tramps like us, baby we were born to run...[Bruuuuce1975]

Anmerkung: Wir stellen das Blog jetzt wieder online, um noch ausstehende Korrekturarbeiten abzuschließen.
Ausserdem sollen später Inhalte dieses Blogs in das neue Projekt übernommen werden.

[Arbeitstitel] ukrainisch/russiche Notizen 2016 unter blogger


Freitag, 3. Oktober 2014

Portland-Stadtbesichtigung

Do.,2.10.
Japanischer Garten
Meine Gastgeber sind Mitglieder  der Fördergesellschaft des Japanischen Gartens der Stadt Portland. Der Garten ist also Pflicht. Japanischer Garten in Portland(engl.) Deshalb ein sehr frühes Frühstück und das Privileg nutzen, vor dem normalen Besucherandrang 2 Stunden früher die Ruhe und Stimmung dieses Kleinods mitten in der Stadt zu genießen.
Anthony schätzt den Garten als eine der besten Parks an der gesamten Westküste der USA ein. Normalerweise mache ich mir nichts aus Gärten, aber es stimmt tatsächlich, der Japanische Garten hat eine sehr eingenartige zauberhafte Stimmung, die einen nach kurzer Zeit gefangen nimmt, selbst Nichtbotaniker. 
Nach dem Japanischen Garten führt der Weg zurück durch den nahen Forst, in dem viele Sequoia Bäume stehen, riesige hohe Stämme, die eine erstaunlich sehr weiche Außenrinde haben. Sie ist sozusagen der Feuerschutzmantel des Stammes starten wir eine Stadtbesichtigung mit dem Rad. 
Erste Adresse eine französische Boulangerie in Downtown, die einen Hauch von Frankreich nach Portland zaubert. Frische Baquette und jede Menge franzöisches Gebäck wird laufend in dem großen Ofen mitten im Lokal hergestellt.

Dann weiter zu REI  Outdoorstore REI, Portland  einem über 2 Stockwerke, mitten im alten Warehouse Viertel, residierenden Outdoor Spezialisten.
Die amerikanische Variante des canadischen MEC oder der Globetrotter Megastores in Deutschland. Auch REI ist eine Genossenschaft, vor einigen Jahren  sind sie, untypisch für amerkanische Verhältnisse, ein ziemliches Risiko mit dem Zuzug von der Peripherie nach Downtown ohne ausreichende Autoparkplätze eingegangen. Aber hier in Portland hat das funktioniert.

Das Warehouseviertel aus den 1910er Jahren ist ein fotogene Augenweide. Dutzende, rote Klinkerbauten , an denen noch die alten Inschriften zu lesen sind säumen das rasterförmlich angelegte Viertel. Heute ist das Viertel mit im alten Stadtkern ein lebendiges urbanes Erlebniszentrum, es gibt viele Restaurant und kleine Geschäfte.

Auch Powell's, der größte Buchladen der Welt , hat hier seinen Standort. Es scheint, als ob Amazon&Co. hier auf dem Kontinent den Lesetempeln nicht in dem Maße wie in Deutschland bedrohlich nahe kommen kann. In dem weit verzweigten Gebäude wimmelt von Kunden.

Im Gegensatz zu meinem Vorurteil entdecke ich auch in kleineren Städten immer wieder Buchhändler. Es gibt eine riesige Auswahl von Oregon Karten, doch die sind alle so großmaßstäblich, das sie kaum für Biker genutzt werden können. Die speziellen Bike Karten im Spiralformat sind für backroads ebenfalls zu haben, aber für mich, der ich sie in 15 Tagen wieder aussortiere, einfach ein zu kostspieliger Erwerb.

Nach Besuch des Megabookstores ist Zeit für ein Lunch im Viertel und Anthony schlägt einen Italiener vor. Während auf meinem Tisch die Penne serviert wird, startet auf der Strasse das Entertainmentprogramm des Tages, heute dargeboten von der 3. Schwadron der Portland Fire and Rescue.
Portland Fire and Rescue, 6 Mann/Frau Besatzung, einer davon ist Mediziner, also quasi ein NEF



Zunächst erscheint ein Rüstwagen, danach die Paramedics und zum Schluß zwei Polizeiwagen, ich bin ja nicht unbedingt ein Fan von Außengastronomie, wo Dir in vollbelebten Strassen jeder auf den Teller schaut oder Krankentragen mit Herbstlingen an Dir vorbei geschoben werden. 

