tramps like us, baby we were born to run...[Bruuuuce1975]

Anmerkung: Wir stellen das Blog jetzt wieder online, um noch ausstehende Korrekturarbeiten abzuschließen.
Ausserdem sollen später Inhalte dieses Blogs in das neue Projekt übernommen werden.

[Arbeitstitel] ukrainisch/russiche Notizen 2016 unter blogger


Mittwoch, 4. Juni 2014

Der Alte Mann und der Berg


Morgenstimmung Watefowl Lakes

Mo.2.6.
No pain, no gain
An diesem Tag wird es keine Ausflüchte geben, es gilt nur den unglücklicher Weise im Weg stehenden Sunwapta Pass zu überwinden. De Sunwapta ist sogar noch etwas höher als der gestrige Bow Pass Wikipedia.org Sunwapta Pass
Es ist wie immer kalt. Der Blick auf das Thermometer zeigt weniger als 1°. Es ist 7:30h morgens, nicht im Februar, sondern im Juni 2014.

Die Saison startet jeden Sommer hier sehr spät, ich begreife allmählich warum, kann auch gut sein, das es heute noch mal schneit.
Um 08:00h jedoch kommt die Sonne über die Berge und da bin ich schon marschbereit.
Der Weg führt zunächst gemütlich flach bis abwärts, dann werden die Bilder immer großartiger und zum Finale rast das Fahrrad zum Durchbruch des Saskatchewan Rivers auf Flussniveau hinunter. Hier ist die Ausstiegsmöglichkeit nach Osten, der Highway 11 führt heraus aus dem Nationalpark, allerdings ist ungewiss, ob die Strecke danach flacher wird.
Vom Fluß geht es mühsam bergan zur einzigen Tankstelle im Nationalpark vor Jasper. 

Motel, Tankstelle, Restaurant und Souvenirladen in einem, das ist Sasketchewan River Crossing. Es ist ruhig an diesem Montagmorgen, doch die Stille trügt, während ich nach Postkarten schaue, erreichen 4 Reisebusse mit asiatischem Inhalt die Auffahrt. Es wimmelt nun voller Menschen, an einen Besuch des WCs ist nicht mehr zu denken, vor dem Kaffeeausschank bilden sich lange Schlangen. Zu spät! Der Laden ist binnen Minuten überfüllt, alles abbrechen, nur raus hier. Der Kaffee war ohnehin überteuert.
Ich fahre weiter und träume in mich hinein, als auf der anderen Seite ein Liegeradler auftaucht. Nein, das ist wirklich groß, mit dem Liegerad durch die Berge. Nein, was es alles gibt!
Die meisten Leute , die mich sehen, halten mich eh für bekloppt, mit so viel Zügs hier durch zu müssen, aber auf einem Liegrad, das ist selbst für mich unvorstellbar. 

Es ist Jonas aus Karlsruhe, der von Edmonton nach Vancouver radelt. Der Ingenieur hat seinen gesamten Jahresurlaub genommen, mehr als 4 Wo sind einfach nicht drin, sagt er lächelnd, als ich meine, 4 Wochen sind ja ein wenig knapp für die Landschaft.
Jonas aus Karlruhe
Jonas's Reiseseite 
4 Wochen im Liegerad durch Kanada. Yeah, meinen absoluten Respekt. Jonas hat einige Insider Informationen für mich was Jasper betrifft und ich werde auf jeden Fall das von ihm empfohlene Frühstück ausprobieren.
Bald nach Jonas's Abfahrt mache ich eine ungewöhnlich parkende Autoreihe am linken Strassenrand aus. Als ich näher komme, schreien mir die Leute zu, vorsicht! da ist ein Bär. 
Gemütlich tapst ein Schwarzbär durch die Wiese und die Leute hängen aus ihren Autofenstern. Also ehrlich, ein wenig größer hätte ich mir den schon vorgestellt. Im Grunde ist er auf allen vieren nicht größer als die Deutschen Doggen meiner Kollegin. Nur vielleicht etwas besser gebaut. Der Bär würdigt uns keines Blickes und ist ausschließlich mit seinem Lunch beschäftigt
Bär No.1


Die Strecke bleibt danach flach, das Wetter ist herrlich und es hätte ein entspannter Fahrradtag werden können, ja wenn…, ja wenn nicht diese zweite Passüberquerung sein
 müsste. Es führt kein Weg daran vorbei.
Gegen 12:30h beginnt kurz hinter dem Aussichtspunkt Weeping Wall, einem schroffen, über 100m hoch aufragendem Massiv, der Anstieg. Er ist dreigeteilt, schon beim 1. part muss ich mehrmals vom Rad und den Puls beruhigen. Am ersten Sockel treffe ich auf Leo, der mit sich mit seiner Frau aus dem Allgäu stammend hier ein Wohnmobil geliehen hat. Leo bestaunt, das ganze Gepäck; ich übrigens auch. 

