tramps like us, baby we were born to run...[Bruuuuce1975]

Anmerkung: Wir stellen das Blog jetzt wieder online, um noch ausstehende Korrekturarbeiten abzuschließen.
Ausserdem sollen später Inhalte dieses Blogs in das neue Projekt übernommen werden.

[Arbeitstitel] ukrainisch/russiche Notizen 2016 unter blogger


Mittwoch, 29. Oktober 2014

SF-Chinatown

Di.,28.10.
Die herbe Seite der Stadt
Der Tag klingt aus. Ich bin heilfroh, das ich auf dem Rücken liegen kann. Ohne Zweifel, San Francisco  strengt an. Und es ist erst Tag 2. Aber der Latissimus ist aberwitzig verspannt. Der Mensch ist nicht fürs Laufen gemacht, seit Jahren bin ich von meiner Idee überzeugt, hätte der Gott der Herr in seiner ganzen Weisheit gewollt, das der Mensch läuft, hätte er ihm 6 Beine gegeben und da mehr Beine nicht drin waren, ließ er den Menschen das Fahrrad erfinden..-oder so ähnliches-

Um 7:30h ist jeder im 4 Bett Zimmer wach. Durch den Verzicht auf große Säle wie etwa in der IH in Victoria mit ihrem 44Bettenkonglomerat, kommt sogar trotz der Größe des Hostels so etwas wie Privatsatmosphere auf. In der großen Küche bleibt es dagegen anonym. Jeder lebt für sich, ich habe mehr Kontakte bei Starbucks, wenn ich mit meinem Rad vorfahre, als wenn ich in einem Hostel im Frühstückssaal sitze.
Der Business District, die vertikale Stadt
Nach dem Frühstück die Bilder hochgeladen und ab nach Chinatown. Ist gleich einen Block weiter um die Ecke. Kurzer Fussweg. Der Erste. Aber schon nach kurzer Zeit schmerzt wieder der Lumbalbereich. Ein schlechter Start an diesem Morgen.
Und dann passiert etwas, was in keinem Resieführer steht, was von allen negiert wird und doch ein liderliches elementares Problem darstellt, was tun, wenn's mal pressiert? Da schüttet man sich das schwarze diuretische Gebräu becherweise hinein und irgendwann ist es da, wo es nicht sein sollte. Zumindestens jetzt wenn grad keine Abhilfe in greifbarer Nähe ist.
In Canada war das einfach, irgendwie gab es immer irgendwo Restrooms, Canadian Tire war nie weit, die meisten großen Supermärkte hatten Restrooms. Und auf dem Rad sowieso, notfalls ein wenig ungeniert am nächsten Baum, aber hier, mitten in Downtown, ist das anders. Abgesehen vom Baum, den es nicht gibt. Kurzum, es ist verherrend, wenn man das sucht, was nicht zu finden ist.

SF ist eben mitten drin wirklich eng bebaut, die Vegetation ist spärlich in Chinatown. Nischen fallen aus und die Cops sind allgegenwärtig.

Nun nachdem das einzig aufzutreibende Pissoir, sorry for your inconvenience, geschlossen ist, muß man improvisieren, man kann schließlich nicht ewig warten und es gibt eine Grünanlage auf dem Coit Turm, natürlich 24h Camera überwacht, aber ich entdecke das Schild erst später.

Filbert street zm Coit Tower,
Den Weg zum Coit Turm auf dem Telegraph Hill ebnet die Filbert street, nach Aussagen von Robert mit 36% die steilste Strasse der Stadt. Nun, ich habe auch ohne Fahrrad etwas Mühe den Hügel zu erreichen.
Danach ist der Weg frei; durch little Italy, das italienische Viertel zurück nach Chinatown. Die Stockton herunter, bei langsamen Entdeckungsgang dauert das gut 2h. Es ist eine Entdeckungstour in einer andere Welt.


Und vorallem einer lebendigen Welt, denn anders als in Vancouver Downtown steppt hier der Bär. Es ist durchaus keine weiße, langnasige Übermacht vorhanden, die Chinesen leben in ihrem Viertel, das ist hier keine Showveranstaltung für Touristen.
chinese Aubergines(?)
Und so gibt es Dinge, die will ich nicht sehen und schon gar nicht probieren. In einem Seafoodstore entdecke ich einen riesigen Eimer voller lebender Frösche. Alle übereinander. Warten auf den Tod. Nein, Nein, Nein, weder gegrillte Froschschenkel noch artverwandtes.

Obst und Gemüse ist durchaus genauso nahrhaft. Also hinein gequetscht bei, Hier ist alles frisch. 8 Gemüseläden befinden sich in diesem Abschnitt der Stockton.

immerhin muß man die Frösche zu Hause nicht noch umlegen
Das kaufen, was alle kaufen, irgendeine grüne weiche schrumpelige Gurke(?), Bananen und Horseradisch, der bei uns als Rettich gehandelt wird. 1,42$. In diesem Laden zählt nur Kleingeld, aber es ist ein hektisches, unruhiges Geschubse, bis ich die Kasse erreicht habe.

