tramps like us, baby we were born to run...[Bruuuuce1975]

Anmerkung: Wir stellen das Blog jetzt wieder online, um noch ausstehende Korrekturarbeiten abzuschließen.
Ausserdem sollen später Inhalte dieses Blogs in das neue Projekt übernommen werden.

[Arbeitstitel] ukrainisch/russiche Notizen 2016 unter blogger


Dienstag, 8. Juli 2014

Die Zeltwaschanlage



Mi.,8.7.
Letzte Nacht im Yukon
Nun arbeite ich mich zum xten Mal an der Version dieses Textes ab, um ihn so neutral wie möglich und frei von jeder Mitleidsheischerie zu verfassen.

Es gibt ein Bild, das sich tief in mir eingebrannt hat, es ist aus dem Jahre 2004 und zeigt wie einer meiner Idole der Tour de France, Christoph Moreau, weinend bei Schlechtwetter  neben dem Service Car seiner Mannschaft steht, wenige Minuten später gibt er das Rennen verletzt auf. 
Sie nehmen ihm die Startnummer ab und er steigt in das Auto.
Das Rennen ist für ihn beendet.     
     
Am dritten Tag der Rückfahrt stand heute wieder eine längere Strecke an.
Von Anfang an war es wieder ein Black Flies-Tag. Außerordentlich aggressiv waren die kleinen Biester. Vom Zeltabbau verfolgten sich mich auf die Strasse und ließen sich auch nicht abschütteln, ständige Stiche, sobald es die Chance für ein Foto gab, waren die Folge.
Ich wollte auf jeden Fall bis Swift River, jener geschlossenen Tankstelle, die ich auf der Hinfahrt besuchte, kommen, in der Hoffnung meine auf der Hinfahrt verlorene Brille dort wieder zu finden.

Bei Km 85 dann erneut technische Probleme. Die Felge zersplittert, der Reifen ist wieder platt. Es ist nun alles ein wenig viel. Ich stehe mitten im Nichts mit einem platten Reifen und es summt von allen Seiten. Ich könnte das Rad in den nächsten Teich werfen und den ganzen Summs gleich hinterher, mich auf den Randstein setzen und dieser ganzen Tour ein Ende setzen- ich fühle mich elend.
Nie zuvor hatte ich so viele technische Probleme auf irgendwelchen Touren, es ist als ob immer mal jemand mit der Nadel in eine Voodoo Puppe sticht. Lol

Wie so oft ist schwül, es weht nicht ein Lüftchen, ich bin der Verzweiflung nahe. Der Stress der letzten Tage, dieser ständige Kampf gegen die Mücken, die technischen Probleme, und meine zunehmenden körperlichen Probleme haben deutliche Spuren hinterlassen.

Ich will jetzt hier weg. Was mir fehlt sind einige erholsame Tage, aber im Yukon ist das nicht zu machen. Alle sind sie so glücklich mit ihrer Einsamkeit und den halten die Umstände für völlig normal. Mir geht das zunehmend auf die Nerven. Mir ist der Spaß am fahrradfahren ein wenig abhanden gekommen. Und so halte ich dem nächsten Auto den Daumen hin. Mir ist klar, das ich eine Todsünde gehe. Abgestiegen und dabei aufzugeben. Wem will ich das erzählen.  Vorbei, na klar, wer nimmt auch schon einen Biker mit. Die Anzahl der brauchbaren Autos an diesem Tag kann ich ohnehin an wenigen Fingern abzählen. Meist sind es doch nur RV’s oder Trucks..

Also alles vom Rad und während ich die letzte Tasche vom Rad nehme steht plötzlich ein riesiger blauer Dodge neben mir und der Fahrer schreit mich an are you ok?
Nein!, nix ist mehr ok, Rad halbfertig und der Fahrer gleich auch. ich will hier weg, und dann geht alles ganz schnell. Das Rennen ist an diesem Tag gelaufen, der Yukon ist in diesem Moment beendet.

