasche 1x einen Pfandbeitrag und dann zweitens einen Umweltbeitrag. Neulich habe ich einen solchen Posten durch Zufall auf meinem Bon entdeckt. Zwar gibt’s keine Mehrwegsysteme wie im alten Europa, aber sie tun wenigstens so und haben ein Netz von Entsorgern in der Peripherie der Städte, die Dosen und Plastikflaschen ankaufen. Im Baltikum läuft das auch so.
Glassammler’s Heaven.
Glassammler's Heaven
3ct pro Dose und die Leute kommen heute Morgen mit Säcken voller Dosen. 
Innen haben sie einen großen Raum, den sie freestore nennen, alles umsonst, nichts zu gebrauchen, aber für die, die wenig haben, eine riesige Fundgrube.

Hat ein wenig was vom Recycling Hof bei mir um die Ecke nur Riesengroß.

Whitehorse Foodbank
Der zweite Tagespunkt passierte eher zufällig, als ich auf der Suche nach Foto Motiven unvermittelt vor der Food Bank stand. Und während ich die Kamera suchte, kam ein Client (so der offizielle Sprachgebrauch) und Angehöriger der First Nation mit Tüten aus dem Gebäude und lud mich ein. Geh da mal rein, die haben guten Kaffee! Sprach’s und stieg in seinen von Rost übersähten,deutlich in die Jahre gekommenen Pickup. Darf ich da auch rein,? klar, der Kaffee ist für alle und umsonst. Was erwartet mich also hinter diesen fensterlosen Mauern?

Entweder willste 'ne Kreuzfahrt machen oder was erleben, also los hinein.

Und drinnen sitzen zwei Volunteer und mustern mich. Hi, ich will eigentlich nix, nein, ich bin nicht gekommen, um Lebensmittel zu besorgen. Dave erklärt mir ganz locker, wie die Sache abgeht. Lebensmittel gibt es ohne Ansehen der Person, Stand und Status. Nicht nach Einkommen, nicht nach Wohnort. Sie erheben nur statistische Werte.

1x im Monat hat jeder die Möglichkeit Lebensmittel für 2-3 Tage zu bekommen. Auch ich übrigens. Viele Klienten haben durchaus einen Vollzeitjob, aber es reicht eben nicht zum Leben. 

Es gibt auch hier so viele, die einen Job haben, den keiner will, schlecht bezahlt wird und von dem doch viele profitieren. Dave nennt die Beispiele der Kassierer und die vielen Beschäftigten in den Drive thru stores. Ja, das stimmt, auch ich profitiere von den Kaffeeshops.
Komme ich früh am Morgen zu Tim, sehe ich fast nie weisse Canadier, es sind fast immer nur Menschen, die aus anderen Teilen der Welt emigriert sind. Auch bei Walmart arbeiten selten Menschen mit weisser Hautfarbe an der Kasse.
Niedriglohnjobs. Oder minimum wage. Und sehr häufig steht an vielen Eingangsbereichen, we hire all positions. Wer was Besseres gefunden hat, zieht weiter. 8,93$ pro Stunde ist der Mindestlohn im Yukon und er gilt mit als der höchste in ganz Canada.
 
  Whitehorse Foodbank
In der Foodbank arbeiten alle freiwillig. Nur eine bezahlte Stelle haben sie, aber die Regierung des Yukon hat ihnen gerade das Gebäude übereignet. Ich hätte noch viele Fragen an Dave und bin so beeindruckt, dass ich übersehe, dass hinter mir 3 Personen warten. Höflich entschuldigt sich Dave für die Unannehmlichkeit, warten zu müssen.
    Yukon Standard of Living
The cost of living in Whitehorse is generally higher than in southern Canadian communities. It is lower on average, however, than the cost of living elsewhere in the Yukon or in communities in many parts of northern Canada. . Average personal yearly income in the Yukon exceeds $45000, making it possible to maintain a high standard of living that matches other areas of Canada.

Verlagsgebäude des Whitehorse Star
A major portion of work in the Yukon is done on a seasonal basis, and standard weekly earnings exceed the Canadian average. In addition, the Yukon has no territorial sales tax. The minimum wage has just been increased to $8.93/hr, making it among the highest in Canada.[canadavisa.com]

Whitehorse-Games Center


Mi.,2.7.

Erholen und genießen in der Wilderness City
Der Tag beginnt früh und der Zeltabbau geschieht in Eile, der Feind hat mich bereits wahrgenommen. Die Stadt aber schläft noch. Da wo gestern bis spät in die Nacht Canada Day gefeiert wurde, liegen heute nur noch die Hinterlassenschaften. Es ist auf den ersten Blick eine andere Feierkultur, es herrscht keine unbedingte Alkoholvernichtungsmentalität wie bei uns. Alkoholgenuss in der Öffentlichkeit, mit der Bierbüchse durch die Stadt laufen, gilt hier als schwer verpönt.
Man sieht sehr wenig geleerte Alkoholflaschen, die Plätze wirken nicht verwüstet.