Er bekommt ein Foto obwohl nach dem Kampf mit Berg ich überhaupt nicht gut gelaunt bin. Er ist so begeistert, das er etwas anbieten möchte und offeriert 3 Flaschen Mineralwasser und 2 Äpfel. Eine wertvolle Köstlichkeit an diesem Tag. Zum Schluß die website Adresse von mir und Leo steigt wieder in sein Auto.
Leo aus dem Allgäu
Damn kommt der zweite Teil, erheblich länger und mörderisch steil. Die Muskeln sind übersäuert. Hier helfen jetzt keine Pausen mehr, ich bin nicht mehr in der Lage, spurgenau nach oben zu treten. Das Rad schaukelt so vor sich hin .Ein unglaublich langer Anstieg, in der Mittagshitze, schnell geht gar nichts mehr,  ich muß schieben. 
Gegen 15:17 erreiche ich den Scheitelpunkt in einer malerischen Gegend, aber zu meinem Entsetzen ist es nur Parker Ridge, ein bekanntes Skigebiet und zum Pass sind es immer noch 11km, zunächst flach, dann wieder ansteigend. Das kann doch nicht wahr sein, eine unglaubliche Mühe hat  diese Passüberwindung bisher gekostet und dann immer noch nicht oben über dem Scheitelpunkt hinweg, ich könnte heulen. Irgendwann ist der Scheitelpunkt erreicht, ein irres Gefühl, die Beckerfaust, frierend im kalten Wind, hungrig, aber der Pass ist besiegt, danach geht es abwärts zum Columbia Gletscher.
Wikipedia.org Columbia-Eisfeld
Heute war Fahrradschieben keine Schande, der alte Mann hat mehr als 80kg Material den Berg heraufgeschoben.
Blick zurück von der 2 Ebene
Es ist zweifellos der Höhepunkt auf dem Icefield Parkway. Die Gletscherzunge reicht bis ins Tal, auf der anderen Seite hat man 1996 ein Touristencenter erbaut. Auf dem Parkplatz stehen reichlich Busse und ein hochachsiges Gletscher Fahrzeug, wie wir es von Island kennen. Wieder ist der Besuch der Kaffeestube eine frustrative Erfahrung. Die Becher sind so klein, das es keinen Spaß macht, Kaffee zu bestellen. Ich werde warten bis Jasper.

Als besonderen Höhepunkt vulgo Touristenepp, hat man 6km einen frei schwebenden Ausblick über dem Columbia Fluss errichtet, Skywalk genannt. Für teuren Eintritt werden die Besucher mit Bussen zu diesem fragwürdigen Ziel gebracht. 
Danach folgt die Strasse flussabwärts dem breiten Flusslauf. Ich wäre an diesem Tag mit einem Hostel durchaus zufrieden gewesen, aber von Jonas wusste ich bereits, das es keinen Aufladestrom gegen wird und ebenfalls keine Duschen vorhanden sind. 
Die Ausstattung der Wilderness Hostels ist bestenfalls als rudimentär zu bezeichnen. Also zum nächst gelegenen Campingplatz am Jonas Creek.
Auch hier werden die Zelter in die hinterste Ecke verbannt und ein Blick auf das Zeltareal lässt das ganze für einen Witz erscheinen, mitten zwischen Bäumen und Baumwurzel ist man geneigt den Zeltfans einen Platz zu genehmigen. Ich halte das für einen Witz und suche einen deutlich besseren Platz am Fluss. 

Aber es bleibt die Angst, wenn das mit der Saison richtig losgeht, werden solche Freiheiten so einfach nicht mehr möglich sein.
Auch dieser Campingplatz für $17,50 bietet außer einer Stellfläche mit 2 PlumpsWCs und einem Feuerloch(Holz ist reichlich vorhanden, kostet aber extra) genau genommen nichts.
Viel ist das nicht. Für mich muss es an diesem Tag allerdings auch nicht mehr sein, völlig groggy lehne ich ein Abendessen einer kanadischen Fahrradtouristin ab, nach diesem Tag will ich nur noch Ruhe und bezahlbaren Kaffee.


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