Interessant dabei ist, welchen Respekt hier die Feuerwehr genießt. Trotz der überfüllten Strassen und der Parkplatznot in Downtown; die Jungs mit den knallroten Autos erscheinen, der Beifahrer winkt nur lässig mit der Hand aus der offenen Scheibe und die PKW beeilen sich ihre falsch abgestellten Karren zu entfernen.
Feuerwehrglocke an der Stoßstange
Auch in der eigentlich entspannten Atmosphere beim ItalienerEs gelingt mir trotz aller Versuche nicht einen heiteren Gesprächsfluss mit Anthony aufrecht zu erhalten. Das Gespräch ist mühsam, unterkühlt, mehr smalltalk, denn freudige Neugier am anderen.
Ich spüre, wie meine Anspannung wächst und schweife in Gedanken ab, warum die Chemie zu meinem bikenden Gastgeber überhaupt nicht funktioniert. 

Dabei hätte ich jede Menge Fragen. Ich überlege mehrfach, ob ich nach dem Essen, einfach gehen sollte, allein, die Situation ist zu verfahren. Dabei hatte ich mich sehr auf Portland gefreut, auf das schlendern durch das Warehouse Viertel, aber ich fühle mich getrieben, nicht frei die Momente ausgiebig zu genießen. Die vielen Bauten, die vielen Grafiti, es scheint mir durch die Hände zu rinnen.
Nach dem Essen ist das Pflichtprogramm abgearbeitet und es beginnt die Kür. Wir machen uns auf in die Stadtteile auf der anderen Flussseite. Es sind alte Industrieareale, die von teils vierspurigen  Strassen durchpflügt werden.
Auf dem Weg gabeln wir eine Frau mit radtechnischen Problemen auf. Mein Begleiter ist ganz Kavalier und stellt ihr erstmal den Sattel auf die richtige Höhe. Es ist unfassbar, da fahren Leute mit einem Stevens Karbon Renner als Stadtrad durch Portland und sind unfähig sich den Sattel einzustellen. Als dann am Fluss die Frau nicht aus den Klicks herauskommt und samt Maschine auf die Seite fällt, muß ich mich stark beherrschen und denk nur mensch Mädel, kauf’ Dir doch nen Hollandrad. 
Stephan aus Stuttgard
RiverCity Bicycles ist zwar nur einer von 70 Läden in Portland, aber es ist der Tempel des guten Geschmacks. Von außen eher der Typ einer schlecht sanierten, ehemaligen Fabrikhalle, unscheinbar und bar jeder grellen Optik, ändert sich das Bild, sobald man durch die Tür tritt.
Es riecht nach Radladen, es wirkt authentisch.
Dave, Besitzer des River City Bicycles Store
An der Decke baumeln prachtvolle, hochglanzpolierte Radveteranen der 70er Jahre aus Europa. Es gibt einen Eddy Merxx Schrein und jede Menge Original Trikots.

Ich werde Stephan vorgestellt, der vor 13 Jahren aus Stuttgart nach Portland rübergemacht hat und sein schwäbisch ist immer noch zu erkennen.
Ein halbes Jahr später fing er hier an zu schrauben. Er ist nur einer von 55-60 Schraubern (!) bei RiverCity.
 Im Sommer sind alleine 7 seiner Kollegen nur mit Montieren der neuen Räder beschäftigt.   
Dave heißt der Mann,  dem der Laden gehört, er hat seine Sammelleidenschaft für Raddevotionalien hier im Laden ausgestellt.

Auch Stephan gibt mir wie viele andere den gut Rat, halt Dich nicht mehr zu lange auf in der Stadt. Der Wetterumschwung steht bevor, die letzte Oktoberwoche kommt die feuchte Jahreszeit.
Ohne Zweifel Portland hat Charme. Die größte von mkir bisher besuchte Stadt in den USA ist die Radfahrerstadt an der Westküste, wenn nicht vielleicht sogar der gesamten USA. An einer Flußbrücke werden die Radüberquerungen pro Jahr gemessen.

Viele Wege sind angelegt, in den Seitenstraßen sind strassenmittig grüne Sonderflächen für Biker aufgetragen worden. Die Stadt hat eine Menge getan für Radler. Das sind keine Alibiwege, wie manch anderen Städten, sondern hier ist ganz bewußt auf die Zukunft Rad gesetzt worden. Neue Strassen müssen inzwischen in Oregon zwingend einen Radweg enthalten.
Doch Portland ist auch eine Autostadt, was unschwer an den teils dreiszöckigen Schlagadern in der Stadt zu sehen ist und das (noch)nicht alle Portlander auf den Radtrend umgestiegen sind merkt man schnell, wenn man sich diesen großen Magistralen nähert. Auch das ist Premiere in Amerika. Zum ersten Mal der Blick auf 3 stöckig auf einander angelegte Freeways.

Auf dem Weg zurück auf den Berg hat die rushhour längst begonnen und es herrscht ein phänominaler Stau.
Ich habe meine Lektion verstanden, ich bin spät dran und bis nach San Francisco ist es ein weiter Weg. Wenn das Wetter sich wirklich, wie alle es beschwören, ändert, ist es ratsam sich aus dem Staub zu machen. Es ist ein Jammer, ich wäre gerne geblieben.