In meiner Heimatstadt geraten ähnliche Tage wie Christi Himmelfahrt bereits am frühen Nachmittag außer Kontrolle und es kommt zu Polizeieinsätzen. Die Bilanz solcher Tage ist meist verheerend, Sinnbild ist die Festwiese in unmittelbarer Nähe unseres Hauses.
Schulterzuckend wird die Vermüllung zu diesen Ereignissen hingenommen und dann von minibezahlten Kräften tagsdrauf entsorgt.
Was tun um 4:30h? Man besorgt sich Kaffee bei Tim, der hier einen 24h Betrieb aufrecht erhält. So eben ist der Greyhound Nachtbus aus Watson Lake eingetroffen, zwei tschechische Backpacker auf dem Weg nach Alaska entsteigen dem Bus und checken erstmal die emails bei Tim. Lilo aus Agentinien ist auch angenommen und lädt die letzten Video Nachrichten von der Fußballweltmeisterschaft herunter, während ich versuche die letzten Tage online zu stellen, höre ich permanent Messi, Messi, Messi…..
Canada Games Center

Beginne den Tag anständig mit einer warmen Dusche nach 4 Tagen. Warum mussten sie die Schwimmhalle ausgerechnet auf den Berg bauen. Das Canada Games Center residiert seit 9 Jahren als riesiger Komplex auf der anderen Seite des Ortes, dort wo die Durchgangsstrasse wieder an den Alaska Highway anschließt. Two mile hill heißt die Auffahrt, wobei der hill eher ein Mount Everest ist. Die Canadier sind absolut schmerzfrei. 
Büro des Regierungspräsidenten

Als ich keuchend den Empfangstresen erreiche, frage ich die Blondine mit der rauchigen Stimme, wieviel ältere Mitbürger jeden Tag hier mit dem Fahrrad einlaufen. Oh, wir haben hier mehrere- es kann nur eine glatte Lüge sein!
Für 7,30$ ist der Einlass frei, aber sie sagt, der Preis reicht bis 10:00pm. Ich bekomme ein Armband und kann das Center so oft besuchen, wie ich den Berg hochschaffe. lol

Ein relativ teuerer Duschpreis, aber eingeschlossen ist auch ein Dampfbad, Jacuzzi, Riesenrutsche und Sauna. So lässt sich’s leben. Leider entspricht die canadische Ausgabe der Sauna eher einer Kindersauna. Ich denke angestrengt darüber nach, ob ich dem Bademeister sagen soll, eyh Meister, deine Sauna ist kaputt, sie wird nicht warm.
Mainstreet mit pseudoalt Fassaden

Danach wieder zurück zu Tim, zu Hause anrufen, aber aufgrund der fortgeschrittenen  Zeit, wird Skype wieder zur Farce. Ellinor hört mehr Nebengeräusche, als meine Stimme und wir entschließen das Gespräch in Bücherei zu verlegen.

All meine Vorfreude der letzten Tage wird zunichte gemacht, als sie mir nur eine freie Stunde gewähren. Schlechte, langsame Verbindungen und dann auch noch zeitbegrenzt. Insgesamt wechsele ich an diesem Tag 4x den Ort, um mein Tagebuch aktualisieren zu können. Der Kontakt in die Welt ist im Yukon etwas kompliziert. 
Yukon steht für Geduld im Internet

Yukon, das ist inzwischen für mich gleichbedeutetend mit Nichtweb: Einwählzeit selbst bei Tim Horton zu Stoßzeiten gestoppte 17min, im VisitorCenter machen sie zwar auf dicke Hose und haben großflächig we have wifi plakatiert, aber dort sind die uploaddzeiten länger als bei Horton.
Es ist die besondere Form der Unruhetherapie, ruhig bleiben, auch wenn nix passiert!

Wichtigster Tagespunkt heute ist der Besuch bei Icycle, dem Radladen des Yukon.

Leicht zu finden im Industrieviertel zwischen Walmart und RealCanadian. Sie haben nicht das was ich suche, aber sie haben überhaupt etwas. Natürlich könnte ich hoch qualifizierteres Material bestellen, aber sie bestellen nur 1x Wo im 2600km entfernten Vancouver und ihre Mindestbestellsumme ist noch nicht erreicht.
Der Radladen des Yukon

Also muss ich nehmen, was sie da haben und ich lass' alles für den Tag der Abreise zurücklegen. 3x betone ich unbedingt zurücklegen, nicht das es am Samstag ausverkauft ist. Die Felge hat nun doch gehalten und nach wie vor bin ich unsicher, wann ich wechseln sollte, denn bei Icycle sagen sie ziemlich deutlich, südlich ihres Ladens ist die nächste Möglichkeit auf dem Highway 37 in Smithers/BC, gute 1300km.