Irgendwie haben sie hier alle keine Zeit. Wuseln permanent um mich herum, während ich noch überlege, ob die Sachen rechts und links neben den Bananen auch essbar sind, geschweige denn, wie die knallig violetten Stangen wohl zubereitet werden. Es erinnert mich an die bittere, orange Frucht vor Ukiah, ich die ich hineinbiß.
wieder irgendwas falsch gemacht, roh absolut ungenießbar

Aber es macht durchaus Spaß in diese so ganz andere Welt einzutauchen. Nach 3h Pause, auf zu Starbucks, Skypen mit Ellinor, aber mich beschleicht ein unruhiges Gefühl; dieser Starbucks hat auch kein WC. Herrjeh!

Grob gerechnet sind es gut 15min vom Hotel entfernt. Nach einer Stunde, 6 Unterbrechungen und Talk mit Ellinor ist der überteuerte Kaffee ausgetrunken und ich enter erneut Grant street, Chinatown, Main Gate. In der Grant wird mehr an Touristen verkauft, es ist jedesmal für unverständlich, wie ein Laden an den nächsten gereiht existieren kann, die nahezu identisch bestückt sind.

Drei Tshirts für 9,99$+Tax, aber bitte US Qualität, so steht's drauf. Damit sind die Tshirts immer noch deutlich preiswerter, als in den Gebrauchtläden der Polk.
Um 16:00h verlasse ich begeistert Chinatown, ein quirliger Stadtteil. Es sind noch zwei Stunden bis Sonnenuntergang, damit ist noch etwas Zeit für einen Besuch der Hyde street. Die Hyde liegt am westlichen Rand von Tenderloin, dort wo etabliertes Wohnen wieder einsetzt. Die rushhour hat inzwischen eingesetzt. Der Verkehr hat deutlich zugenommen und ich werde wieder auf die SF Verkehrsüberwachung aufmerksam.
Die Armada der Dreiräder versucht den Verkehrsfluß zur rush hour aufrecht zu erhalten

Die Stadt hat immense Probleme mit den zu vielen Autos in Downtown. Verkehr ist immer. Und Autos die fahren, brauchen irgendwann einen Parkplatz. In europäischen Städten geht man bisweilen den Weg, die Anzahl der Autos pro Tag in die Innenstadt zu limitieren. Entweder durch höhere Gebühren oder bestimmte Plaketten.

In SF darf jeder kommen, allerdings wird ihnen einen rigoroso Parkraumüberwachung garantiert. Verhandeln ist nicht. Die Stadt hat unvergleichlich komische Dreiratvehikel angeschafft, das Interceptor Vehikel  ähnelt ein wenig der italienischen Piaggio Ape und die Officer darin verstehen überhaupt keinen Spaß.
An allen Ecken der Downtown taucht diese Armada auf, ihnen folgen die Abschleppautos. Die Tow Trucks. Auf meinem Heimweg werde ich gleich mehrmals Zeuge wie schnell das gehen kann, da wird auch mit laufender AlarmSirene abgeschleppt. Dazu kommen noch die Officer auf Fahrrädern und Mokicks.
Als die Sonnen untergegangen ist und die Leute nach Hause hetzen, die Pubs und Restaurants sich füllen, füllen sich auch die Strassen mit den Bettlern und Habenichse. Die unsichtbare Grenze scheint die Mason street zu bilden. Diesseits die lichtdurchfluteten Warenhäuser der Macy's und Nordstrom's, jenseits bis zur Jones das Areal der Hotels, die ihre beste Zeit schon lange Zeit hinter sich haben und nun Langzeitgäste beherbergen. Auf meinem Weg vom Hotel zum Ende des Blocks, werde ich gleich dreimal angesprochen have same chance?
Die Stadt zeigt nun deutlicher ihre herbe Seite. Ich beobachte wie an mehreren Stellen Leute auf dem Trottoir liegen und schlafen, keine 5m vor Hauswänden der Luxushotels entfernt und gleich neben den parkenden LuxusSUVs, deren Fahrer wie auch Passanten ohne mit der Wimper zu zucken an ihnen vorbei gehen. Eine Mischung aus Toleranz, Ignoranz und wahrscheinlich starken Gewohnheitsgefühl. Es gehört hier zum Gesicht der faszinierenden Stadt, das Reichtum und Nichstum sehr sehr dicht bei einander liegen.

Wohlgemerkt, Kritik liegt mir fern, es sind Beobachtungen, auch in Hamburg gibt es viel Schatten, wer das Vergnügen hat, nach dem Nachtdienst morgens früh rund um den Hauptbahnhof auf einen Zug zu warten, weiß wovon ich spreche, aber die Dimension der Zahl der Gescheiterten ist hier schockierend höher.

Wie sagte Winni in Sausalito doch so treffend als ich ihr meine Beobachtungen schilderte und eine Antwort erwartete, there is no easy answer. Und die Antwort ist schon seit langem überfällig.