Ich sitze bei Mark im Auto, der aus Kamloops nach Whitehorse geflogen war und zuständig ist für Flugplätze der Forrest Fire Fighter. In Yukon gibt es 5 Pisten für Flächenbekämpfungsflugzeuge, BC hat 17 Pisten; er ist für deren Einsatzbereitschaft verantwortlich. Nun ist er auf dem Weg nach Watson Lake. 15km östlich gibt es einen Flugplatz auf denen die Fire Tanker landen.

Ich erfahre in diesen 2 Stunden alles über Waldbrände. Dieses Jahr hatten sie noch keinen hier im Yukon, der immer den Anfang in der Brandsaison macht. Für einige Tage hat es nur ein wenig auf dem Dempster Hwy gebrannt. Das war innerhalb 2 Tagen gelöscht. In der Zeit gab es keinen Verkehr auf der Strasse nach Inuvik.

Ende Mai/Juni/Juli ist Brandsaison im Yukon, dann verlagert sich alles in den Süden von BC,  Höhepunkt ist dort Juli/August, Kalifornien bildet den Abschluss im September.
Wenn es brennt, brennt es eben richtig auf einer Ausdehnung von vielen Kilometer, vor einigen Jahren hat es auf einer Fläche von 50x100km gebrannt, erzählt er. Dann geht er mit raus und richtet so nahe wie möglich am Brandherd mobile PumpenFüllstationen für Helikopter ein, die dann, weil sie so teuer sind, nur 2min fliegen und wieder befüllt werden. Immer hin und her, nonstop.

Wenn’s mal gerade nicht brennt sind er und sein Team auch mal woanders tätig, im Winter waren sie z.B. in Australien. Stunden vergehen wie im Flug und doch frage ich mich immer wieder, bin ich wirklich alle diese Pässe am letzten Samstag gefahren, die wir jetzt mit 100km/h befahren, oder fahren wir einen Umweg. 
Es lenkt ab und ich habe eine Auszeit und ich bin froh als wir in Watson Lake ankommen.
Ich tausche die Felge und bereite die Abfahrt aus dem Yukon vor.
Am letzten Tag sollte es schon etwas besonderes sein und so nehme ich die beste Wiese mit satten Grün ein wenig illegal in Beschlag. Eine letzte Nacht auf weichem Gras. In den Städten sprayen sie Insektenmittel, deswegen hält sich die Population in Grenzen.
Morgen geht’s los, Hwy 37, dem Stewart- Cassiar Highway zurück nach Süden. Es gibt nicht viele Stationen auf dem 700km langen Weg. Wieder muss das Essen mitgenommen werden.
Mark aus Kamloops
Sie waren sich in Whitehorsse nicht sicher, ob die Felge das mitmacht, aber was besseres war eben zu bekommen. Es bleibt mir nichts anderes übrig. Smithers, etwa 800km entfernt ist der erste Ort südlich mit einem guten Fahrradladen.
In der Nacht werde ich wach. Das Eigenleben von programmierbaren Beregnungsanlagen und Rasensprengern führt unter Umständen dazu, dass sie auch dann arbeiten, selbst wenn es am Tag zuvor geregnet hat. So ist planmäßig mein Abschnitt von 01:40-2:00h an der Reihe. Prima, das Zelt hat es dringend nötig.

Am nächsten Tag stehe ich vor der Frage, was es wert ist mitgenommen zu werden.
Auf was kann ich verzichten? Das Paket mit der kanadischen Post wird ca. 110€ kosten. Bei einem geschätzten Gewicht von 8,5kg. Die Postangestellte schleppte für mich gestern 3 dicke Ordner auf ihre Paketwaage.
Was sind 8,5kg, zu einem Preis von 110€
Im Grunde genommen kann ich auch alles im Mülleimer entsorgen, wenn nur der ideelle Wert nicht wäre. Ich bin wieder genauso weit wie vorher.

Mein Dilemma ist ja, das ich genau weiß, das ich zu schwer bin, aber nun benutze ich seit Monaten die selbe Kleidung und die zusätzliche Kleidung ist immer noch ungebraucht.
Es war ein Fehler zuviel vom Start an mitzunehmen.